Es ist vollkommen normal, dass bei Neueinsteigern die Löhne niedriger liegen als bei den Alteingesessenen. Die Neuen konnten ja noch nicht beweisen, wie wertvoll sie für das Unternehmen sind. Hatten noch gar nicht die Chance, höhere Löhne zu verhandeln.
Und nein, ich denke nicht egoistisch, das ist eine Unterstellung. Ich möchte, dass jeder die Chance hat, sich selbst zu verwirklichen.
Du vergisst, dass sich viele gar nicht über die Arbeit verwirklichen wollen. Dieses zwängt man den Menschen aber dann auf. In einem System, welches du dir wünschst, ist nämlich ein konstanter Druck vorhanden mitzuhalten, den anderen zu überbieten, da man ansonsten abgelöst wird. Vielleicht findest du deine Erfüllung in der Arbeit, ich beispielsweise tue das nicht. Ich sehe auch keinen Sinn im Erwerb eines besseren Autos oder eines größeren Hauses wenn ich diese Dinge bereits besitze. Es könnte mir materiell deutlich besser gehen, aber dafür müsste ich beruflich mehr tun, was mich aber nicht interessiert.
Darin liegt das Egoistische. Du siehst ein System nur von deiner Art zu leben. Mit dieser Art mag es für alle gerecht sein, aber für Menschen, die anders leben wollen, eben nicht.
Und sehen wir uns mal an, wieviele Geringqualifizierte es gibt und wieviele dieser Jobs durch die Digitalisierung wegfallen werden, kannst du mir nicht erzählen, dass in solchen Bereichen Löhne steigen. Das Gegenteil wird der Fall sein. Dann gibt es nicht mal mehr eine soziale Absicherung, die hätte man privat abschließen müssen, die konnte jedoch aufgrund des geringen Lohns nicht bezahlt werden. Eine private Absicherung für geringqualifizierte wird ja garantiert nicht günstiger sein als für einen hochqualifizierten. Und ich glaube auch kaum, dass eine private Versicherung weniger schikaniert als die momentan staatliche. Nein, das ist alles viel zu kurz gedacht mit diesem freien Kapitalismus.
Für Mittelmäßige hat es immer einen Platz gegeben. Die Vorstellung, dass ein Unternehmen nur aus absoluten Überfliegern besteht, welche sich wöchentlich mit immer höheren Gehältern übertrumpfen, ist absurd. Von mir aus kannst du auch nur drei Tage in der Woche arbeiten, ohne die gewaltige Abgabenlast des modernen Staates wäre das eigentlich ganz gut machbar. Oliver Janich hat in einem seiner Bücher vorgerechnet, wie selbst eine Putzfrau mit heute gängigen Gehältern sich mit mehreren Hunderttausenden zur Ruhe setzen könnte, wären da nicht die ständige Inflation und der Umstand, dass sie einen Großteil ihrer erarbeiteten Leistung abgeben muss. Und sie zahlt ja nicht einmal in ihre eigene Rente ein. Ob sie später welche bekommt? Das bleibt eine offene Frage. Ich glaube nicht daran, dass ich Rente erhalten werde.
Abgesehen davon entstehen durch die Digitalisierung auch andere Jobs. Immer wenn so eine neue Technologie daher kommt, gibt es Panikmacher, welche baldige Massenarbeitslosigkeit proklamieren. Umwerfung sind normal und die Menschheit hat es bislang ganz gut überstanden. Oder glaubst du wirklich, 90% der Erdbevölkerung sollten noch immer in der Landwirtschaft arbeiten?
Man muss die Digitalisierung schon detaillierter betrachten wenn man diese mit vorigen Technologiesprüngen vergleicht. Bisher waren die Entwicklungsstufen immer eine Steigerung der Produktivität und sorgten dadurch für eine Vergrößerung des Marktes. Nun sind wir aber schon mitten in der Globalisierung und eine weitere Vergrößerung ist einfach kaum mehr drin. Dadurch ist auch kein Bedarf nach einer extremen Produktivitätssteigerung vorhanden, die eine Anzahl Jobs entstehen ließe, die durch die Digitalisierung wegfallen. Und damit sind wir auch schon beim nächsten Punkt. Die Digitalisierung steigert nicht ausschließlich die Produktivität, sondern übernimmt die Arbeit als ganzes. Ich möchte darauf hinweisen, dass selbst digitale automatisierte Rechtsanwälte bereits in der Entwicklung stecken. Dies wird in so dermaßen viele Bereiche vordringen, dass der Markt dies nicht kompensieren kann.
Das ist grundsätzlich nicht schlimm, zeigt aber wohin die Reise geht wenn wir nichts unternehmen.