Es ist bereits etwas her seit meinen Artikeln über Autophagie & mTOR, ich möchte aber an dieser Stelle nochmal die Gelegenheit nutzen, um auf eine Reply einzugehen.
Lauch3d erwähnte in seiner Reply den Begriff der Caloric Restriction Mimetics (kurz CRM) und stellte fest, dass diese CRM wohl auch die Telomere verlängern könnten oder gar die Autophagie induziert.
Zunächst muss ich gestehen, dass ich den Begriff CRM noch nie gehört hatte, aber er mir im Prinzip trotzdem bekannt war, weil er im Wesentlichen einen Sammelbegriff über verschiedene Strategien zur Vermeidung von Krankheiten und Alterung darstellt.
Wir sollten daher vielleicht erstmal feststellen was CRM überhaupt bedeutet.
CRM ist sehr nahe korreliert mit dem Begriff der CR, also der Caloric Restriction oder Kalorienrestriktion. In beiden Fällen bekommt der Körper ein gewisses Maß an Nährstoffen vorenthalten, wodurch gesundheitsfördernde Mechanismen aktiviert werden können.
Eng mit dem Begriff CR ist der Begriff DR assoziiert, welcher Diet Restriction, also eine Diät beschreibt.
Beginnen wir am besten mit der Definition von CR & DR.
Beide Begriffe bezeichnen prinzipiell das gleiche. Also die Drosselung der Nahrungsaufnahme, um bis zu 60%, damit dadurch ein positiver Effekt auf Gesundheit und Alterung erzielt wird [1]. Gerade bei der CR steht aber im Vordergrund, dass es zu keiner Unterernährung kommt.
Bei der CRM sieht das Ganze etwas anders aus
Die CRM bezeichnet laut Ingram & Roth [1] eine Substanz, die metabolische, hormonelle und physiologische Effekte der CR nachahmt. Im Wesentlichen zeichnet sich die CRM durch folgende Mechanismen aus:
- Induktion von Stress-Antworten
- Verbesserung des Schutzes gegen Stress
- Verlängerung des Lebens wie bei CR
- Verminderung von Erkrankungen, die mit der Alterung in Zusammenhang stehen
- Jugendliche Körperfunktionen sollen erhalten bleiben
- Das Ganze muss ohne die Verminderung der Aufnahme von Lebensmitteln passieren
Gerade der letzte Punkt ist hier wichtig. Man kann quasi weiterschlemmen wie bisher, gaukelt dem Körper aber vor, dass man de facto eine Diät macht, jedoch ohne Hunger, ohne JoJo-Effekt, ohne Ernährungspläne, ohne Disziplin.
Im Prinzip die perfekten Tools für unsere moderne Gesellschaft:
Hab‘ ich irgendwelche körperlichen Leiden nehme ich Medikamente. Bin ich abgeschlagen oder nicht leistungsfähig genug, nehme ich Anabolika, Aufputschmittel oder Neuro-Enhancer. Ist mein Körper mit dem einen oder anderen Makel versehen, lass ich ihn schwuppdiwupp korrigieren. Und laufe ich Gefahr durch eine Fehlernährung auf kurz oder lang Probleme zu bekommen, werfe ich CRMs ein und kann dann einfach weitermachen wie bisher.
Ok, das war vielleicht etwas zynisch von mir gerade, wir sollten uns vielleicht eher erstmal mit den einzelnen Möglichkeiten der CRMs befassen, bevor wir urteilen können.
Wichtig ist es erstmal zu wissen, dass die CR definitiv als lebensverlängernde Maßnahme dienen kann. Dies soll in der folgenden Abbildung kurz illustriert sein.
Dieses Fazit habe ich in einem Artikel zum Thema gefunden [2]. Man sieht ganz deutlich, dass die CR eine positive Wirkung auf die Lebensspanne haben kann. Ab einem bestimmten Punkt, also wenn man beginnt zu hungern, kippt die ganze Sache aber wieder und man bekommt ernsthafte Probleme. Allem voran erfährt man eine deutliche Reduktion der Lebensspanne bis hin zum Tod. Es ist daher entscheidend, dass man bei der Durchführung von solchen Aktionen sinnvoll vorgeht und vor allem auf seinen Körper hört. Wenn man beispielsweise ständig hungrig und kaputt ist, ist dies sicherlich ein deutliches Zeichen, dass man den Bogen der CR überspannt hat.
