Ich habe in der Vergangenheit einen philosophischen Artikel zum Thema verteilte Strukturen geschrieben und Punkte markiert, weswegen diese Strukturen eine begrüßenswerte Zukunft darstellen.
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Gerade auf Minds.com waren die Reaktionen auf diesen Beitrag gewaltig. Ich habe festgestellt, dass es sehr viel an Unklarheit bezüglich dieser Thematik gibt und viele Personen sich ein einfaches und anschauliches Beispiel machen möchten. Wie also bricht man die Brücke, um diese verteilten Systeme und ihre Vorteile zu verbildlichen.
Einigen mag nachfolgendes zu wenig fundiert und zu viel Geschichte sein. Kann ich nachvollziehen. Allerdings gibt es ebenso viele Personen, welche gerade von den wissenschaftlichen Artikeln überrollt werden und sich anschaulichere Beispiele wünschen. Deswegen auch dieser unkonventionelle Beitrag.
Mein Ansatz: Bitcoin als zentrale Firma statt Bitcoin Netzwerk
Der Bitcoin, Grund zum Aufleben der Diskussion über die Strukturen unserer Systeme. Zentral, dezentral, verteilt – Ordnung und Chaos? Bitcoin ist der Überbringer der Blockchain, einer Technologie, welche durch Sicherheit und Demokratie geprägt sein soll. Die direkte Anwendung: digitale Zahlungen mit einer digitalen Währung.
Um dies besser zu verstehen, wandeln wir nun gedanklich den Bitcoin in eine bekanntere Struktur um. Nehmen wir an der Bitcoin ist eine eigenständige Firma – Bitcoin Central Ltd. – gegründet von einer etablierten Bank.
Wie funktioniert die Bitcoin Central Ltd.
Die Bitcoin Central Ltd. betreibt eine Datenbank, welche Finanztransaktionen zwischen Parteien ausführt und über diese Buch führt. Vergleichbar mit einer Online-Bank, welche Transaktionen allerdings nur über die hauseigene, digitale Währung zulässt. Die Firma stellt Infrastruktur, sprich Rechencenter, Server, Anbindung, Software, Protokoll und so weiter und bietet diese den Nutzern an. Die Bitcoin Central Ltd. entscheidet, wie viele Bitcoin sie "erschafft" und in den Markt entlässt. Ebenso, wer diese Bitcoin erhält, da die Bitcoin Central Ltd. zunächst einmal Besitzer der Bitcoin sind. Das Datenregister ist einzig und allein in den Rechencentren der Firma vorhanden, die alleinig für die Kontrolle und Überwachung dieses Registers zuständig ist.
Betrachten wir nun drei mögliche Szenarien, die nachfolgend das Verständnis unterstützen sollen.
Szenario 1: Black-Hat: Wo Geld ist, sind auch Langfinger.
Die Bitcoin Central Ltd. beschäftigt hochdekorierte Programmierer und Fintech-Spezialisten. Aber dennoch ist es einer unbekannten Hacker Gruppierung gelungen, die Sicherheitsmechanismen zu überwinden und sich Zugriff zu dem Datenregister zu verschaffen. Sämtliche Backup-Vorrichtungen waren nicht genug, um die Manipulation des Datenregisters rechtzeitig fest zu stellen oder gar zu verhindern. Binnen weniger Sekunden verschafften sich die Angreifer die Kontrolle über 50% der gesamten Bitcoin. Auch wenn die Bitcoin Central Ltd. das Netzwerk daraufhin vorübergehend auf Eis gelegt hat, haben die Hacker einen Großteil der Beute auf undurchsichtige Weise realisiert. Der angerichtete Schaden beläuft sich auf mehrere Milliarden. Die Bitcoin Central Ltd. und ihre Sicherheitsvorkehrungen haben versagt. Sie entscheidet schließlich das Geschäft einzustellen. Anleger und Nutzer erleiden einen Totalverlust.
Szenario 2: Ein Update muss her – wer entscheidet?
Die Geschwindigkeit des Netzwerkes ist zu langsam, um den Nutzeransprüchen gerecht zu werden. Die Bitcoin Central Ltd. entscheidet, die Geschwindigkeit der Transaktionen mit Hilfe eines Updates zu erhöhen. Um diese Verbesserung realisieren zu können, entwickelt die Firma mit einigen Programmierern ein verbessertes Protokoll. Allerdings entschließt sich die Bitcoin Central Ltd. im gleichen Zug, vermeintlich um die Entwicklungskosten wieder einzufahren, die Transaktionsgebühr erheblich zu erhöhen. Die Nutzergemeinschaft wurde in diese Entscheidung nicht eingeweiht und wird ungläubig zurück gelassen.
