Tränen: Wenn es regnet ...

in #deutsch6 years ago (edited)

Meine Herzallerliebsten!


Mein letzter Beitrag ist nun schon 4 Tage alt und ich hatte das starke Bedürfnis, wieder ein Lebenszeichen von mir zu geben. Dass ich momentan so wenig poste, ist der Tatsache geschuldet, dass ich mich in den Endproben für die Kinderinszenierung befinde und im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun habe. Dennoch beschäftigt mich gerade heute ein Thema sehr: Tränen.


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Begegnungen in meinem Leben


Immer wieder begegnen mir Menschen, die traurig oder verzweifelt sind. Früher in meinem Job als Sozialpädagogin, saß immer mindestens eine Person pro Woche, heulend in meinem Büro. Es dauerte nicht lange, bis sie sich alle entschuldigt haben: dafür, dass sie die "Fassung nicht bewahren" konnten oder schlicht und ergreifend, einfach für ihre Tränen. Ich persönlich fühle mich nicht im geringsten belästigt, wenn jemand weint. Ich habe auch nicht das Bedürfnis, die betreffende Person in den Arm zu nehmen, sondern will erstmal, dass sie lernen sich zu zeigen. Sich Zeigen in ihrem Schmerz, in der Wut und in der Verzweiflung.

Natürlich muss ich nicht lange im Internet recherchieren um zu wissen, wo hier der Hund begraben liegt. Mal wieder in unserer Kindheit. Wir alles wissen: Kinder weinen (und lachen) mit voller Inbrunst, weil sie sich in diesem Moment ihren Gefühlen hin-geben. Natürlich waren wir auch alle mal so. Und es wurde uns abtrainiert. Schnell abgelenkt und die Tränen getrocknet.


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Photo by Michael Weidner on Unsplash


Vor ein paar Tagen weinte eine Freundin...


Ich spürte, wie sie versuchte, es zu unterdrücken. Als es nicht mehr ging, entschuldigte sie sich immerzu dafür und meinte, sie hatte gestern so einen stressigen Tag, deswegen weine sie jetzt auch. Obwohl das Thema ein ganz anderes war. Später kam ihr Freund dazu und sagte ihr, sie solle sich doch mal zusammen reißen.

Diese Begegnung hat mich noch lange beschäftigt. Und ich glaube sie hat niemals gelernt, dass sie weinen darf. Und genau das macht mich so unendlich traurig. Nicht die Probleme oder die Wut.

Sondern zu sehen, dass wir uns Anderen nicht zumuten können, wenn wir traurig sind und weinen.


Nur die Sonnenseite zeigen...


Ich weiß so gut wie Du - die Sonne scheint nicht immer. Oder denkst Du, alle anderen sind Dauer-happy??? Ihnen wird es nicht so ganz anders gehen wie Dir. Wir werden durch das Leben angetriggert, sind wütend und verletzt oder fühlen uns missverstanden. Aber wir zeigen es nicht und rennen mit Masken durch die Welt.

Ich wünsche mir mehr Authenzität. Mehr Ehrlichkeit. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir uns zeigen können und die Angst vergessen, ausgeschlossen zu werden, nur weil wir aus dem "Rahmen" fallen. Und dass wir geliebt werden für unser SEIN. Nicht für unser TUN. Oder Benehmen.


Kann es uns auch mal egal sein, was Andere von uns denken?????


Auch ich weine manchmal, wenn ich traurig bin. Ich erinnere mich an eine Freundin, die mir einmal sagte: Nach dem Weinen, leuchten und glänzen deine Augen immer mehr als sonst.


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Liebe Yasmin,

Gefühle zeigen und zulassen, ihnen Ausdruck verleihen, sich derer nicht schämen oder sie nicht zu unterdrücken . . . ein großes Thema!

Als ich als Jugendlicher meinem Vater einmal ins Gesicht sagte, wie inkonsequent und unlogisch er in einer bestimmten Angelegenheit gehandelt hat, ging er wortlos raus in den Flur, zog sich die Schuhe an und kam erst wieder nach einer Stunde zurück. Meine Mutter meinte, ich habe ihn mit meinen Worten verletzt, was zwar nicht meine Absicht war, aber es kam bei ihm so an. Als er wieder im Wohnzimmer war, saß er sich schweigend hin, vermied meinen fragenden Blick und ich sah in seinen Augen eine große Traurigkeit und . . . ja, unübersehbar, er musste wohl auf seinem Spaziergang draußen geweint haben.

Männer, glaube ich, werden oft bewusst oder unbewusst so erzogen, dass sie Gefühle nicht zeigen sollen. Stark sein, Gefühle sind etwas für Mädchen, aber nicht für Jungen. So ein Quatsch.

Weinen ist wichtig um die innere seelische Spannung zu lösen, wenn im Außen Konflikte gelöst werden wollen. Ich habe in der Vergangenheit oft geweint und konnte danach die Welt wieder mit klareren Augen sehen.