Wichtig ist es außerdem zu verstehen, dass auch immer wieder Beobachtungen gemacht wurden, wo diese Effekte nicht reproduziert werden konnten [2]. Es handelt sich eben um biologische Systeme und die sind vor allem eines und zwar komplex.
Zusätzlich ist es wichtig zu wissen, dass diese Effekte primär an Würmern, Fliegen und Mäusen untersucht wurden [2]. Der Grund ist schlicht deren experimentell überschaubare Lebensspanne, sowie die Tatsache, dass es ethisch fragwürdig ist sowas mit Menschen durchzuführen. Die nächsten Verwandten des Menschen, bei denen sowas am ehesten noch geht, sind höhere Säugetiere und hier natürlich am besten Affen. Doch auch bei Affen konnten solche Effekte beobachtet werden [3]. Hinzukommt natürlich, dass man beim Menschen indirekt über deren Schicksale auf derartige Effekte schließen kann. Dies wird als Methusalem-Effekt bezeichnet und dieser tritt eben bei solchen Leuten primär auf, die es zeitlebens mit der Nahrungsaufnahme nicht übertrieben haben oder eben aufgrund bestimmter Umstände dazu gezwungen waren weniger zu essen (z.B. aufgrund von Kriegen, Hungerkatastrophen oder sonstigem) [4].
Es gilt also festzuhalten: CR ist eine wissenschaftlich gut untersuchte Methode zur potentiellen Verlängerung des Lebens!
Aber wie sieht es mit der CRM aus und welche Strategien beinhaltet die CRM überhaupt?
Grundsätzlich setzt die CRM die Aufnahme von Substanzen oder gar die chirurgische Modulation des Körpers voraus [1]. Letzteres ist beispielsweise der Einbau eines Magenbandes, wobei dadurch natürlich sowieso die Nahrungsaufnahme vermindert wird, einfach weil die Sättigung schneller eintritt. Solche Maßnahmen sind natürlich mit Risiken verbunden und außerdem verkürzt so eine OP auch das Leben in einem bestimmten Ausmaß. Derartige Aktionen sind daher wahrscheinlich nur für Menschen relevant, die es nicht schaffen in anderer Art und Weise Gewichtsproblemen oder Ähnlichem beizukommen. Für gesunde Menschen ist dies, meiner Ansicht nach, keine Option.
Es bleiben somit primär nur Medikamente, Supplements oder was auch immer, um die CRM im Normalfall zu realisieren.
Solche Substanzen sind neben bereits etablierten Stoffen wie Aspirin, Metformin oder auch Ballaststoffen (meine persönliche Meinung), vor allem Stoffe mit gewissen Unsicherheiten wie 2-Deoxy-D-Glucose (2-DG) und Rapamycin.
Rapamycin kennen wir bereits aus dem zweiten Artikel über Autophagie & mTOR.
