Was genau sind denn eigentlich Testleser? Nun, das ist schnell gesagt. Menschen, die sich freiwillig ein noch nicht fertig überarbeitetes Manuskript durchlesen. Im Idealfall helfen sie dem Autor, den Text besser zu machen. Sie zeigen Stärken und Schwächen auf, sagen welche Charaktere sie lieben und welche sie hassen.
Und dann? Dann bedankt sich der Autor artig, und entscheidet, welche Teile der durchweg konstruktiven Kritik er wie umsetzen wird. Danach geht er fröhlich und motiviert ans Werk.
So weit zur Theorie. In der Praxis sieht das Ganze dann meistens etwas anders aus.
Auf der Seite des Autors ist zu bedenken, dass fremde Menschen ein Manuskript, an dem man Wochen, Monate oder gar Jahre gearbeitet hat auseinandernehmen werden. Vielleicht werden sie jeden Satz davon hassen. Vielleicht werden sie nur die Teile verachten, welche man selber besonders liebt. Oder noch schlimmer: Vielleicht werden sie sich nie wieder melden.
Selbst, wenn sie sich durchweg positiv äußern, kann das schädlich sein. Genau dann nämlich, wenn sie es nur tun, um die Gefühle des Schreibenden nicht zu verletzen. Dies ist auch der Hauptgrund, warum viele Autoren ihre Manuskripte nicht von Bekannten und Verwandten testlesen lassen.
Wenn man schließlich die Anmerkungen des Lesers hat, geht es ans Entschlüsseln. Was ist damit gemeint, dass der Protagonist etwas schuschu ist? Woran könnte es liegen, dass der Gegenspieler als eindimensional wahrgenommen wird? Und warum zum Teufel wird etwas nicht verstanden, dass über drei Seiten erklärt wurde?
Frustration, Selbstzweifel, Wut, Trotz. All das und noch viel mehr kann durchlebt werden, während man liest, wie fremde Menschen über das eigene Schaffen richten. Und das Schlimmste ist, dass man sie auch noch selber darum gebeten hat.
Auf der anderen Seite steht der Testleser. Die Person also, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen bereit erklärt, einem fremden Menschen Hilfestellung zu leisten. Im besten Fall treffen Geschichte und Autor den eigenen Geschmack und man freut sich, helfen zu können. Im schlechtesten Fall liest man nicht nur ein Buch, dass einem nicht gefällt. Nein, man muss es auch aufmerksam durchlesen. Als Testleser sollte man natürlich nichts überfliegen, keine Seiten ungelesen umblättern, nicht querlesen. Das kann durchaus anstrengend sein.
Dazu kommt, dass manche Autoren nicht wissen, wie sie mit ihrer Angst vor einem Verriss und der generellen Nervosität umgehen sollen. Nicht jeder hat eine gelassene Haltung gegenüber Kritik und Geduld ist ohnehin eine rar gesäte Pflanze.
Wie schafft man es nun also, den Prozess des Testlesens für beide Seiten bereichernd und produktiv zu gestalten?
Nun, da die Ansprüche und Menschen so wunderbar verschieden sind, gibt es darauf wohl keine generelle Antwort. Allerdings gibt es einige Punkte, die vermutlich allen helfen können.
Freundlicher Umgang. Vergesst nie, dass das Gegenüber ein Mensch ist. Menschen haben gute und schlechte Tage. Sie haben Stress und sind müde. Versucht, es ihnen nachzusehen.
Klare Ansagen. Teilt dem Leser mit, was ihr euch von ihm erhofft. Versucht, dem Autor so genau wie möglich zu sagen, was euch gestört hat oder was ihr mochtet.
Keine überzogenen Erwartungen. Ein Testleser ist kein professioneller Lektor, er ist ein Mensch, der so freundlich ist, euch zu helfen. Ein Autor ist nicht verpflichtet, jede eurer Anmerkungen oder Vorschläge umzusetzen. Ihr schenkt ihm eure Meinung. Was er damit macht, bleibt ihm überlassen.
Nummer vier fällt eigentlich unter den Punkt freundlicher Umgang, aber ich finde, dass es ruhig noch mal gesagt werden darf. Ein höflicher Umgangston und ein ehrliches Danke heben die Laune auf beiden Seiten.
Den Schreibenden und Lesenden wünsche ich, dass aus der Krux eine Freude wird.
Liebe Grüße von der Schreiblust.
Bilder: pixabay.com
Danke, gute Beitrag. Wir haben beide fast die gleiche Vorschau Bild gehabt, ich habe schnell meine geändert :)
Ou, das tut mir leid. Ich habe mich vor dem Hochladen gar nicht umgesehen. Aber danke für deinen Kommentar. :)
Das ist überhaupt kein Problem. Ich hätte mich zuerst umschauen müssen.
Du sprichst mir mit deinem Artikel voll und ganz aus der Seele.
Ich habe leider in der Vergangenheit eine sehr negative Erfahrung gemacht, die mich bis auf weiteres darauf verzichten ließ (fremde) Menschen zu bitten, für mich test zu lesen.
Kurz erzählt: Ein Testleser meldete sich nicht mehr. Alle Kontaktversuche wurden regelrecht abgeblockt und eine Woche später, fand ich meine Geschichte auf seinem Blog.
Ich glaube, eine größere Schweinerei gibt es kaum.
Ach du Sch.... Das ist ja unfassbar dreist. Dass Testleser sich aus irgendwelchen Gründen nicht mehr melden, kommt wohl häufiger vor. Aber klauen geht ja wohl gar nicht.
Ich hoffe, du konntest das irgendwo melden?