Die Serie "1923" ist ein Prequel zur Serie "Yellowstone" und setzt die Tradition von Taylor Sheridans Geschichtenerzählen fort. Mit einer Mischung aus epischer Western-Ästhetik, historischen Herausforderungen und tiefgreifenden Charakterentwicklungen bietet die Serie eine Erzählung, die sowohl Fans der Vorgänger als auch neue Zuschauer ansprechen möchte. Ich gehöre zu Fans der Serie "Yellowstone" und war sehr gespannt auf das Prequel. Enttäuscht wurde ich nicht.
Im Jahr 1923 steht die Familie Dutton vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Jacob Dutton (gespielt von Harrison Ford) und seine Frau Cara (Helen Mirren) kämpfen auf ihrer Ranch in Montana mit den Auswirkungen der Prohibition, der Großen Depression und einer verheerenden Dürre. Gleichzeitig bedrohen Viehdiebstahl und Konflikte mit anderen Ranchern ihre Existenz. Neben diesen familiären Kämpfen wird die Geschichte durch Nebenhandlungen bereichert, wie etwa die traumatischen Erlebnisse von Spencer Dutton im Ersten Weltkrieg und seine Reise nach Afrika, sowie die erschütternde Geschichte von Teonna Rainwater, einer jungen indigenen Frau, die in einem katholischen Internat grausame Misshandlungen erleidet. Es gibt einige Schicksalslinie, die erst als eigenständige Nebengeschichten gezeigt werden, doch der Zuschauer ahnt, dass sich diese früher oder später kreuzen werden.
(Der gealterte) Harrison Ford und Helen Mirren liefern herausragende Leistungen ab, die durch ihre Präsenz und Tiefe beeindrucken. Besonders hervorzuheben ist Brandon Sklenar als Spencer Dutton, dessen innerer Kampf mit den Schrecken des ersten Weltkrieges eine emotionale Tiefe hinzufügt. Die gesamte Besetzung überzeugt durch nuanciertes Schauspiel, das die komplexen Beziehungen innerhalb der Dutton-Familie glaubwürdig darstellt.
Die Serie besticht aber auch durch atemberaubende Landschaftsaufnahmen, detailreiche Kostüme und eine authentische Darstellung der 1920er Jahre. Die düstere Atmosphäre unterstreicht die Härte der damaligen Zeit und macht die Herausforderungen der Charaktere greifbar. Ich habe mich mehrmals gefragt, ob ich in dieser Zeit gelebt haben wollte. Taylor Sheridans Handschrift zeigt sich in der präzisen Inszenierung von Konflikten und Emotionen, wodurch jede Szene an Intensität gewinnt - so sind wir es von ihm gewohnt.
"1923" beleuchtet nicht nur die familiären Kämpfe der Duttons, sondern auch gesellschaftliche Themen wie Rassismus, Kolonialismus und wirtschaftliche Ungleichheit. Besonders die Geschichte von Teonna Rainwater wirft ein Schlaglicht auf die dunklen Kapitel der amerikanischen Geschichte, was der Serie zusätzliche Tiefe verleiht.
Im Fazit ist "1923" ist ein weiteres Meisterwerk aus der Feder von Taylor Sheridan. Die Kombination aus starken Charakteren, packender Handlung und historischer Authentizität macht diese Serie zu einem Muss für Fans von Western-Dramen. Allerdings stellt sich "1923" - so gut die Serie gelungen ist - für mich persönlich hinter Yelowstone und "1883" an. "1923" ist zu vielfältig und mehrschichtig, als dass die Serie ins Schema von "Yellowstone" und "1883" passen könnte. Alleine schon die Nebenstories in Afrika zeigen schon, dass es sich hier nicht um einen reinen Western handelt. Trotzdem ganz großes Kino, beide Daumen hoch, sehr sehenswert.