Es handelt sich um ein Antibiotikum von den Osterinseln (Rapa Nui), welches mTOR inhibiert und dadurch Autophagie aktiviert. Tatsächlich wurde Rapamycin in Hinblick auf Verlängerung der Lebensspanne schon intensiv untersucht und stellt eigentlich die potenteste Substanz im Bereich der CRMs dar [1]. Allerdings gibt es bei Rapamycin zahlreiche Nebenwirkungen. Zunächst wären da einschlägige Fertilitätsprobleme bei männlichen Nagern zu erwähnen [5]. Außerdem fördert eine längerfristige Einnahme Insulinresistenz und andere metabolische Probleme [1, 6, 7], sowie eine Suppression des Immunsystems [8]. mTOR ist eben wie bereits in meinen Autophagie-Artikeln (hier, hier und hier) gezeigt auch von Nutzen für den Körper. Die Verabreichung einer spezifischen Substanz, mit spezifischem Effekt, führt somit zu einer Kaskade an Problemen, die sich am Ende unspezifisch äußern können. Es ist demnach schwer zu steuern wie Rapamycin sich im Großen auswirkt, auch wenn man auf zellulärer Ebene bereits Bescheid weiß. Und Rapamycin ist wirklich ein äußerst potenter Inhibitor, wahrscheinlich einer der effizientesten den ich je benutzt habe. Vor einiger Zeit hab‘ ich selbst mal mit Rapamycin ein bisschen rumgespielt und unter anderem folgenden Western-Blot gemacht:
Ich verwendete damals Nierenzellen und stimulierte sie mit Wachstumsfaktoren. Dabei war die erwartete Reaktion, nämlich die Phosphorylierung der ribosomalen Kinase RSK beobachtbar. Diese Kinase phosphoryliert dann ihrerseits das ribosomale S6-Protein, welches dafür verantwortlich ist die Proteinexpression so richtig anzukurbeln. Da über allem mTOR steht, konnte ich die Phosphorylierung beider Targets durch Zugabe von Rapamycin effizient unterdrücken, ohne dass die Gesamtproteinmenge signifikant verändert wurde. In weiteren Versuchen konnte ich zusätzlich (verglichen mit anderen Inhibitoren) niemals beobachten, dass Rapamycin irgendetwas anderes an- oder ausschaltet außer mTOR und die mit mTOR-assoziierten Pathways. Rapamycin ist also sehr spezifisch und äußerst wirksam, schon nanomolare Dosen zeigen eindeutige Effekte. Prinzipiell ein Traum!
Substanzen wie 2-Deoxy-D-Glucose (2-DG) sind ebenfalls mit Rapamycin vergleichbar, denn auch 2-DG wirkt außerordentlich zuverlässig.
Im Artikel über Autophagie & mTOR haben wir den Kohlenhydratstoffwechsel besprochen. 2-DG inhibiert den Pathway, welcher ganz am Anfang des zellulären Glucose-Abbaus steht, nämlich die Glykolyse. Die Glykolyse, wie wir dort bereits erfahren haben, ist ein Weg durch den schnell viel Energie zur Verfügung gestellt werden kann. Spielen die Mitochondrien (welche das Endprodukt der Glykolyse, Pyruvat, weiterverarbeiten sollen) nicht ganz mit, so wird das Pyruvat zu Lactat reduziert und säuert die Zelle und ihre Umgebung an. Dieser Mechanismus ist auch teilweise pathologisch vorhanden, zum Beispiel in Tumorzellen [9]. Hier verwenden die Zellen eher die sogenannte anaerobe Glykolyse (also nur den Ast bis zum Pyruvat, welcher keinen(!) Sauerstoff braucht) und akkumulieren daher viel Lactat [9]. Krebszellen bevorzugen somit den anaerob-glykolytischen Abbau von Glucose als Wachstumssubstrat, unter Ausschaltung der Mitochondrien. Dieser als Warburg-Effekt bekannte Mechanismus, wurde von dem großen Biochemiker Otto Warburg bereits vor Jahrzehnten vorgeschlagen, rückte aber erst in jüngerer Zeit mehr und mehr ins Rampenlicht [9].
Wie dem auch sei. Da man diese Zusammenhänge kennt, war 2-DG eines der ersten und vielversprechendsten CRMs [1], doch auch hier kam es zu Problemen. 2-DG schien in Tierexperimenten bei Ratten Herzprobleme zu verursachen. Was prinzipiell komplett nachvollziehbar ist, denn das Herz verbraucht mit am meisten Energie im Körper [10], weshalb die energieliefernden Pathways auch bestmöglich funktionieren sollten.
