Mit der anfänglichen Ruhe in der Salt Whistle Bay ist es am dritten Morgen schlagartig vorbei. Nach der ersten sehr schaukeligen Nacht haben wir den Ankerplatz kurzerhand gewechselt und sind bis kurz vor den Strand tiefer in die Bucht hinein gefahren. In der zweite Nacht liegen mit uns nur noch drei Segler hier. Es ist traumhaft ruhig, Neumond und wir bestaunen einen atemberaubenden Sternenhimmel über uns. Es dauert eine Weile bis wir uns inmitten der tausenden Sternen der Milchstraße orientiert haben und gewohnte Sternendbilder erkennen. Die Füße noch immer warmen Sand, blicken wir auf die Bucht die sich wie schwarzer Samt still vor uns ausbreitet. Hinter rollen die Wellen des Atlantiks über das Riff, vor uns plätschern kleine Wogen ans Ufer., schemenhaft zeichen sich die verbliebenen drei Schiffe gegen den schwarzen und nur von Sternen erleuchteten Nachthimmel ab. Beseelt von dieser eindrücklichen Stimmung gehen wir erst sehr spät zurück auf SELENE und werden nach nur wenigen Stunden Schlaf gegen 7:30 aus der Koje geholt. Draußen sind Motorengeräusche zu hören, sehr dicht vor, hinter und neben uns, dazu Stimmengewirr, Zurufe auf französisch. Uns schwant schon, dass da wohl neue Besucher anrücken. Ein kurzer Blick ins Cockpit bring Gewissheit: Chartercrew versuchen direkt an der Morrring neben uns festzumachen. Wieder kreiselt die Frage in meinem Kopf: warum ausgerechnet hier, warum so dicht neben einem anderen Boot, warum nicht die Tonne nehmen, die 100 m daneben ist, oder wenigstens 50 m? Irgendwann ist es geschafft, der 45 ft Kat mit ca. 15 Leuten an Bord hängt am Mooringball. An Schlaf ist nicht mehr zu denken, Kaffee machen. Während wir noch ein wenig verblitzt die erste Tasse schlürfen, kommt auch schon der nächste Kat um die Ecke, 56 ft, 8 Erwachsene plus eine unüberschaubare Anzahl von Kindern an Bord. Palaver, Photos machen, Geschrei, Maschine vor, Maschine zurück, an die Tonne, nee doch nicht, Ankern vorwärts, Ankern rückwärts. Der eine links von uns der andere rechts. Während sich Kat Nr. 2 für Ankern mit Heck zum Strand entscheidet, kommen die nächsten beiden Plasteeimer um die Ecke. Jetzt wird‘s richtig nervig. Irgendwie gehören die alle zusammen und wollen natürlich auch alle nebeneinander liegen. Das Rangieren und Manövieren beginnt von neuem. Dazwischen gondeln ein paar Einheimische mit ihren Holzbooten herum, die sich von den Chartercrews natürlich irgendeine Art von Geschäft erhoffen. Das An- und Ablegen dauert bis Mittag und wir hoffen dass nun ein wenig Ruhe einkehrt. Mit Handys und Selfisticks fluten die „Besucher“ den Strand, es werden Tische und Stühle aufgebaut und die Dinghys zu Wasser gelassen. Für die Kids und Halbstarken gibt es nun kein Halten mehr. Mit weit mehr als den erlaubten 5 kn brettern sie nach Lust und Laune durch die Bucht, die Erwachsenen dümpeln derweil im seichten Wasser am Ufer, Sektglas in der Hand. Einer der Locals kommt zu uns ans Boot und ist ebenfalls sichtlich genervt. Er sei ja auch auf das Geschäft mit den Chartergästen angewiesen, daher kann und will er sie nicht zurechtweisen, aber das geht eindeutig zu weit. Letztendlich fasst sich ein Segler, der schon seit ein paar Tagen hier die Ruhe genießt, ein Herz, und faltet die Kids auf französisch zusammen – Wirkung eher so lala. Zum krönenden Abschluss laufen noch zwei weiter Party-Boote vollgepackt mit Franzosen ein, die Reisegruppe ist nun wohl vollständig.
Unsere Stimmung ist am Nullpunkt, SELENE wippt und schaukelt in den Wellen, die die vorbeirasenden Dinghys verursachen. Wir flüchten uns in Phillips Bar. Auch hier wird heftig darüber diskutiert, was man machen könnte. Besonders bitter für die Inselbewohner ist die Tatsache, dass die Gäste keinerlei lokale Angebote annehmen. Es wird weder in einer der Bars getrunken geschweige denn gegessen. Von einem der Fischer wird der beste Angelplatz abgefragt und das Abendessen selbst versorgt. Die Chartercrews richten ihr eigenes BBQ am Strand aus, bleiben unter sich und geben dadurch nicht einen Cent in die lokale Wirtschaft. Die Enttäuschung, ja fast schon Frust darüber kann man den Betreibern nicht verübeln. Einzig Eis für die Cocktails lässt man sich liefern, der wenige Verdienst bei schätzungsweise 60 Besuchern löst dadurch natürlich einen harten Konkurrenzkampf unter den Locals aus. Schließlich taucht ein Boot der Küstenwache auf und erklärt dem Partyvolk die Regeln. Kaum sind die Offiziellen verschwunden, beginnt das muntere Treiben von vorne – Respekt und Rücksichtnahme sind für viele leider doch Fremdwörter, zumal wenn sie ihm Urlaub sind. Wiedererwarten und trotz aller Vorwarnungen auf eine unruhige, laute Nacht bleibt es doch recht friedlich. Die Nacht endet jedoch auch wieder recht früh. Bereits um 7:00 Uhr morgens krakelt es draußen am Boot. Martin versucht anfangs noch die Rufe zu ignorieren, aber Philipp gibt nicht auf. Sein Außenborder läuft nicht und ob der „Captain“ mal nachschauen kann. Für einen kurzen Moment bereut es mein Skipper, dass er gleich am zweiten Tag den Generator in der „Last Bar before the jungle“ wieder zum Laufen gebracht hat. Ok, das schöne daran war, ein Abendessen und ein paar Biere kostenlos zu bekommen und der Betreiber ist natürlich auch heilfroh, nach Einbruch der Dunkelheit wieder Licht in seinem Laden zu haben. Das Problem am Außenborder ist schnell gelöst, Phillip knattert davon. Da wir nun schon so früh wach sind, können wir auch aufbrechen. Wir hoffen, dass die Party-People noch ein paar Tage auf Mayreau bleiben und machen uns schnellstmöglich auf den Weg in die Tobago Cays.
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