Erster Entwurf: Mittwoch, 01.01.2025
Heute morgen ist sie mir wahrscheinlich zum zehnten Mal eingefallen: die Szene mit Michael Moore, dem Systemkritiker und Filmregisseur und Charlton Heston, dem inzwischen verstorbenen Schauspieler und ehemaligen Präsidenten der National Rifle Association NRA. Zu sehen ist diese Szene in Michael Moores oscarprämierter Dokumentation über die Waffenlobby in den USA, "Bowling for Columbine".
In der Szene besucht Moore Heston in seinem Haus, um mit ihm kritisch über Waffenbesitz zu sprechen. Sobald Moore aber Heston in seiner Argumentation in die Enge treibt und ihn auf seine Verantwortung anspricht, lässt dieser ihn einfach stehen und geht. Dabei ist die Art und Weise, wie er das tut, bemerkenswert: Er geht einfach ohne ein weiteres Wort und lässt Moore mit seinem Kamerateam allein zurück in seinem eigenen Haus. Er geht einfach woanders hin und erwartet offenbar, dass sich Moore mit seinen Leuten verzogen haben wird, wenn er das nächste Mal dort ist.
Charlton Heston ist eigentlich kein böser Mensch im herkömmlichen Sinn, aber sein Aktivismus für freien Waffenbesitz kann durchaus kritisch betrachtet werden. Gerade in einer Zeit, in der man sich seinen Ruhm so zunutze machen kann, wie in dieser, wird bereits zum Feind, wer die Gegenseite unterstützt. Somit kann man die Frage durchaus mit "ja" beantworten, ob Charlton Heston für eine friedliebende, genügsame und warme Lebensform als böse gelten kann, wenn sie das Potential zum Töten von Menschen so stark in den Vordergrund stellt.
Aber verschließen wir nur unser Herz im Angesicht des Bösen, nicht den Verstand und versuchen, aus allem, was man beobachten kann, zu lernen. Denn jeder hat dann und wann ungebetenen Besuch, der den eigenen Frieden stören will. Manchmal sagen sie, dass es um etwas anderes geht und führen uns dann aufs Glatteis, manchmal können wir einfach nicht widerstehen und lassen sie herein, nur um dann endlose unergiebige Gespräche zu führen. Gedanken sind oft genau so: Sie kommen ungebeten, versetzen uns in Aufregung und verursachen so Stress.
Das Mantra
Das ist das Mantra, das man sich vergegenwärtigen soll, wenn man sich emotional in einen Gedanken verstrickt: Du musst den Kreislauf/ die Rückkopplung/ die Loop brechen, denn die Argumentation dagegen ist bereits Teil der Rückkopplung. Beispiel: Du kennst eine Person mit einer schlechten Meinung über dich. Zum Beispiel sagt sie, du wärst faul. Das ärgert dich, lädt dich emotional auf und animiert dich dazu, zu argumentieren. Ab dem Zeitpunkt trägst du ein Teufelchen auf dem Rücken, dem du tagein, tagaus das Gegenteil zu beweisen versuchst. Die Lösung ist eben, das Teufelchen sitzen zu lassen wie Charlton Heston Michael Moore.
Wer sich über Menschen ärgert, die man nicht meiden kann, dem ist meist wichtig, was sie über einen denken. Es ist nicht so sehr ihre Verhaltensweise, die einem, wenn sie einen nicht betrifft, egal sein könnte, sondern, dass sie uns nicht sehen, wie wir gesehen werden möchten. Das muss einem eben egal sein und es liegt zu 100% in der eigenen Macht und Verantwortung, abzulegen, was potentiell unsere Eitelkeit verletzt. Der Konflikt ist nicht, dass andere eine Meinung über ihre Umgebung und ihre Mitmenschen haben, wie wir das auch tun, sondern, dass wir nicht in der Weise wirksam sind, wie uns das idealerweise gefallen würde. Es ist dein Spiegelbild im Auge des anderen, das dich ärgert. Du verlangst mehr (eine bessere Meinung über dich) und ärgerst dich, dass man es dir nicht zugesteht.
Die Meditation
Der Kampf mit deinem Spiegelbild erschöpft dich, weshalb du damit aufhören musst. Du musst die Kritiker einfach stehen lassen. Sie verstehen dein Leben nicht. Nur du kannst dein Leben ganz verstehen. Lass das Pack einfach in deinem Hof stehen. Sie werden dir nicht in deine Privaträume folgen, wenn du sie tatsächlich emotionslos und kalt stehen lässt. Die Meditation arbeitet also wieder auf der Seite fallen-/loslassen. Instant und ohne Blick zurück. Lass es sein, am Urteil anderer über dich zu arbeiten, denn es macht dich weder glücklich noch reich. Es kostet dich nicht nur Zeit und Kraft, sondern auch Glück, weil du nicht ausgeglichen und schön bist und die Menschen entsprechend auf dich reagieren. Sei lieber einfach glücklich, auch wenn du kein hell strahlendes Mitglied der Gesellschaft bist und versuche nicht zu bewirken, dass andere dich verstehen, denn genauso wie du überprüfen sie ständig, ob andere ihren Anforderungen gerecht werden/ sie nützlich für sie sind oder nicht und sind nicht auf einer Mission, andere glücklich zu machen. Du blickst auf der Straße doch auch am liebsten in glückliche Gesichter, und am effektivsten ist es eben, wenn du selbst glücklich bist, unabhängig davon, was andere denken. So kommen Kritiker von Anfang an ins Zweifeln und deshalb machen es die Politiker: immer glücklich sein. Und zwar wirklich und nicht nur so tun, und alles andere darunter einordnen. Wenn jeder so heranginge, gäbe es nur noch glückliche Gesichter auf der Straße. Übe deshalb, dich von emotionalen Verstrickungen zu lösen. Wenn man es gut übt, kann man jeden Gedanken mit einem Fingerschnippen fallen lassen, bevor man sich emotional auflädt und so sein Stresslevel signifikant senken. Fühl' dich gut, trotz all der hässlichen Gesichter da draußen, und rechtfertige dich nie dafür! Es gibt kein Gesetz, das dir nur dann erlaubt glücklich zu sein, wenn du ein guter Mensch bist. Sei einfach glücklich, indem du dir eine Zeit und einen Ort nimmst und dort übst, jeden Gedanken fallen zu lassen, dann kannst du in stressigen Situationen besser auswählen, welcher Gedanke gerade objektiv am wichtigsten ist, ohne von deinen Emotionen kompromittiert zu werden.
(Original im Videoverleih)
https://www.spiegel.de/geschichte/charlton-heston-und-die-nra-a-946624.html