Der große Himmels-Event ist bereits eine Woche her und die Erde dreht wie bisher ihre Runden. Auch sie kennt ihren eigenen Tanz und bleibt in ihrem eigenen Rhythmus - egal, was der Mensch anstellt. Die Erde wird uns überleben, die Natur hat am Ende immer die besseren Karten.
Natürlicher Rhythmus
Es gibt kaum etwas Mächtigeres, als den natürlichen Rythmus. Das gilt auch für uns Menschen. Wenn wir nicht in unserer Mitte sind, werden wir viel leichter "aus der Bahn" geworfen. Nun ist aber der Mensch als einziger in der Lage, gegen natürliche Rhythmen zu leben. Er muss sich dem Diktat der Natur nicht beugen.
Mit der uns Menschen eigenen Kreativität haben wir uns eine Komfortzone geschaffen, die uns weitestgehend von natürlichen Kreisläufen unabhängig macht. Erdbeeren kann ich auch im Winter kaufen, Müll muss nicht nachhaltig oder kompostierbar sein und über den Verbrauch natürlicher Ressourcen muss niemandem gegenüber Rechenschaft abgeliefert werden.
Reifen lassen
Kinder und Pflanzen blühen, wachsen und gedeihen in ihrem eigenen Rhythmus. Wenn ich eine Rosenknospe aufpule vor der Zeit, wird sie ein- und nicht aufgehen. Der Reifeprozess ist der wichtigste Faktor in Sachen Entwicklung.
Das gilt nicht nur für Käse, Whisky oder einen Entschluss, sondern ganz besonders für unsere Kinder. Sie kommen zur Welt mit ihrem eigenen eingebauten Entwicklungsprogramm. Für die ersten Wochen und Monate lassen wir das noch gelten. Oder habt ihr schon einmal erlebt, dass ein Erwachsener einem Kind gehen regelrecht beibringt? "Jetzt hebst du das rechte Bein, führst es nach vorn, behälst dein Gleichgewicht..." Auch Sprache erlernt das Kind allein durch Nachahmung. Welch gigantische Leistung! Man stelle sich vor: Chinesisch in 2 Jahren! Und das, obwohl das Kind gar nicht weiß, was Sprache überhaupt ist!
Kaum kommt das Kind in den Kindergarten scheint es keinen eigenen Lernantrieb mehr zu besitzen. Oder warum wird da mit dem "Bildungsprogramm" begonnen? Wo bleibt das Vertrauen, dass ein Kind eigene Lernwege hat? Diese haben immerhin dazu geführt, dass es Gehen, Sprechen und Be-greifen lernt. Warum meinen wir Erwachsenen, dass wir genau wissen, was Kinder brauchen?
Vertrauen in natürliche Prozesse
Was uns fehlt ist ein Grundvertrauen in den Menschen und in seine Entwicklung. Wir wollen "immer" verbessern, helfen hier, unterstützen dort und nehmen so dem Kind die Chance, eigene Lernwege zu entwickeln. (vgl. mit der alten Form von Entwicklungshilfe)
Ein Kinderarzt, ein Hirnforscher und ein Philosoph:
"Lasst die Kinder in Ruhe" ist ein Zeitungsartikel der FAZ, in dem Kinderarzt Michael Hauch seiner Empörung Luft macht. Auch Prof. Gerald Hüther (Neurobiologe und Hirnforscher) findet deutliche Worte: "Wir brauchen im 21. Jahrhundert keine passiven Konsumenten." und er ist ein gerngesehener Interviewgast: Der ideale Kindergarten und Früh übt sich wenig - Lernprogramme fallen bei Forschern durch Mein drittes Beispiel liefert der Philosoph David Precht mit seinem Buch "Anna, die Schule und der liebe Gott - der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern", über das er in diesem Interview spricht.
Natur, die Wissen schafft?
Es ist eine gute Idee, sich verstärkt der (eigenen) Natur zuzuwenden, schließlich sind wir ein Teil von ihr. Zur Zeit sieht es so aus, als ob unsere eroberte Unabhängigkeit weder uns, noch den Kindern, noch unserem Planeten gut tut.
