Altes Leben ade - unsere Reise beginnt

in #reisebericht6 years ago

Auf nach Paraguay! Wow, das erste Mal, dass ich nach Südamerika reise. Ich habe viel gelesen von Dinge wie Cedula und Mercusor, den Möglichkeiten und Vorteilen des Landes für Europäer, aber eine richtige Vorstellung davon, wie das Leben dort spielt, habe ich nicht.

Ich bin etwas aufgeregt, aber so richtig fassen kann ich noch nicht, dass ich vermutlich ein Jahr lang mit meiner Freundin auf einer Reisen durch ganz Südamerika sein werde. Erst als wir zum Flughafen gefahren werden und mir wirklich klar wird, dass es nun los geht, spüre ich wie mir etwas Sicherheit verloren geht. Es gibt einige Dinge in meinem Leben, die sich mit dieser Reise verändern werden. Ich stelle mir die Frage was mir diese Sicherheit gibt, warum sie so wichtig für mich ist und spüre das sich meine Heimat entfernt. Ich denke an all die Plätze meiner Stadt, die Wege durch den Ort, welche ich nun lange Zeit nicht gehen werde. Ich frage mich, was meine Mutter wohl gerade macht und spüre wie sich eine vertraute Umgebung anfühlt.

So richtig los geht es aber erst in etwa einer Woche. Ersteinmal fliegen wir heute nach Valenzia in Spanien. Von dort aus bewegen wir uns Richtung Madrid. Denn von dort gibt es eine günstige Flugverbindung, die uns an den Ausgangspunkt unserer Reise bringen wird - Paraguay.

Während ich mit Cindy im Flughafen warte, erinnere ich mich an unsere gemeinsame Zeit in Portugal. Noch vor einem Monat befanden wir uns im Norden Portugals im Peneda-Geres-Nationalpark, hüteten Haus und Hof von jemandem, der auf Facebook Hilfe gesucht hatte, da er für längere Zeit zurück nach Deutschland fliegen musste. Es kommt mir vor, als seien seither bereits mehrere Monate vergangen. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass unsere Aufenthalt dort mehrere Wochen andauerte, aber gewiss auch weil mich seit unserer Rückkehr nach Deutschland viele Dinge umgetrieben hatten. Bevor wir wirklich los konnten gab es immerhin noch einiges zu planen, zu organisieren und vorzubereiten. Ich habe den größten Teil meines Eigentums verkauft, verschenkt oder gespendet. Verträge mussten aufgelöst werden, ich hatte ein WG-Zimmer zu räumen, Arbeitsverhältnisse zu klären und musste unsere ersten Schritte vorbereiten. Abschied und Neuanfang auf vielen Ebenen.

Es ist eine aufreibende Zeit, die mit Sicherheit reichlich innere und äußere Veränderung mit sich bringt. Ich kann es nicht genau sagen, aber ich glaube der Entschluss meine Gedanken niederzuschreiben und sie zusätzlich öffentlich zu teilen, ist ein Teil dieser Veränderung. Ich habe zuvor niemals ein Tagebuch geschrieben, noch war mir besonders daran gelegen, meine Gedanken mitzuteilen. Im Gegenteil – ich bin ein eher zurückhaltender Mensch, der allerhöchstens dadurch auffällt, dass er nicht auffallen möchte. Doch möglicherweise ist das Bestreben, mich hinaus in die Welt zu begeben, begleitet von einem aus dem Innen kommenden Impuls, der ebenfalls hinaus möchte. Vielleicht ist es an der Zeit mehr zu sehen, neues zu entdecken und gleichzeit auch etwas mehr von mir zu zeigen – etwas sehen zu lassen, wenn man so will. Es erscheint mir in diesem Moment, als gäbe es Hand in Hand gehende Prozesse, die ich beobachten, aber kaum kontrollieren kann. Ich spüre wie sie miteinander verbunden sind und wie sie jeweils die Grundlage für das andere bilden. Als würde meine Neugier in die Welt zu sehen bedingen, diese Welt mehr von mir sehen zu lassen.

Eigentlich ein schönes Schlusswort, aber ich möchte noch ein paar Bilder aus Portugal teilen. Denn im Grunde geht es mir eher darum über unsere Reise zu schreiben, als über das was in mir vorgeht. Ich denke es wird von beidem etwas dabei sein. Eben so, wie ich es gerade herunterschreiben kann. Nun also noch etwas zu unserer Portugal Reise:

Fünf Wochen hielten wir uns in der zerklüfteten Landschaft des im Norden gelegenen Nationalparks auf. Es ist eine karge Landschaft, die größtenteils aus Felsen und sandigem Boden besteht. Selbst ein riesiger, schwarz anmutender See, der uns mit seinem Zulauf aus einer Schlucht kommend von den Ortschaften trennte schien so leblos wie der Rest der Umgebung. Immer wieder gibt es auch wenige grüne Inseln zwischen den Felsen, doch Bäume findet man hier gerenrell nicht viele. Dementsprechend selten hört man auch Vögel zwitschern. Hinzukommen die Brandrodungen der Portugiesen. Sie verwandeln die Landschaft in eine Einöde, die an das vom Feuer eines Drachen verbrannt Land aus demKinofilm "Der Hobbit" erinnern.