Ich vermisse sie auch, die Authentizität unter den Menschen, die mangelnde Ehrlichkeit, auch mal das Eingeständnis, einen Fehler gemacht zu haben. Leider begegnet mir das - wie im richtigen Leben - auch hier auf steemit.

Lieber Peter! Danke für dein Kommentar und dass Du einen Teil deiner Lebengeschichte mit uns geteilt hast. Zu deinem letzten Abschnitt: ich glaube wir können immer nur bei uns selbst anfangen und mit gutem Beispiel voran gehen. Ich drücke Dich!! Und danke!!!

Wichtiges und schwieriges Thema.
Ich kann seit gut einem Jahr etwa sehr emotionale Filmszenen (wie etwa die Krönung Aragorns und die Bekanntgabe der Vermählung von ihm und Arten am Ende des "Herrn der Ringe") nicht mehr anschauen, ohne loszuheulen.

Hey Hey Liebes! Danke für dein Kommentar und fürs Lesen! Oh das ist doch schön- zeigt, dass Du dich berühren lässt:-D- dann viel Spaß beim Herr der Ringe schauen:-**

Wow. Dein Artikel hat mich echt sehr berührt, weil ich das von mir selbst früher kannte (und ich denke es fühlen sich viele angesprochen).
Früher hab ich alles runtergeschluckt, weil weinen Zuhause nicht "erlaubt" war.
Heute fällt es mir viel leichter loszulassen, ich lass Tränen der Freude und Traurigkeit zu und es fühlt sich so viel besser an. Das heißt nicht, dass ich überall anfangen würde zu weinen, aber ich nehm das Gefühl wahr und geb ihm Platz.
Ich find es immer "schön", wenn ich Männer weinen seh, denn ich glaub es gibt noch sehr viel Nachholbedarf in der Erziehung was Jungs und Traurigkeit und angebliche Schwäche betrifft.
Danke für deinen schönen Beitrag!

Oh wie schön, dass ich dich erreicht habe. Das freut mich sehr sehr <3 Danke!!

Ich finde weinen super wichtig, es befreit einfach extrem.
Weinen war für mich immer ein sehr grosser Aspekt um Stress abzubauen und zu entspannen. Wenn Kids weinen, nehm ich das einfach hin und versteh den Schmerz, weder fördere noch unterbinde ich den Prozess.

Wer nicht richtig weinen kann oder darf, der wird auch nie richtig lachen können oder dürfen. Meine Meinung. In diesem Sinne noch einen schönen Tag. Gruss Helmut

Danke lieber Helmut- auch gerade dass Du Dich zu so einem Thema äußerst;-). Freu mich total, dass gerade bei diesem Post- so viele Männer kommentiert haben:-D

früher hatte ich auch immer alles unterdrückt. Mann darf doch nichts zeigen - welch scheiss Eisntellung.
Heute lasse ich den Tränen oder meiner Traurigkeit/Freude einfach freien Lauf ohne mir Gedanken machen zu müssen, welcher Depp igendwas über mich denkt. So fühle ich mich sehr befreit. Etwas zu zulassen ist unglaublich wichtig.
Super Post
danke Dir

Das ist so schön zu lesen! Danke für deine Zeilen!!


Ja die klassischen Rollenbilder bleiben wohl insgeheim bei jedem verankert!? Muss aber zugeben auch schon etliche Mädels erlebt zu haben die das öffentliche Weinen gezielt einsetzten :)

Danke für den Song! Den hör ich mir gerade an:-) Ja die Mädels, die das einsetzen- das ist das andere Extrem...

Hallo Yasmin,
ich frage mich, was ist der Knackpunkt oder wann ist der Moment, wenn im Kopf die Entscheidung getroffen wird, Gefühle (Tränen) nicht mehr offen zu zeigen?
Ich kann mich bewusst nämlich nicht daran erinnern, je von meiner Mutter gehört zu haben, dass das Weinen nur in der dunklen Kammer stattfinden darf.
Liebe Grüße
Wolfram

Lieber Wolfram! Voll schön wieder von Dir zu hören! Gute Frage! Und ich glaube diese lässt sich auch nicht so einfach beantworten, denn da sind wir ja alle höchst individuell. Schön, das mit deiner Mama!! Hab einen wundervollen Tag!

Liebe Yasmin, danke, dass Du das ansprichst. Vor allem, weil unsere Gefühle unser Leitsystem sind und uns wissen lassen , wie wir gerade denken !!! Gefühle unterdrücken geht nur eine gewisse Zeit lang wirklich, ohne Schaden zu nehmen.

Kürzlich hörte ich ein Musikstück im Radio, welches bei mir immer Glückstränen verursacht. Ich habe es genossen und mich danach so euphorisch gefühlt, wie lange nicht mehr.

Liebe Cornelia! Oh wie schön!!- danke dass Du deine Glückstränen mit uns geteilt hast!! Wir müssen uns auch immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass Tränen auch ein Ausdruck von Berührt-Sein und Freude sein kann. Wundervoll!! Hab ein tolles Wochenende meine Liebe und Danke!!