Berlin (Archiv) - Es ist fast schon traurige Routine: Die Berliner Polizei wird in eine kleine Wohnung gerufen, in der offenbar bereits vor Tagen ein Mann einsam und alleine an Altersschwäche gestorben ist. Doch im Falle von Amal al-Majid ist alles anders: In der Wohnung des 74-jährigen Pakistaners finden die Beamten Unmengen von Sprengstoff sowie Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, dass der Verstorbene einen Anschlag auf den Hauptstadtflughafen BER geplant hat.
Eine Nachbarin hatte die Polizei alarmiert, nachdem der Fernseher des Mannes seit über einer Woche ohne Unterbrechung gelaufen war. "Der war eigentlich immer ganz nett, der Herr Matschid", erklärte die Rentnerin gegenüber dem Postillon. "Und der soll ein Schläfer gewesen sein? Naja, jetzt schläft er für immer."
Seine Fertigstellung wird al-Majid nicht mehr erleben: BER
Laut den in seiner Wohnung gefundenen Unterlagen war al-Majid 1995 - damals noch im Dienste al-Qaidas - als Schläfer nach Deutschland gezogen, um einen großen Anschlag zu verüben. Schnell war er mit seinen Vorgesetzten einig, dass der damals bereits konkret geplante neue Hauptstadtflughafen ein angemessenes Ziel sei. "So ein Flughafenbau kann ja in Deutschland nicht allzu lange dauern", heißt es in einem Fax, das al-Majid damals aus dem al-Qaida-Hauptquartier erhalten hat. "Die Deutschen sind bekannt für ihren Fleiß."
Doch als al-Majid nach zwei Jahren Sprengstoff und Waffen beschafft und anhand der Baupläne einen konkreten Anschlagsplan erstellt hatte, hatte der Bau noch nicht einmal begonnen.
Für al-Majid begann ein jahrzehntelanges Warten - unzählige ausgeschnittene Zeitungsartikel deuten darauf hin, wie gespannt der Terrorist den Verlauf der Planungen mitverfolgte.
Als 2005, zehn Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland, ein Gericht nach mehreren Eilanträgen einen Baustopp erließ, schrieb al-Majid sogar unter dem Pseudonym "Hans-Dieter Gebhardt" wütende Leserbriefe an mehrere Zeitungsredaktionen, in denen er sich als "aufrechter Steuerzahler" über das Planungs-Chaos beschwerte.
al-Majids musste seine Anschlagspläne immer wieder an die geänderten Baupläne von BER anpassen. Seine halbe Wohnung war am Ende voll damit.
Als 2007 dann endlich die Bauarbeiten begannen, stieg bei dem mittlerweile 64-Jährigen die Zuversicht. Doch mit jedem geplatzten Eröffnungstermin wurde das Warten unerträglicher.
Seine Hoffnungen, 2013 mit einem Wechsel zur Terrormiliz IS ein neues Anschlagsziel zugewiesen zu bekommen, wurden schnell enttäuscht. In einer Nachricht auf seinem Handy heißt es: "Ein neuer Hauptstadtflughafen ist das perfekte Anschlagsziel. Bleib dabei, Bruder! Er wird sicher bald fertig sein."
Zuletzt schien al-Majid zu resignieren. Er hörte auf, seine Anschlagspläne an den neuesten Stand der Brandschutzvorkehrungen des Flughafens anzupassen. Seine Notizen ab 2016 zeichnen das Bild eines gebrochenen alten Mannes. "Warum verspottet mich Allah?", heißt es im letzten Eintrag vor seinem Tod. "Ich merke, wie meine Kräfte schwinden."
Die Terrormiliz IS huldigte al-Majid in einer Pressemitteilung und erklärte ihn zum Märtyrer, der durch einen hinterhältigen Trick der Ungläubigen zu Tode gekommen sei.
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