Wo kommen Naturwissenschaftler denn her und wo/wie entwickeln Menschen ein Interesse an der Natur und ihren Prozessen? Kindergarten und Schule bieten da meist wenig Gelegenheiten. Und wenn, dann nach Lehrplan und nicht nach den individuellen Lerninteressen bzw. Lernfähigkeiten. Da wird dann schon mal den Kindern ein tolles Experiment in Form eines Vulkan-Ausbruchs präsentiert - es macht ja so schön peng und knall! Natur, die Wissen schafft?
Wir verlernen das Staunen
Dass an einem Regentag Pfützen und Regenwürmer erscheinen, Matsch entsteht, Wasser in Tropfenform an den Scheiben herunterrinnt, ein nasser Pullover viel schwerer ist als in trockenem Zustand... waren früher spannende Entdeckungen - heute haben Kinder das Staunen meistens verlernt. Es gibt viele Antworten und wenig Raum für Fragen. So stirbt allmählich die Lernfreude einen leisen Tod. Unbemerkt, weil es ja genügend hilfreiche Bücher gibt, die tolle Projekte für die Kindergartenarbeit anbieten.
Dass in der Schule wenig Spielraum (welch schönes Wort) für eigenständiges Lernen ist, kennen wir doch alle. Lehrpläne orientieren sich nicht an den Menschen sondern an dem zu vermittelnden Wissen. Ja schicken wir denn nur "den Kopf" in die Schule?
Ein Vertrauen in natürliche Prozesse sieht anders aus. (Be) Wertungen orientieren sich am Durchschnitt vergangener Lernprozesse, was wenig förderlich ist.
Kosmos und Natur - Bildung für die Menschen
Die spektakuläre Mondfinsternis hat viele Menschen in Bewegung gesetzt - innerlich und äußerlich. Es gibt im Menschen ein Bedürfnis nach Staunen und nach Magie (Harry Potter), die vielleicht in der Kindheit (und in früheren Zeiten) noch vorhanden gewesen ist. Dies ist die Ebene des menschlichen Bewusstseins jenseits von Wissen, hier haben wir eine Verbindung zu Kosmos und Natur. Bekannte Beispiele:
- Science Fiction Bücher/Filme stehen für die menschliche Vorstellungskraft und Erfindungsreichtum.
- "Gärtnern nach dem Mondkalender" gibt (uraltes) Erfahrungswissen weiter.
- Märchen sind Weisheitsgeschichten, die zum Beispiel mit den sogenannten Heldenreisen den menschlichen Lebensweg veranschaulichen.
Dank google und Co. gibt es viel gesammeltes Wissen als Futter für unseren Kopf. Zur "Bildung" eines Menschen gehören allerdings auch noch der Körper und die Seele. Welche Schulfächer werden als erste gekürzt oder gestrichen? Unser Körper braucht Bewegung - vor allem Kinder. In der Schule trainieren sie stattdessen "Still-Sitzen".
Unsere Seele braucht Nahrung in Form von (freier) Kreativität, künstlerisch-musischen Erfahrungen und Vermittlung von Werten und Traditionen (Lieder, Tänze und Literatur aus dem eigenen Kulturraum) Ersteres erweitert unseren Horizont und Letzteres gibt uns die Sicherheit (Wurzeln), die wir (nicht nur als Kind) dringend zur Orientierung und zum Lernen brauchen.
Fazit:
Ich wünsche mir ein vorurteilsfreies Umdenken in unserer Gesellschaft - ohne in alten Strukturen verhaftet zu bleiben. Nichts ist in Stein gemeißelt - der Mensch ist erfinderisch und wird auch ein neues Bildungssystem entwickeln können (wenn wir denn überhaupt ein System brauchen?)
Eltern wünsche ich großes Vertrauen in die Entwicklungskräfte ihrer Kinder und in sich selbst.
Uns allen wünsche ich eine friedliche inspirierende Welt, die uns das Staunen (Neugier) und das Spielen (Lernfreude) ermöglicht. Beides wird für das Lernen und für Entwicklungsprozesse gebraucht.
Unserem Planeten wünsche ich, dass wir Menschen unseren Platz endlich einnehmen als (verantwortungsbewusste!) Krone der Schöpung. Dies kann gelingen, wenn wir uns rückbesinnen und anerkennen, dass wir ein Teil der Natur sind und ihren Gesetzen/Rhythmen unterliegen...