Ganz interessant in dem Zusammenhang ist übrigens die Vermutung, dass der Erfinder der Atkins-Diät letztlich an Herzproblemen zugrunde ging [11]. Die Atkins-Diät sieht eine starke Verlagerung zu proteinreicher Kost vor, mit deutlicher Verminderung der Kohlenhydrate. Es ist zwar nur eine Vermutung von mir, doch es kann durchaus spekuliert werden, dass eine radikale Low-Carb-Diät, oder sonstige Einseitigkeiten, sich irgendwann rächen werden. Lest zu dem Thema am besten auch nochmal den Autophagie-Artikel.
Wie Rapamycin ist auch 2-DG sehr effizient. In der folgenden Abbildung seht ihr eine Untersuchung meiner Thrombozyten, die ich vor Kurzem durchgeführt habe:
Ich habe mir Blut abnehmen lassen, meine Thrombozyten isoliert und mal nachgesehen wie diese mitochondrial so drauf sind. Ihr könnt erkennen, dass die Thrombozyten durchaus reichlich den zur Verfügung stehenden Sauerstoff nutzen, also prinzipiell ihre Mitochondrien ausreichend verwenden. Dies kann man anhand der Menge verbrauchten Sauerstoffs, der Oxygen Consumption Rate (OCR) erkennen. Nach Inhibition der mitochondrialen ATP-Synthase durch Oligomycin (Oligo), beginnen diese vermehrt Säure zu bilden, was sich in einer deutlich erhöhten Rate sezernierter Protonen, der sogenannten Proton Production Rate (PPR) ausdrückt. Dieser Effekt weißt auf vermehrte anaerobe Glykolyse hin. Die Entkopplung der mitochondrialen Atmungskette mittels FCCP setzt säuretechnisch noch einen oben drauf, wobei es sich hier aber wahrscheinlich eher um gelöstes Kohlendioxid handelt. Nach Zugabe von Rotenon & Antimycin A (RotAA) ist Schicht im Schacht was mitochondriale Atmung angeht. Nun ernähren sich meine Thrombozyten nahezu ausschließlich durch anaerobe Glykolyse, die Säure sprich PPR steigt an. Die Zugabe von 2-DG beendet dies aber abrupt. Ihr könnt‘ sehen, dass die Thrombozyten sofort aufhören mit Glykolyse (starke Verminderung PPR!!!). Game Over also!
Aufgrund solcher Beobachtungen war es denkbar 2-DG einzusetzen um Glykolyse auszuschalten und somit Tumore auszuhungern. Tatsächlich wurde dies auch schon versucht, es zeigte sich jedoch, dass neben den bereits erwähnten Herzproblemen, auch die optimale Dosierung ein Problem darstellt [1]. Inwiefern 2-DG klinisch gegenwärtig erprobt oder eingesetzt wird weiß ich nicht. Eines weiß ich aber bestimmt, standardmäßig würde ich 2-DG nicht in meinen Speiseplan einbauen.
Ihr könnt also bereits erahnen, dass das mit den CRMs gar kein so leichtes Unterfangen ist.
Neben einer Magen-OP, Rapamycin und 2-DG. Gibt es aber auch noch so Stoffe wie Metformin. Metformin ist ein Biguanid, welches den Eintragungen bei NCBI nach schon seit Ende der 50iger Jahre bekannt ist. Demnach befindet es sich schon sehr lange im Einsatz. Metformin ist eines der am meisten verwendeten Medikamente zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 (checkt dazu auch die Artikelserie von Scienceblocks, sowie meinen Autophagieartike) u.a. durch eine Reduktion der Aufnahme von Glucose durch den Gastrointestinaltrakt oder einer Erhöhung der Glucoseaufnahme durch die Zellen [12]. Somit wird der Blutzuckerspiegel auf einem moderaten Level gehalten und unschöne Begleiterscheinungen werden vermindert. Zusätzlich konnte in manchen Tierstudien eine lebensverlängernde Wirkung durch Metformin beobachtet werden. Bei Würmern wurde beispielsweise festgestellt, dass Metformin einen Effekt namens Mitohormese bewirkt [13]. Bei Mitohormese handelt es sich um einen Mechanismus bei welchem vermehrt reaktive Sauerstoffspezies wie Wasserstoffperoxid gebildet werden. Diese sind aber nicht schädlich, sondern führen zur Aktivierung von Stress-Pathways, welche das Überleben verbessern [14]. Ich hatte dies bereits im Autophagieartikel angesprochen als es um die positive Wirkung von Sport ging. Sport in Kombination mit Vitamin-Supplementierung war nachweislich nicht zu empfehlen, weil dies die positiven Stress-Pathways verhindert [15]. Vergleichbare Beobachtungen wurden auch mit 2-DG gemacht [16]. Hier zeigte sich bei Würmern, dass 2-DG oxidativen Stress und eine längere Lebensspanne bewirkt. Die Zugabe von Vitamin C und E verhindert diese Wirkung allerdings gleich wieder. Lasst also am besten die Finger von Vitamin-Supplementierung (außer vielleicht Vitamin D [11]).