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Eine Herausforderung war bereits der Anstieg zu unserer Unterkunft. Die Autostrecke erschien uns an einigen Stellen nicht befahrbar und flößte uns große Furcht ein. Ein Freund hatte uns mit dem Jeep am Flughafen abgeholt und zum in den Bergen gelegenen Haus gebracht. Dort angekommen mussten wir feststellen, dass die Beschreibung der Örtlichkeiten nicht besonders präzise war und wir uns auf etwas ganz anderes eingestellt hatten. Es gab in dieser rustikalen Hütte keinen Ort an dem man es sich hätte bequem machen können. Vor uns lagen also fünf Wochen mit sehr geringem Komfort. Die Stormversorgung lief über Solarpanele und einen Notfallgenerator. Wärme lieferte der Holzofen und fließendes Wasser eine über dem Haus angebrachte Tonne, die mit frischem Quellwasser befüllt werden musste. Hinzufügen muss ich, dass dieses Wasser eiskalt war und wir nur warm duschen konnten, wenn wir zuvor mit dem Generator den Boiler anheizten. Lebensmittel mussten wir über einen ca. fünf Kilometer langen Wanderweg durch die Berge zu unserem Haus befördern, wobei wir nie wussten, ob das Geschäft wirklich geöffnet hatte, wenn wir losliefen. So kam es vor, dass wir auch ohne Lebensmittel zurückkehrten der geplante Einkauf zu einem Spaziergang wurde. Genau kann ich es nicht beschreiben, aber wenn man aus einer ergebnisorientierten Gesellschaft kommt und wie ich, schon den inneren Drang zu Effizienz hat, ist diese Situation etwas außergewöhnliches. Es war wie eine aufgezwungene Erleichterung, die ich mir aus freiwillig nicht erlaubt hätte.

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Erfreulicherweise hielt wärend unseres Aufenthalts der Frühling Einzug und die Umgebung veränderte sich ein wenig. Die Natur erwachte und auch wir blühten auf. Wir arrangierten uns mit der herausfordernden Situation und gewöhnten uns schnell an den verlorengegangen Komfort. Wir lernten vielleicht sogar zu schätzen, auf gewisse Dinge zu verzichten, die uns bis dahin so selbstverständlich waren. Jedenfalls kann ich rückblickend sagen, dass es sehr viel ruhiger wurde, als es noch in Deutschland gewesen war. In den Bergen passiert nicht viel, und es kam dazu, dass ich mir für alles, was ich machte, mehr Zeit nahm. Es ist ein schönes Gefühl nicht mehr so getrieben zu sein und die Dinge mit mehr Ruhe erledigen zu können.

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Es gab Zeiten, in denen es über mehrere Tage nicht aufhörte zu regnen. Das Anzünden des Feuers im Ofen verwandelte sich dadurch zu einem Highlight des Tages. Besonders während der ersten Woche im Nationalpark war es sehr kalt, außerdem schneite es und war immerzu nass. Es ist erstaunlich was die Wärme eines Feuers in einer solchen Umgebung bewirkt. Ich erfreute mich daher sehr an der Aufgabe für Feuerholz zu sorgen. Effizenzorientiert wie ich es nunmal bin, fand ich schnell eine Vorgehensweise, die mir am wenigsten aufwändig erschien und optimierte sie stetig. Ich machte mir gerade anhand solch rudimentärer Erfahrungen viele Gedanken darüber, woher wir als Menschheit kommen und wie wir uns in die heutige Situation entwickelt haben. Dazu vielleicht nächstes Mal mehr...

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que bueno ver y mas leer el desarrollo personal de una persona..solo los que vivimos algo así podemos comprender las dimensiones de ese crecimiento interior..
pienso que aunque las imágenes siempre hablan por si solas.. que gusto! poder leer ese proceso tan intimo y personal que una persona atraviesa! en el momento justo en que ocurren! no muchos valientes se atreven a hacerlo! estaré pendiente de tu viaje si vuelves a publicar. post como este son un verdadero alimento interior.. gracias por compartir no solo tu experiencia sino todo ese proceso de primera mano que estas viviendo. :) feliz viaje

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