Szenario 3 – Hans hat seine Kontodaten verloren
Hans ist Kunde bei der Bitcoin Central Ltd. Eines Tages stellt er fest, dass er seine Kontodaten zu seinem Bitcoin Konto verloren hat. Er schaut auf der Website des Unternehmens nach dem Support-Bereich und findet schließlich eine Telefonnummer. Er ruft an und wird dazu aufgefordert, eine Mail an die Supportemail zu schreiben, in der er die benutzte Mail Adresse aufführt und seine Identität mittels Lichtbild nachweist. Nach erfolgreicher Prüfung dieser Daten erhält Hans seine neuen Zugangsdaten zugeschickt und kann sein Konto wieder nutzen.
So also das Vorgehen und die Szenarien bei der Phantasie-Firma Bitcoin Central Ltd.
Nun möchte ich oben Geschildertes in die Realität übertragen.
Der eigentliche Bitcoin und die Blockchain-Technologie
Die Bitcoin Blockchain, ein Datenprotokoll, Open-Source und ohne wirklichen Besitzer. Die Besitzer dieses Protokolls sind die Miner. Die Personen, die die Infrastruktur für die Bitcoin Blockchain zur Verfügung stellen. Es gibt tausende von ihnen, sie leben verteilt über den ganzen Planeten. Die Miner fügen Transaktionsdaten in die Blockchain, eine Art digitales Kassenbuch ein, und erhalten für die Bereitstellung der Infrastruktur, konkret der Rechenleistung, Bitcoins. In dem Protokoll des Bitcoin ist klar definiert, wie viele Bitcoin ein Miner für welche Arbeit und welchen Zeitraum erhält, ebenso wie viele Bitcoin es insgesamt gibt. Die Blockchain, das digitale Kassenbuch, ist nicht nur einmal vorhanden, existiert in keinem Rechenzentrum. Jeder der Miner und alle anderen Nutzer, die mit der Bitcoin Blockchain interagieren, besitzen eine Kopie dieses digitalen Kassenbuchs. Somit Überwachen und Kontrollieren alle gemeinsam das Netzwerk, indem die Parteien untereinander ihre Kopien der Blockchain vergleichen. Informationen werden so demokratisch geprüft und gegebenenfalls gefiltert. Dieses Konzept der Informationsverwaltung ist das Entscheidende, wenn es um verteilte Systeme geht.
Besitzer der Bitcoin sind in diesem Falle zunächst einmal die Miner, die die Bitcoin als Entlohung für die Bereitstellung der Infrastruktur erhalten. Diese können ihre Bitcoin auf dem freien Markt verkaufen, sodass auch andere in den Besitz kommen können.
Nun wollen wir auch für diese Realität, obige fiktive Szenarien anwenden, um den Unterschied zwischen Zentralität und Verteilung zu verdeutlichen.
Szenario 1: Black-Hat: Wo Geld ist, sind auch Langfinger.
Eine unbekannte Gruppe von Hackern versucht derweilen dem Blockchain-Netzwerk zu schaden. Ihr Ziel ist es, in den Besitz einer großen Anzahl Bitcoin zu gelangen und diese in USD umzuwandeln. Bislang war es der Gruppe nicht möglich, an die Private Keys größerer Bitcoin-Adressen zu gelangen. Sie konnten lediglich dank der Unachtsamkeit mancher Nutzer, an kleinere Summen gelangen. Nachdem viele Ansätze zu keinem Erfolg führten, entschieden sich die Angreifer eine manipulierte Kopie der Blockchain in das Netzwerk einzuschleusen. Allerdings konnte das Netzwerk demokratisch validieren, dass die entsprechenden Informationen ungültig waren. So blieb auch dieser Versuch ohne Erfolg. Um ihre manipulierte Kopie der Blockchain einzuspielen, muss die Gruppe 51% des Netzwerkes täuschen. Das heißt sie müsste derzeit rund 600,000 Computer okkupieren. Eine Herausforderung, der die Angreifer (bislang) nicht gewachsen sind
Szenario 2: Ein Update muss her – wer entscheidet?
Die Geschwindigkeit des Netzwerkes ist zu langsam, um den Nutzeransprüchen gerecht zu werden.
Diverse Miner und Nutzer der Bitcoin Blockchain beraten, wie man dieses Problem lösen könnte. Da das Netzwerk demokratisch aufgebaut ist, muss eine Übereinstimmung zwischen den diversen Parteien erzielt werden. Nur wenn die Mehrheit, im Optimalfall alle, mit ziehen, gelingt die Implementierung einer Veränderung. In diesem Fall hat sich das Netzwerk dazu entschieden, ein neues Protokoll einzuführen, was den Transaktionsmechanismus verändert. So können Transaktionen, dank verbesserter Technologie, nicht nur schneller, sondern auch kostengünstiger durchgeführt werden.
Diese Entscheidung wurde demokratisch nach wochenlanger Diskussion der diversen Stakeholder durchgesetzt. Das Netzwerk hat die Entscheidung intrinsisch getroffen.