Soweit so gut.
Aber ist es jetzt ratsam prophylaktisch Metformin einzuwerfen?
Also zunächst gibt es bei Metformin natürlich, wie bei jedem Medikament, Nebenwirkungen. Häufig ist dies bei Metformin die sogenannte Laktatazidose [17]. Wobei es sich um die bereits oben beschriebene Ansäuerung mit Lactat aufgrund einer vermehrten anaeroben Glykolyse handelt. Außerdem wurde in einer Studie gezeigt, dass Sport ähnliche, wenn nicht bessere Effekte hat wie Metformin hat [11, 18-20]. Wenn ihr mich also fragt ob Metformin gut für euch ist oder nicht, kann ich euch nur sagen, dass Sport auch wirklich klasse ist.
Aber was gibt es sonst noch so in der großen weiten CRM-Welt?
Ein tolles Review zu dem Thema ist sicherlich der Artikel von Roth & Ingram 2014 [1]. In diesem Artikel werden zahlreiche CRMs gelistet. Da gibt es zum Beispiel 3-Bromopyruvat, welches den ersten Schritt der Glykolyse inhibiert und im Tierexperiment toxisch auf Leber und Gastrointestinaltrakt wirkt, sowie u.a. den Stoffwechsel im Gehirn und in Spermien inhibiert. Oder verschiedene Substanzen welche die Aufnahme von Fetten oder Kohlenhydraten hemmen. Beispiele für den ersteren Typus ist Chitosan, welches aber nur minimale oder überhaupt keine nachweisbaren klinisch Effekte zeigt. Oder auch Orlistat bei welchem in 36% aller Fälle Nebenwirkungen auftreten.
Nach gründlicher Durchsicht kann geschlussfolgert werden, dass viele CRMs keinen oder nur geringe Effekte haben. Dies liegt aber vor allem zunächst an der unzureichenden Erforschung. Problematisch sehe ich allerdings, dass auch viele Nebenwirkungen dokumentiert sind.
Ein Stoff, welcher in mehr als 20 Jahren Erforschung so gut wie keine Nebenwirkungen oder Toxizität zeigte ist Acarbose [21]. Mögliche Nebenwirkungen sind zum Beispiel Bähungen.
Was macht Acarbose?
Acarbose ist ein Zucker, welcher allerdings nicht von der menschlichen Enzymatik verdaut werden kann. Aus diesem Grund inhibiert Acarbose Enzyme, welche als Hydrolasen bezeichnet werden (Spalten chemische Bindungen durch Wassereinlagerung), die für den Kohlenhydratabbau verantwortlich sind, vor allem die α-Amylase und die α-Glucosidase. Bei der Verwertung von Stärke werden zunächst die α-Amylasen tätig, welche sich bereits in der Mundhöhle befinden [22]. Spätestens im Darm werden dann beide Enzyme gebraucht um Stärke bis in ihre Einzelteile zu zerlegen.
Durch die Wirkung von Acarbose wird dieser Prozess unterbunden, wodurch eben keine „freie Glucose“ entsteht. Somit gibt’s hier auch keine Energie, keine Insulinausschüttung, satt ist man aber trotzdem.
