Eine andere Art, mit Geschichte umzugehen

in #deutsch7 years ago

Kann sich jemand Otto von Bismarck als Zeitreisenden oder Pilot eines riesigen Kampfroboters vorstellen?

Höchstwahrscheinlich nicht, aber wäre er Japaner gewesen, hätten wir ihn wahrscheinlich schon in dieser und vielen weiteren Formen im Kino, in Serien und Spielen gesehen. Hier soll es darum gehen, wie historische Figuren in Japan behandelt werden, kreativer, lebendiger und vor allem auch für junge Leute interessanter.

Oda Nobunaga (1534-1584), war ein Fürst und Feldherr des mittelalterlichen Japans. Im Sengoku Jidai, dem Zeitalter der untereinander Krieg führenden Fürstentümer, konnte er schließlich eine Vormachtstellung erlangen und gilt als einer der drei Reichseiniger (daher schien mir der Vergleich mit Bismarck passend).

Nach deutscher Geschichtsbehandlung würden Jugendliche wahrscheinlich zum ersten Mal in einer langweiligen Geschichtsstunde mit ihm in Berührung kommen, sie müssten irgendwelche Jahreszahlen auswendig lernen und sich vielleicht noch eine Moralpredigt anhören, Nobunaga hätte die buddhistische Ikkō-ikki-Sekte nicht so brutal bekämpfen sollen wegen Religionsfreiheit oder so.

Ganz anders machen es die Japaner. Dort lernt man den Samurai-Fürsten als Held oder Schurken in zahllosen Anime-Serien kennen. Mal ist er ein Dämonen-König, mal steuert er Kampfroboter, mal tauscht er seine Identität mit einem Zeitreisenden. Mädchen, die darauf stehen, können mit ihm auch in Smartphone-Spielen eine Beziehung mit ihm eingehen.

Ist das irgendwie respektlos gegenüber der Geschichte? Warum denn, ist es nicht gerade ein besonders großes Zeichen des Respekts, dass man etwas altes als wert erachtet, im Lichte der eigenen Zeit neu interpretiert zu werden ? Für die Japaner ist ihre Historie eine große Sammlung spannender Storys und Charaktere, die man immer wieder neu arrangieren und kombinieren kann, um immer neue packende Handlungen daraus zu arrangieren.

In Deutschland vermisse ich so etwas doch stark, vielleicht ist die Serie "Babylon Berlin" ein Schritt in die richtige Richtung, ich habe sie allerdings noch nicht gesehen.