Das einzige, was ich naturgemäß anders sehe, ist Punkt 3. Kritische Infrastruktur sehe ich dann doch lieber in gesellschaftlicher Hand, da diese zwar effizient gemanaged werden sollte, aber durchaus auch was kosten darf, und daher mMn nicht der rein profitorientierten Marktlogik unterworfen werden sollte.
Deshalb ja meine Sperrfrist:
Es gilt eine Sperrfrist von 10 Jahren, in der die Aktien nur zwischen DDR Bürgern verkauft werden können.
Damit nicht der reiche Onkel aus dem Westen kommt und alles aufkauft.
Kritische Infrastruktur sehe ich dann doch lieber in gesellschaftlicher Hand [...]Dass du das aber gaaanz anders siehst,
Nicht so schnell...
Mehr gesellschaftliche Hand als im Besitz aller Bürger zu sein geht ja wohl nicht mehr und die Sperrfrist verhindert auch hier, dass reiche Investoren aus dem Westen alles aufkaufen.
Der Vorteil bei dem AG Modell ist, dass richtig bilanziert werden müssen. Also auch Rücklagen für den Erhalt und die Renovierung der Straßen gebildet werden muss. Deshalb überlegt man sich in diesem Modell jeden Neubau von Straßen ganz genau.
Im Staatsmodell wird nur auf die Finanzierung beim Bau geschaut und um den Unterhalt kann sich ja dann der nächste Verkehrsminister Sorgen machen.
Ihr habt das mit eurer ASFINAG ganz schlau gelöst.
Da eine Autobahn sowieso immer ein Monopol darstellt, spielt es keine große Rolle, ob der Mehrheitseigner an der AG der Staat ist oder private Investoren. Aber das AG Modell sorgt dafür, dass wirtschaftlich vernünftig gearbeitet werden muss.
Wie Du siehst, liegen wir heute gar nicht so weit auseinander.
Erschreckend!
Deshalb noch extra für Dich um des Streites willen:
Ceterum censeo Klimawandel esse negarem!
Sehe ich dann schon noch anders, da der Staat (zumindest auf dem Papier, dass das oft nicht so funzt ist eh klar) seiner Bevölkerung verantwortlich ist und auch non-profit arbeiten kann, bzw. manche Teile des "Geschäfts" auch durchaus mit roten Zahlen laufen dürfen, solange das Budget insgesamt ausgeglichen ist.
Private müssen natürlich Gewinn machen, und gerade in einem Bereich, der immer mit öffentlichem Interesse verquickt sein wird, kann das schnell in erpresserischen Situationen enden. Oder auch gefährlich werden, siehe die Brücke in Genua.
Ich bin heute nicht so streitlustig eingestellt. ;-)
Wie ist das bei euch eigentlich genau?
Ich gehe davon aus, die ASFiNAG muss kostendeckend arbeiten und wird nicht vom Steuerzahler gestützt, also wie bei uns die Stadtwerke, die z.B. für die Wasserversorgung zuständig sind.
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Die Asfinag ist eine AG, die aber zu 100% im Besitz der Republik Österreich steht. Die Grundstücke an der Autobahn gehören ebenfalls der Republik, die Asfinag hat aber das volle Genußrecht. Das soll eine formal unabhängige Bewirtschaftung ohne die Gefahr des Ausverkaufs kritischer Infrastruktur an Private sicherstellen.
Sie ist vertraglich verpflichtet, für die Organisation und Instandhaltung der Autobahnen zu sorgen, muss aber kostendeckend arbeiten, d.h. der ganze Betrieb und die Instandhaltung muss aus den eigenommenen Gebühren (Vignette, km-abhängige KfZ-Maut, Maut auf speziellen Abschnitten wie die Brenner- und Tauernautobahn) finanziert werden.
Dachte ich mir. Genau das ist der Unterschied zu anderen Staatsausgaben bzw. Kosten die der Staat einem auferlegt. Zweckgebunden und sauber bilanziert. Gegen diese Art der Finanzierung gibt es nichts einzuwenden. Im Gegensatz zu dem “Blankoscheck” den man mit einer Steuerzahlung ausstellt und die per Gesetz nicht zweckgebunden sein darf.
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Man muss insgesamt sagen, dass eure Infrastruktur in einem schauderhaften Zustand ist - wird durchaus systembedingt sein. Direkte staatliche Verwaltung, aber auch die idiotische Kombination aus Schuldenbremse und Verweigerung der Einhebung direkter Gebrauchsgebühren mag da mitspielen.