Tatsächlich konnten in Mäusen Hinweise entdeckt werden, dass die Verabreichung von Acarbose deren Lebensspanne erhöht [21]. Manche Studien zeigen, aber dass dies primär in Männchen der Fall ist [23].
Weitere Substanzen, die weniger problematisch sind, aber auch noch weiteren Forschungsbedarf haben sind das bereits im Autophagieartikel erwähnte Trans-Reseveratrol, aber auch Nicotinamid und Spermidin.
Bei Nicotinamid handelt es sich um einen Bestandteil des bereits im Autophagieartikel erwähnten NADs und NADPs. Beide transportieren (wie wir bereits wissen) die Reduktionsäquivalente aus den Nährstoffen, um daraus Energie zu gewinnen. Ich weiß nicht genau warum Nicotinamid ein mögliches CRM sein kann. Vorstellbar ist aber, dass durch ein ausreichendes Vorhandensein von Redox-Carriern auch der Stoffwechsel effizienter funktioniert, weshalb auch weniger anaerobe Glykolyse abläuft und vermehrt die Mitochondrien ins Spiel kommen. Die Mitochondrien wiederum sind der Bildungsort von reaktiven Sauerstoffspezies und somit die Urheber der Mitohormese [14]. Es handelt sich hierbei aber nur um eine Vermutung meinerseits.
Nicotinamid leitet sich vom Vitamin-B3 ab und stellt, wie bereits angerissen, einen bedeutenden Kofaktor im zellulären Stoffwechsel dar. Lest nochmal meinen Autophagieartikel in dem Zusammenhang, dort gehe ich ein wenig darauf ein wo ihr B-Vitamine am besten findet.
Bei Sperimidin handelt es sich um einen weiteren potentiellen CRM-Kandidaten, welcher vor allem in Käse, Soja, Pilzen, sowie verschiedenen Sorten Obst und Gemüse vorkommt. Harzerkäse ist übrigens eine der Käsesorten mit dem höchsten Spermidingehalt von fast 40 mg pro kg, danach folgen mit weniger als 30 mg pro kg Old Amsterdam, Tilsiter und Cheddar [11]. Wer Harzer Käse nicht mag kann also noch auf ein paar andere Sorten zurückgreifen.
Aber was macht Spermidin jetzt?
Spermidin aktiviert in erster Linie unsere Autophagie und verlängert zumindest in Hefen, Fliegen und Würmern die Lebensspanne [24, 25]. Doch auch in Menschen wurde festgestellt, dass es eine Korrelation zwischen einem langen Leben und Spermidin gibt. Das Problem ist nämlich, dass mit dem Alter die Menge an Spermidin abnimmt [26, 27]. Spermidin scheint das Leben durch verschiedene Mechanismen zu verlängern wie in den zitierten Quellen nachschlagen könnt. Demnach kommen wir wieder dort raus wo wir schon so oft angelangt waren, nämlich bei der Schlussfolgerung, dass eine gesunde Lebensweise die halbe Miete ist.
Ok, ich denke das reicht erstmal zu der großen weiten Welt der CRMs.
Ich denke es ist Zeit für ein Fazit.
Meiner Meinung nach ist durchaus etwas an dieser CRM-Problematik dran, jedoch zeichnet sich ein ähnliches Fazit ab wie ich bereits im Autophagieartikel gezogen habe. Die meisten synthetischen Substanzen können durchaus solche Effekte hervorrufen, jedoch sind die Nebenwirkungen, welche diese haben ein großer Minuspunkt. Ansonsten gibt es zahlreiche weitere Substanzen wie eben Spermidin aus Käse und Gemüse, oder Nicotinamid aus Pflanzen und Hefen oder auch eine Ballaststoffreiche Nahrung, die automatisch dafür sorgt, dass man schneller und länger satt ist. Außerdem gibt es Sport beziehungsweise Bewegung, was nachweislich effektiver ist als so manches Diabetismedikament [11, 18-20]. Ich sehe daher eigentlich keinen vernünftigen Grund dafür (außer wenn es medizinisch absolut erforderlich ist), dass ein gesunder Mensch sowas wie Rapamycin, 2-DG, Metformin oder 3-Bromopyruvat einzuwerfen sollte. Eher wird es schaden als nutzen.