Fotos: pixabay Collage: Canva
Mein Wort zum Sonntag:
Episode 1 Was ist ein Mensch wert?
Episode 2 Wem nutzen Froh-Sinn und Spiel-Chaos auf Steemit?
Episode 3 Steemit - Quo Vadis?
Episode 4 Mensch - Quo Vadis?
Episode 5 Bildung - Quo Vadis?
Wow, liebe Kadna, da hast du jetzt aber eine ganze Menge in einen Topf geworfen! Stoff für mindestens zehn Artikel... So sehr werde ich mich dazu aber nicht äußern, deine wunderbaren Gedanken in allen Ehren.
Dass die Trichterpädagogik nichts nützt, hatten wir ja schon mal. Das wisst ihr Antros sowieso am besten... So schlecht sind die Ansätze Offenen Unterrichts und Entdeckendes Lernens gar nicht. Nur haben die Kollegen gar keine Chance, statt als Lehrende als Anleitende für Entdeckungen zu agieren. Sie haben in den vollgestopften Klassen vom hochbegabten bis zum schwer geistig behinderten Kind jetzt schon keine Möglichkeit mehr, auf das Individuum einzugehen, wie denn noch auf die individuellen Lernvoraussetzungen und Interessen? Da nützt auch keine SchulSchulSchulreform, mit der wir uns gerade in Schleswig-Holstein gefühlt nach jeder Wahlperiode beschäftigen dürfen! Das kostet übrigens mehr Energie als die eigentliche Arbeit am und mit dem Schüler.
Nee, echt nicht, ich habe Ferien...
Liebe Grüße,
Chriddi
Recht hast du! Genieße sie... Dennoch - ich glaube eigentlich nicht mehr an eine Änderung innerhalb ds Systems. Ich habe es Jahrzehnte lang im Kindergartenbereich versucht, von "innen" her etwas zu bewegen und schließlich aufgegeben. Wir müssen völlig neu denken. Und mal vom Kind aus. Nicht wie es für berufstätige Eltern am besten ist, oder für den Staat oder für die Wirtschaft oder für die Zukunft. Diesen Gedanken erst einmal zulassen und gaaaaaaaaaaaaaaaaanz neu denken. Die Anthros sind doch auch schon in den Strukturen verfangen und machen mit. ... Ich möchte heute nicht Lehrer sein (hab ja auch kurz vorm ersten Staatsexamen die Reißleine gezogen!) - und ich kenne genug, die andere Wege gehen...
So, und jetzt hast du Ferien ;-)
Interessantes Thrma mit dem ich mich ständig beschäftige, weil ich viele Lehrer in der Familie habe...
Ich werde auch bald mal meine Meinung zum Bildungssystem abgeben. Aber der Artikel brauch noch etwas Zeit. Du gibst mir jedwnfall wieder tolle Denkanstöße mit denen ich mich auseinandersetzen kann. Danke!
Dann bin ich mal gespannt.... Das Thema ist definitv wichtig.
Ein frommer Wunsch den Du da hast.
Ich wünsche mir das er in Erfüllung geht. 😎
Hihi - gute Antwort! Gefällt mir ;-)
Ein sehr schöner Artikel, der bei mir eine Menge Gedanken anstößt:
Gerade der Rhythmus des Lebens, es gibt immer ein Auf und Ab. Arbeitgeber aber erwarten eine 100% Leistung, sommers wie winters gleich.
Dann werden Beobachtungen die nicht zum erwarteten Ergebnis passen, einfach unter den Tisch fallen gelassen.
Das passiert auch schon den Kindern: wenn sie Gedanken äußern, die gerade nicht ins Konzept des aktuellen Projekts passen, werden sie ignoriert.
Sie müssen zu nachtschlafender Zeit aufstehen und lange vor Sonnenuntergang ins Bett um in der darauffolgenden Nacht wieder aus dem Bett zu kommen.
Sieht man einen Menschen - egal ob Kind oder Erwachsener - nichts tun, wird gleich Faulheit oder Willensschwachheit vermutet.
So das waren jetzt ein paar Gedanken, die ich aus einem Wust fast zeitgleicher Gedanken herausgefiltert haben, nicht strukturiert, aber den Anspruch habe ich bei einem Kommentar nicht unbedingt. Musste diese Gedanken aber loswerden 😉
Danke für deine ergänzenden Gedanken! Je mehr Menschen sich Gedanken machen ums besser!!!!!