Einige Miner – deutlich weniger, denn die Mehrheit – haben sich gegen das Update ausgesprochen. Diese betreiben weiterhin das vorherige Modell und haben die Blockchain somit "offiziell" geklont. Man spricht in diesem Fall von einem Hard-Fork.
Szenario 3 – Hans hat seine Kontodaten verloren
Hans besitzt eine Bitcoin-Adresse mit Guthaben. Um auf dieses Guthaben zugreifen zu können, hat er sich vor einiger Zeit einen Privatekey generiert beziehungsweise generieren lassen. Damit Hans Bitcoin-Guthaben geschützt ist, besteht der geheime Schlüssel aus einem 32 Zeichen langen Code, welcher manuell nicht geknackt werden kann. Zwar ist Hans davon überzeugt, dass diesen Code wirklich niemand erraten kann, allerdings kann er selbst ihn auch nicht gut merken. Aus diesem Grund hatte Hans den privaten Key, vermeintlich sicher, notiert. Kürzlich ist Hans umgezogen und hat in dem ganzen Stress überhaupt nicht mehr an seine Bitcoin gedacht. Nachdem sich der Trubel nun gelegt hat, möchte Hans nach dem Stand der Dinge schauen. Das böse Erwachen naht, er findet seinen Aufschrieb mit dem privaten Schlüssel nicht wieder. Auch Stunden der Suche bringen den weißen Zettel nicht mehr zum Vorschein und Hans kann auf sein Bitcoin Guthaben nicht zugreifen. Er erkundigt sich im Internet, findet aber keine zentrale Anlaufstelle.
Hans versteht nach einer Weile, dass seine Bitcoin verloren sind, solange er den Zettel nicht findet oder sich an den Code erinnert. Seine Recherche zeigt, dass aufgrund des verteilten Systems keine zentrale Instanz dazu befähigt ist, seinen geheimen Schlüssel zurück zu setzen oder ihn auszulesen.
Hans bleibt frustriert zurück und geht in Zukunft viel sorgfältiger mit sensiblen Daten um.
Eine Randnotiz, welche sich auf Szenario 3 bezieht:
Ich bin der Ansicht, dass dezentrale Systeme in einigen Bereichen eine wahrliche Bereicherung für uns Menschen können. Diese Systeme ermächtigen uns in unserer Entscheidungsfreiheit und versprechen Unabhängigkeit. Doch wo die Macht zunimmt, steigt auch der Anspruch an die Verantwortung. Feuer ist nicht gefährlich, vorausgesetzt man weiß damit umzugehen.
Ein Fazit zum Vergleich
Das erste Beispiel verbildlicht zentrale Systeme. Das zweite Beispiel ist ein Abbild für dezentrale Systeme. Die einleitende Frage beschäftigte sich mit dem Treffen von Entscheidungen. Im ersten Beispiel haben wir gesehen, dass eine zentrale Instanz unbehelligt von der Nutzergemeinschaft Entscheidungen treffen kann. Im Gegensatz hierzu steht im zweiten Beispiel die intrinsiche Entscheidung des Netzwerks, welche aus den Sichtweisen der Miner und der Nutzergemeinschaft getroffen wurde. Diese Entscheidung steht somit im direkten Zusammenhang mit den Bedürfnissen und Ansprüchen der Nutzer.
Auch die Entscheidung über die Richtigkeit von Daten wurde dargelegt. In Beispiel 1 hat es gereicht, eine zentrale Instanz zu täuschen und die Daten auf diesem Wege zu manipulieren. In verteilten Systemen – Beispiel 2 – erfolgt die Evaluierung der Daten demokratisch, eine Manipulation ist deutlich erschwert, da zu viele eigenständige Knotenpunkte involviert sind.
Natürlich könnte man noch über falsche Absichten zentraler Instanzen schreiben. Darüber, dass black-hat Aktivitäten einzelner Knotenpunkte in verteilten Systemen effektiv entgegen gewirkt werden kann. Allerdings möchte ich mein Fazit nun mit einer letzten Bemerkung zur obigen Randnotiz beenden:
Ich bin überzeugt, dass verteilte Systeme in einigen Bereichen eine wahre Bereicherung für die Menschen sein kann. In manchen Bereichen werden verteilte Systeme absolut keine Zukunft besitzen, in anderen Fällen werden verteilte Systeme die einzelnen Netzwerkteilnehmer ermächtigen. Doch wenn die Macht zunimmt, dann nimmt auch der Anspruch an das eigene Verantwortungsbewusstsein zu. Nicht nur in Bezug auf Umgang mit sensiblen Daten, sondern auch in Bezug auf das Treffen von Entscheidungen.
In diesem Sinne schließe ich mit diesem Beitrag ab.
Servus.
Ich finde der Vergleich ist, zur Förderung des Verständnisses, sehr gut geschrieben.
Das freut mich!
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