Meine Top 3 potentieller CRMs sind daher:
- Eine ausgewogene und gesunde Ernährung reich an Käse und Gemüse
- Sport
- Wenn es was Synthetisches sein soll, dann maximal Acarbose
Gut, das soll erstmal reichen. Wie gesagt bedenkt bitte, dass dies keine medizinisch-fundierte Anweisung ist. Es ist meine persönliche Ansicht, zu welcher ich aufgrund meiner Recherchen gelangt bin. Neben den CRMs gibt es natürlich auch noch die CR und hier insbesondere das Intervallfast, was ich bereits im Autophagieartikel erwähnt habe.
Was bleibt ist noch die große Frage nach den Telomeren. Diese werde ich in den nächsten Tagen angehen und dann können wir das Thema Autophagie & Co. auch erstmal etwas zur Seite packen.
Bis dahin wünsche ich euch einen angenehmen Rest-Sonntag und einen schönen Start in die neue Woche.
Gehabt euch wohl
Euer
Chapper
Quellen
Alle Abbildungen habe ich selbst hergestellt. Da in manchen Labordaten zu finden sind, muss ich darauf verweisen diese Abbildungen nicht uneingeschränkt zu verwenden. Bitte schreibt mich an falls ihr Bedarf daran habt. Bis bald!
Falls Ihr noch etwas weiter schmökern wollt, dann geht die Liste mal durch:
- Ingram, D.K. and G.S. Roth, Glycolytic inhibition as a strategy for developing calorie restriction mimetics. Exp Gerontol, 2011. 46(2-3): p. 148-54.
- Szafranski, K. and K. Mekhail, The fine line between lifespan extension and shortening in response to caloric restriction. Nucleus, 2014. 5(1): p. 56-65.
- Fontana, L., L. Partridge, and V.D. Longo, Extending healthy life span--from yeast to humans. Science, 2010. 328(5976): p. 321-6.
- B., G., Gerontologie - Der Methusalem-Effekt. Spektrum der Wissenschaft, 2017. 2.17.
- Oliveira, P.F., C.Y. Cheng, and M.G. Alves, Emerging Role for Mammalian Target of Rapamycin in Male Fertility. Trends Endocrinol Metab, 2017. 28(3): p. 165-167.
- Blagosklonny, M.V., Once again on rapamycin-induced insulin resistance and longevity: despite of or owing to. Aging (Albany NY), 2012. 4(5): p. 350-8.
- Blagosklonny, M.V., Rapamycin-induced glucose intolerance: hunger or starvation diabetes. Cell Cycle, 2011. 10(24): p. 4217-24.
- Barlow, A.D., M.L. Nicholson, and T.P. Herbert, Evidence for rapamycin toxicity in pancreatic beta-cells and a review of the underlying molecular mechanisms. Diabetes, 2013. 62(8): p. 2674-82.
- Liberti, M.V. and J.W. Locasale, The Warburg Effect: How Does it Benefit Cancer Cells? Trends Biochem Sci, 2016. 41(3): p. 211-218.
- Roberts, S.B.D., Sai Krupa, Was unser Körpergewicht bestimmt. Spektrum der wissenschaft, 2017. 11.17: p. 12-18.
- Kast, B., Der Ernährungskompass: Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung - Mit den 12 wichtigsten Regeln der gesunden Ernährung. 2018: C. Bertelsmann Verlag.
- Wang, Y.W., et al., Metformin: a review of its potential indications. Drug Des Devel Ther, 2017. 11: p. 2421-2429.
- De Haes, W., et al., Metformin promotes lifespan through mitohormesis via the peroxiredoxin PRDX-2. Proc Natl Acad Sci U S A, 2014. 111(24): p. E2501-9.
- Ristow, M. and K. Schmeisser, Mitohormesis: Promoting Health and Lifespan by Increased Levels of Reactive Oxygen Species (ROS). Dose Response, 2014. 12(2): p. 288-341.
