In dieser Reihe schreibe ich über Rechtsgrundsätze und aktuelle Themen die mit Recht zusammenhängen.
Gründungs- und Sitztheorie
Wir befinden uns im Jahr 2002. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte über eine Vorlage des deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) zu entscheiden. Diese Entscheidung sollte das Gefüge der deutschen Unternehmenslandschaft erheblich durcheinanderwirbeln.
Doch was war passiert?
Ausgangslage: Eine in London gegründete und dort ansässige Gesellschaft des Typs "private limited company" (kurz: Ltd.) hatte ihren Geschäftssitz nach Deutschland verlegt. Ihre geschäftlichen Aktivitäten in Großbritannien gab sie ganz auf.
Das Besondere an diesem Fall ist, dass die Limited mit einem Festkapital von einem Pfund gegrüdet werden kann. Sie hat nach englischem Recht eine eigene Rechtspersönlichkeit und ist keine Personengesellschaft. Das heißt: die Ltd. haftet nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschafter selbst haften daher nicht mit ihrem Privatvermögen. In Deutschland gab es dieses Modell auch, in Form der GmbH. Jedoch beträgt bei ihr das Stammkapital 25.000 €.
Hier wird klar, von Seiten der deutschen Gerichte bestand kein Interesse daran, die Rechtsfähigkeit der Ltd. anzuerkennen. So könnte nämlich das Modell der GmbH ausgehöhlt werden.
1. Der BGH vertrat bei diesem Meinungsstreit die Sitztheorie:
Nach ihr sollte maßgeblich sein, wo eine Gesellschaft tatsächlich ihren Hauptverwaltungssitz hat. Wo hingegen die Gesellschaft gegründet wurde, sollte unerheblich sein. Nach dieser Ansicht wäre deutsches Recht anzuwenden gewesen und die Ltd. hätte nicht anerkannt werden müssen.
Letztendlich legte der BGH dem EuGH (welcher dem BGH übergeordnet ist) die Sache zur Entscheidung vor.
2. Die Position des EuGH war die Gründungstheorie:
Danach unterliegt eine Gesellschaft dem Recht desjenigen Staates, in welchem sie gegründet wurde. Sollte sie ihren Sitz verlegen, wird sich daran nichts ändern. Der EuGH entschied, dass die Sitztheorie des BGH mit der EU-Niederlassungsfreiheit unvereinbar sei (Art. 49, 50 AEUV) und somit als europarechtswidrig zu qualifizieren ist.
(Bild: Großer Saal des EuGH)
Folgen der EuGH Entscheidung
Die Ltd. (und alle anderen Gesellschaftsformen der EU Staaten) wurde(n) als rechtsfähig anerkannt. In Deutschland kam es zu einem regelrechten Ltd-Boom. In Großbritaninen wurden massenhaft Ltds. gegründet, welche dann ihren Sitz nach Deutschland verlegten.
Dieser Boom ging erst wieder mit dem Inkrafttreten des § 5a GmbHG im Jahr 2008 zurück.
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Hallo @theobaldjoachim,
danke für diesen Post. Du hättest noch dazu erwähnen können, dass die Gründungstheorie jetzt schon bald wieder in Bezug auf britischen Ltd. gelten könnte. Nämlich wenn der Brexit wirklich durchgezogen wird und es keinen entsprechenden Deal gibt, der eine Regelung diesbezüglich enthält.
Wir haben an der Uni gelernt, dass die Ltd. schon mit einem Pfund Stammkapital gegründet werden kann. Wie kommst du auf 250 Pfund? Sind da Gebühren dabei?
Bist du eigentlich Volljurist oder ein Student wie ich?
Das mit dem einen Pfund hast du natürlich richtig gesehen, da hab ich mich vertan. Habs geändert ;)
Den Brexit habe ich nicht explizit angesprochen, am Ende spreche ich aber von "Gesellschaftsformen der EU Staaten". Ich ging davon aus, dass sich daraus für den Leser ergibt, dass nicht EU Staaten wie die Schweiz und ggf. Großbritannien von der Gründungstheorie nicht (mehr) erfasst werden. Bei näherem Hinsehen hätte ich das natürlich klarer darstellen können.
Ich bin Student und schreibe im Februar das 1. StEx.
Und du?
Ich bin ebenfalls Student und bereite mich auf Staatsexamen vor. nächstes Jahr ist es so weit. Ich studiere im Saarland und du?
BaWü.
Das war sehr interessant. Und du hast es geschafft, ich habe § 5a GmbHG gegoogelt und durchgelesen. :)
Danke dir für die warmen Worte ;)
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