hatte sich in der Zwischenzeit allerlei Seltsames zugetragen. Man schrieb das Jahr 1618 und seit neun Jahren gab es die Brauerei Baumgartner zu Schärding am Inn. Der Waldschrat war plötzlich verschwunden und nicht einmal der Bär Bruno hatte eine Ahnung, wo er denn hingekommen war. Sonst hatte Waldemar es ihm immer gesagt, wenn er einen Ausflug gemacht hat, oder zum Waldschratkonzil aufgebrochen ist.
Überhaupt herrschte eine fast unheimliche Stille im Wald, nicht einmal die Vögel zwitscherten. Und ein seltsamer Nebel lag über dem Land, alles schien in ein hellgraues Licht getaucht. Und erst die Luft: sie roch auf einmal moderig, stickig. Irgendwie nach Tod und Verwesung. Diese Stimmung schlug sich auch auf die Waldbewohner nieder.
Mit hängenden Köpfen standen und gingen sie herum, von Fröhlichkeit war keine Spur mehr. Sogar Herbert, der alte Rehbock, der sonst alle zum Lachen gebracht hat, wenn er sich wie später ein gewisser Napoleon aufgeblasen und französisch geredet hat, lag mürrisch im Unterholz und faselte etwas von einem „30-jährigen Krieg“ und von Hungersnot, von einer Eiszeit und vom Weltuntergang.
Den Bruno beunruhigte dieses Gerede. Er wusste, dass Herbert eine gewisse Gabe hatte, in die Zukunft zu schauen. „Wirst schon sehen, Bruno. In Prag haben sie zwei Großkopferte aus dem Fenster geschmissen. Dort geht’s jetzt los, wird aber auch bei uns bald losgehen. Ich hab einen Bruder im bayerischen Wald. Der kennt den Mühlhiasl und der kennt die Zukunft!“
„Aber das mit der Hungersnot ist ein Scherz?“, brummte Bruno, der nichts mehr hasste, als den Hunger.
Nicht auszudenken, dass er seinen mit vieler Mühe angefressenen Wanst wegen des Prager Fenstersturzes verlieren sollte. Außerdem würde ihm sein Pelz nicht mehr passen, sein schöner Pelz, auf den Michael, der Schneider vom Krämpelstein schon wartete. Er hatte ihm das Bärenfell etwas leichtsinnig als Erbe versprochen, wenn er einst das Zeitliche segnen würde.
Dann war der Waldschrat plötzlich wieder da. Er hatte seinen Schulfreund, den Schneider vom Krämpelsteine besucht und nur vergessen, sich bei Bruno zu verabschieden.
Jetzt war er furchtbar aufgeregt, denn vom Krämpelstein aus hatten Michael und er eine Menge fremder Soldaten gesehen, die völlig disziplinlos herumzogen und offenbar nur auf Raub aus waren. Im Donautal soll es auch schon viele Tote gegeben haben, teilweise waren sie den Soldaten zum Opfer gefallen, vereinzelt aber waren sie an einer seltsamen Krankheit gestorben, die mit Niesen angefangen hat und dann aber den ganzen Körper mit schwarzen Beulen überzogen hat. „Helfgott !“ haben die Leute gerufen, wenn einer geniest hat und haben sich dabei bekreuzigt.
Auch im Sauwald war es schon zu einigen Todesfällen durch die Pest und zu Überfällen durch vagabundierende Truppen gekommen. Herannahendes großes Unheil lag in der Luft und die Bewohner der großen Innviertler Wälder spürten das und begannen sich auf die kommenden Kämpfe vorzubereiten.
Was sie da getan haben? Das erzähl ich euch nächstes Mal. Gute Nacht, kleine Freunde!