Dann noch euer Verkehrsminister mit seinem Schmäh von der Ausländermaut! Dachte der echt, wenn es einen Weg gäbe, europarechtskonform nur Ausländer Maut zahlen zu lassen, hätten wir Österreicher das nicht zuerst erfunden?^^
Dagegen, zumindest einen Teil der Steuern zweckbinden zu können, hätte ich übrigens absolut nichts einzuwenden. Was da plötzlich an Geld für die Bildung und ähnliches da wäre!
Genauso wenig hätte ich gegen eine grundlegende Reform, für was genau wir Steuern zahlen. Steuern auf Leistung (Lohn, Umsatz) sind mMn nicht der Weisheit letzter Schluss, da braucht man kein Ancap sein, um das zu sehen.
Führt uns aber alles schon sehr weit vom ursprünglichen Thema weg...
Über die Mineralölsteuer kommt ein Vielfaches von dem rein was für die Straßen gebraucht würde, nur das landet halt irgendwo. Leider sind zweckgebundene Steuern bei uns verboten. Im Gegensatz zu Gebühren und Beiträgen gibt es bei Steuern keinen Anspruch auf Gegenleistung. Zumindest in der BRD. Kommt alles in einen Topf und was nicht in der Verwaltung hängen bleibt wird mit der Gießkanne verteilt.
Warum das bei Euch so viel besser klappt ist mir ein Rätsel. Als ich in den 80ern mit meinen Eltern immer in den Sommerferien zu Freunden an den Wallersee gefahren bin, wart ihr das arme Land. Natürlich nicht so schlimm wie die DDR oder CSSR, aber die Unterschiede waren trotz der gleichartigen Stellung meines Vaters und des Vaters der österreichischen Familie (beide kleine Beamte) doch gewaltig.
In den 90ern und 2000ern hat sich das Ganze umgekehrt.
Es hat halt seine Vorteile, wenn man sich nicht als Großmacht aufspielen muss.
Ich beneide euch um euer Neutralitätsgebot und um das völlige Fehlen preußischer Großmannssucht.
Warum diese Mentalitätsunterschiede bestehen, kann ich allerdings nicht erklären, unsere Geschichte ist doch sehr eng verzahnt. Gerade der Großmannssucht sollten wir eigentlich ähnlich ablehnend gegenüberstehen. Den letzten Österreicher, der ganz groß sein wollte, teilen wir uns ja auch. Und trotzdem haben wir uns durch die Neutralität, die uns später zum Segen wurde, die Teilung des Landes samt aller Konsequenzen erspart. Dass die Wiedervereinigung bei euch so gelaufen ist, wie sie gelaufen ist (man beachte bitte die elegante Rückkehr zum Ausgangspunkt), mag durchaus dazu beigetragen haben, dass uns mehr Geld für die Infrastruktur blieb, was dann selbstverständlich auch den Standort aufpoliert und damit einen wirtschaftlichen Rattenschwanz nach sich zieht.
Heute ist unser BIP/Kopf um satte 6% höher als eures. Uns hat die EU nicht geschadet. Was aber vielleicht mit einem weiteren Mentalitätsunterschied zusammenhängt:
Bei uns ist die Tatsache, dass eine Vorgabe auf dem Papier besteht, noch lange kein Grund, diese auch zu befolgen. Wir machen uns einen Sport daraus, Regeln so lange zu verbiegen und zu umgehen, bis sie kaum mehr erkenntlich sind. Die Stadt Wien versucht vielleicht, uns das Essen in den Öffis zu verbieten, aber viel Spaß beim Exekutieren dieser Regel. Ain't happening. Mit Regeln aus Brüssel verhält es sich ähnlich, sie werden vor der praktischen Anwendung einem eher intuitiven Intelligenztest unterzogen. Irgend ein "Seitentürl" für Vorschriften, die den Test nicht überleben, haben wir bislang immer noch gefunden.
Dem typischen Deutschen hingegen ist das Gesetz Gesetz. Meine deutschen Arbeitskollegen benötigten jahrelanges Training von Einheimischen, um in der Lage zu sein, Anweisungen der Chefin zu ignorieren, wenn diese offensichtlich nicht sinnvoll waren. Als Österreicher musst' so was nicht lernen, und du konzentrierst deine Energie lieber auf sinnvolle Arbeiten.