Gleich hinter Flensburg fängt das Unbekannte an: Südjütland hat Meer und Seen und Strand und ist von den großen Urlauberströmen bis heute noch völlig unentdeckt.
Nein, das ist nicht die Gegend, in die die berühmte Olsenbande damals fuhr. Südjütland liegt viel näher, die kaum bekannte Region ist von Deutschland aus am schnellsten zu erreichen, dennoch fahren die meisten Urlauber hier einfach durch, rüber zu den endlosen Stränden von Falster. Oder rauf nach Skagen, wo tatsächlich die Bunker stehen, durch die Olsenbande damals auf der Suche nach Nazi-Schätzen hetzte. Südjütland dagegen wartet mit drei Unesco-Welterbestätten, leisen Dörfern und lebendigen Städten auf, hat ben so schöne Strände und endlos Natur. Bleibt aber dennoch im Blickschatten der großen Urlauberströme.
Michael Rasmussen staunt denn auch über deutsche Besucher. "Von Deutschland seid ihr", fragt er, "und ihr macht hier Urlaub?" Rasmussen, der als Feuerwehrmann in Kopenhagen arbeitet, glaubt es nicht. Er winkt zum Strand: Still ist der, nur ein paar Möwen keifen unterm Regenwolkenhimmel und ein Fahrradwanderer strampelt vorbei.
Hier im kleinen Örtchen Juelsminde machen eigentlich bloß Dänen Urlaub. Deutsche Feriengäste hingegen versammeln sich eher auf Sealand, wo die Fähre aus Rostock anlegt. Jütland, das ist für Urlauber aus dem Süden der Landstrich oben an der Nordsee. Zum Glück für die Einheimischen, die es besser wissen.
Jütland fängt viel früher an, genau genommen sogar schon ein paar Kilometer hinter Flensburg. Und auch der Süden Jütlands hat alles zu bieten, was das Urlauberherz begehrt: lange Strände, einsame Buchten, versteckte Angelseen und malerische Holz-Häuser, Sportangebote und sehenswerte Ausflugsziele, pittoreske Städtchen, Bootsverleihe und Museen. "Das weiß nur keiner bei Euch", ist sich Michael Rasmussen sicher.
Denn obwohl Deutschlands nördlichem Nachbarn der Ruf vorauseilt, besonders teuer zu sein, kann es an den Preisen nicht liegen. Zwar schlägt der Familienbesuch im Restaurant im Kleinstadtlokal von Juelsminde kräftig ins Kontor, dafür unterscheidet sich die Supermarkt-Rechnung kaum von einer deutschen. Jütland, benannt nach den Jüten, die vor 1 500 Jahren eigentlich nach England wollten, dann aber schon hier hängenblieben - vermutlich, weil es ihnen so gut gefiel - ist ein aufgeräumtes Fleckchen Land. Gemähter Rasen, gekehrte Straßen. Ein Himmel wie blankgeputzt, den das Meer weit draußen am Horizont küsst.
Zwischen Juelsminde südlich von Horsens und Ebeltoft reiht sich Bucht an Bucht. Die Reise entlang der Küste des Kattegatt ist auch eine Reise in die Geschichte. Bei Jelling steht ein Grabhügel, unter dem König Gorm (ca. 900–958) mit seiner Frau Thyra liegt. Der Stein ist die Urkunde, auf der zum ersten Mal der Name Dänemark auftaucht - die Dänen betrachtenihn als die Geburtsurkunde ihres Landes. Der zweite, größere daneben stammt von Gorms Sohn und Nachfolger Harald Blauzahn und erklärt alle Dänen zu Christen. So einfach war das damals. Diesen Stein bezeichnen die Dänen als Taufschein ihres Landes, das Christusbild auf dem Stein findet sich im dänischen Reisepass wieder.
Landschaftlich besonders reizvoll ist das hügelige Hinterland der ostjütländischen Küste mit einigen der höchsten „Berge“ Dänemarks, die über 170 Meter hinausragen. Und über allem weht der "Danebrok", die rot-weiße Fahne, für die jeder Hausbesitzer einen Mast im Garten errichten lässt. Ihre Nachbarn auf Zeit behandeln die Jütländer mit übersprudelnder Freundlichkeit. Es wird kaum deutsch gesprochen, doch bei der Suche nach dem Fahrradverleih ersetzen Nachbarn wie Michael und seine Frau Mona jedes Touristenbüro.
Das ist nicht allzu schwer, weil das landwirtschaftlich geprägte Jütland sich eingerichtet hat auf ein Leben als Feriengebiet. Von Vejle und Horsens gibt es Rundfahrten auf den Fjord, Geschichtsinteressierte lockt das Kattegat-Center, Tierfreunde das "Akvarium-Oceanarium". Eine halbe Autostunde entfernt wartet das "Legoland" in Billund, eine Stunde ist es bis zum Freizeitpark Tivoli Friheden. Am Strand lässt sich endlos wandern, meist begegnet man unterwegs niemandem. Abends dann aber tobt der Bär beim Dorffest, zu dem alles kommt, was Beine hat, die sich noch irgendwie auf der Tanzfläche schwingen lassen. Eine Band namens The Dawn spielt "Red & White Dynamite" und "Sweet home Alabama" und das ganze Zelt singt so laut mit, dass es Gefahr läuft, gleich wegzufliegen.
Zwischen Radtour und Hafenfest, Angelausflug am Waldsee und Schwimmen im eisigen Meer herrscht ein ganz anderes Ostsee-Gefühl als drüben auf der deutschen Seite. Die langen Strände sind immer leer, weil es keine Hotels gibt. Kein Gedränge um einen Strandkorb, kein Marsch der Massen auf der abendlichen Promenade, keine Schlange vor der Eisbude.
Jütland ist so mehr Urlaub, mehr Erholung. "Deshalb fahren wir ja hierher", sagt Michael Rasmussen.
danke an @reputablestone
@lenatramper @kissi
Hammer Bilder und natürlich ein sehr schöner Artikel! :)
Ich selbst bin auf der deutschen Seite der Ostsee unterwegs und der überannte Strand ist teils echt nicht mehr ansehnlich... Vielleicht schaffe ich es ja auch mal auf die ruhige Seite ✌️
Toll! habe jetzt richtig lust auf einen Dänemark Urlaub! und man darf mit dem Auto auf den Strand fahren???
Hammer Bilder und einladender Artikel. Ich bekomme gleich Lust darauf Land und Leute kennen zu lernen.
ihre Fotos sind einfach gut, bis dahin habe ich es noch weit.
Vor allem das vorletzte gefällt mir am meisten
Beeindruckende Bilder, sehr schön :)
Ein wunderschöner Beitrag der Laune macht auf Urlaub, Sonne, Sand und Meer. Deine Bilder erzählen mehr als tausend Worte. Ich hab sie mir erst alle angeschaut und dann gelesen. Du beschreibst deine Eindrücke ganz locker leicht und luftig. Das macht einfach Laune auf mehr.
Da schaue ich doch gerne wieder vorbei.
Herzlichen Dank und viele Grüße vom @faltermann 🐛
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Vielen Dank an euch alle für das Lob! Und einen schönen Sonntag!
Dankeschön, @faltermann! Es freut mich, dass Text und Bilder gefallen.
Hi, schön dass es hier auch deutschsprachige Beiträge gibt. Schöne Fotos! Behalte ich mal im Auge :)
Das sind wirklich sehr schöne Bilder und auch schön beschrieben.
Ich habe direkt Lust bekommen, mich dort zu erholen. :)