So dachte ich mir das 😊
Bin da 100% bei dir. Unsere Kinder lernen intuitiv ohne Schule Sprechen und trotzdem denken wir, dass sie für weitere Sprachen einen Frontalunterricht brauchen...sie brauchen nur Menschen die diese Sprache sprechen, thats it.
Bin absolut pro Bildungsrecht und Lernorte für Kinder aber gegen unser aktuelles Schulsystem.
So ist es! Wie schön klingt "Lernort"!!!! Worte sind wichtig. Ich habe noch als Kindergärtnerin angefangen, dann wurden wir umbenannt in Er-ZIEHER. Der Aspekt des Reifens und Wachsens ist völlig außer Acht gelassen worden. Dafür dürfen wir jetzt an den Kinder ZIEHEN und zerren, damit sie "passend" gemacht werden... Traurig.
Ja, ich kann das Wort Erziehung ebenfalls nicht ausstehen.
Ich habe die Kinder begleitet und durfte genau so von ihnen lernen, wie sie von mir. Wir waren immer in Beziehung, nie in Erziehung.
Auch eine These von mir: Wir lernen mindestens ebenso viel von Kindern wie diese von uns (Erwachsenen) Vielleicht gibt es bald keine Er wachsenen mehr sondern lauter Er-zogene ;-) ????
Eigenständiges Denken wird leider oft eher bestraft als gefördert, war auch zu meiner Schulzeit schon so und wird sicher nicht weniger :(
So sieht es aus - immer noch. Das ist ja auch anstrengend für die Lehrer und diese sitzen selbst "in der Falle", weil sie dem Lehrplan, den Eltern, dem Chef, ... verpflichtet sind.
@theaustrianguy - wie ist das denn an den Unis? Erlebst du es dort auch so?
Ich hab ja bei dem Thema schon öfters erwähnt, dass meine Kinder auf einer noch recht jungen, freien alternativen Schule sind. Dort wird genau dem was du hier Ansprichst Rechnung getragen. Neulich wurde auf einem Eltern Abend berichtet, vom erfolgreichen Abschluss der mittleren Reife dreier Schüler unserer Schule. Diese Abschlussprüfung muss bisher auf einer Regelschule abgenommen werden und somit sind unsere Schüler zum erstenmal einer Bewertung von aussen ausgesetzt gewesen. Einer der Prüfer bemerkte das ihre allgemeine Bildung wesentlich besser sei als bei den Regel Schülern und ihr Wissen sei viel besser vernetzt.
Danke für deine Bestätigung und Ergänzung mit einem aktuellen Beispiel! Wie schön für eure Kinder - eine weise Entscheidung von euch, was ja auch eure guten Erfahrungen zeigen!
Servus,
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Ein super Artikel. Da ist so viel drin von dem was ich auch denke und auch fühle wenn ich teils sehe wie sich Kinder in der Schule quälen. Aber bis sich da was ändert wird es dauern. Um so wichtiger das Leute darüber schreiben.
Denke ich auch... irgendwann müssen doch mal alle "aufwachen"... In dem Artikel habe ich ja Vieles nur angerissen, es gäb so viel mehr. Mal sehen wann mich die "Bildungs-Muse" mal wieder küsst ;-)
Top Gedanke ein intuitives Lernen würde sicherlich den Menschen gut tun...
... nur welchem Politiker nütz denn ein schlauer Bürger???
Kaum auszumalen wenn alle das Finanzsystem oder politische Machtstrukturen verstehen würden...
Das will doch keiner (Ironie ende)
.. wenn alle kreativ wären und Lösungen fänden für was auch immer...
.. wenn alle in ihrer Kindheit ohne Ängste und Druck sich frei entfalten könnten - Potentiale ohne Ende!
Hmm schade dass die Menschheit das noch nicht gelernt hat...
Oder
Verlernt hat?
Ich denke bei Völkern ohne Schule wird sicherlich noch so gelernt
Ich glaube fest an einen Wandel - nicht nur im Bildungssystem. Auch die sozialen Einrichtungen und Institutionen pfeifen aus dem letzten Loch...
Guten Tag,
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Gruß
GermanBot
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