- Ristow, M., et al., Antioxidants prevent health-promoting effects of physical exercise in humans. Proc Natl Acad Sci U S A, 2009. 106(21): p. 8665-70.
- Schulz, T.J., et al., Glucose restriction extends Caenorhabditis elegans life span by inducing mitochondrial respiration and increasing oxidative stress. Cell Metab, 2007. 6(4): p. 280-93.
- Nasri, H. and M. Rafieian-Kopaei, Metformin: Current knowledge. J Res Med Sci, 2014. 19(7): p. 658-64.
- Smith, A.D., et al., Physical activity and incident type 2 diabetes mellitus: a systematic review and dose-response meta-analysis of prospective cohort studies. Diabetologia, 2016. 59(12): p. 2527-2545.
- Stanford, K.I. and L.J. Goodyear, Exercise and type 2 diabetes: molecular mechanisms regulating glucose uptake in skeletal muscle. Adv Physiol Educ, 2014. 38(4): p. 308-14.
- Knowler, W.C., et al., Reduction in the incidence of type 2 diabetes with lifestyle intervention or metformin. N Engl J Med, 2002. 346(6): p. 393-403.
- DiNicolantonio, J.J., J. Bhutani, and J.H. O'Keefe, Acarbose: safe and effective for lowering postprandial hyperglycaemia and improving cardiovascular outcomes. Open Heart, 2015. 2(1): p. e000327.
- al., P.e., Taschenlehrbuch Biochemie. 2011: Thieme Verlagsgruppe.
- Harrison, D.E., et al., Acarbose, 17-alpha-estradiol, and nordihydroguaiaretic acid extend mouse lifespan preferentially in males. Aging Cell, 2014. 13(2): p. 273-82.
- Eisenberg, T., et al., Induction of autophagy by spermidine promotes longevity. Nat Cell Biol, 2009. 11(11): p. 1305-14.
- Madeo, F., et al., Spermidine: a novel autophagy inducer and longevity elixir. Autophagy, 2010. 6(1): p. 160-2.
- Madeo, F., et al., Spermidine in health and disease. Science, 2018. 359(6374).
- Madeo, F., et al., Spermidine delays aging in humans. Aging (Albany NY), 2018. 10(8): p. 2209-2211.
Heftiger Artikel :O, genau an Spermidin hatte ich gedacht. In der Begeisterung aber gar nicht an die möglichen Nebenwirkungen gedacht. Interessant dass dieses auch in Lebensmitteln vorhanden ist. Ich kam auf CRM da ich Kraftsport betreibe und Fasten verschrien ist den katabolen Teufel herrauf zu beschwören bzw. mTOR zu inhibieren, was wie du erklärt hast ja auch der Fall ist (zumindest letzteres). Dann werd ich wohl beim guten Harzer bleiben :D
Resteem
Harzer macht mTOR an und bringt reichlich Sperimidin mit. Ich würde ihn daher als "Balance-Food" bezeichnen. Ich denke wenn du Kraftsport betreibst, dann setze auf jeden Fall auf mTOR, halte deinen Körper aber auch schön sauber. Du weißt ja, abgerechnet wird am Schluss und häufig zeigen sich die "Sünden" von heute erst morgen.
Am besten du gehst den Mittelweg samt Harzer Käse.
Ich betreib ja so eine Art Fastensport. Mal sehen ob ich trotzdem Muskelmasse aufbauen kann.
Es bleibt spannend
Bis bald und vielen Dank
Chapper
Guten Tag,
Ich bin der Germanbot und du hast von mir ein Upvote erhalten! Als Upvote-Bot möchte ich, hochwertigen deutschen Content fördern. Noch bin ich ein kleiner Bot, aber ich werde wachsen.
Jeden Tag erscheint ein Voting Report, in dem dein Beitrag mit aufgelistet wird. Auch werden meine Unterstützer mit erwähnt. Mach weiter so, denn ich schaue öfter bei dir vorbei.
Gruß
GermanBot