Letzte Woche saß ich am Terminal in Istanbul fest. 6 Stunden. Was soll man da machen?
Schlafen ist riskant; jeder der schonmal einen Flug verpasst hat weiß wie unangenehm das sein kann. Natürlich kann man einen Wecker stellen, aber vielleicht hört man den ja nicht…
Essen kann man eigentlich auch nur für ein paar Minuten. Die Essenskünstler unter uns können das vielleicht auf eine halbe Stunde oder gar eine Stunde verlängern, aber dann sind immer noch 5 Stunden übrig.
Natürlich ist da Youtube, Facebook & Co., aber es gibt tatsächlich noch Orte an denen man schlecht ans Internet kommt. Da wäre z.B. der Flughafen in Istanbul. Ist man es eigentlich schon gewöhnt „free wifi“ an diesen öffentlichen Orten zu haben, so war es doch eine Überraschung, dass man für die kleine Dosis Internet am Istanbuler Flughafen zahlen muss.
Zahlen für das Internet? Wir sind zwar alle Abhängig davon, aber bei den meisten (Deutschen?) hört der Spaß da auf wo gezahlt werden muss. Also entschied ich mich auch nichts zu zahlen. 6 Stunden bekommt man doch irgendwie rum, oder?
Flughafen Istanbul 2017
Mittlerweile saß ich bei Starbucks. Da gab es wenigstens gemütliche Sessel und nicht die harten Plastik- oder Metallstühle, die man sonst im Wartebereich angeboten bekommt. Ich packte meine Ohrstöpsel raus und stöpselte sie in mein Handy: Musik hören. Das ging für etwa 2 Stunden gut. Danach wurde mir aber langweilig.
Ich schaute auf die Uhr und es waren noch 3 Stunden übrig. 3 Stunden. Wenn man noch die Zeit für das Boarding abzieht dann vielleicht noch 2 ein halb. Aber das ist immer noch nicht gerade wenig...
Also begann ich Menschen zu beobachten. In Istanbul gibt es eine ziemlich große Vielfalt an Menschen. Da gibt es z.B. dicke und dünne Menschen, Menschen mit langen oder kurzen Harren, Menschen mit und ohne Kopftuch, Menschen mit schwarzen oder bunten Kleidern, Menschen mit zwei oder sogar drei Koffern, Menschen die alleine sind oder mit der Familie unterwegs sind, junge Menschen und auch alte Menschen.
Es war auf einmal ganz und gar interessant Menschen zu beobachten. Sie in ihrer Umgangsweise zu beobachten. Ich sah wie sie miteinander sprachen, miteinander Blicke austauschten, wie sie miteinander stritten, sich gegenseitig anfassten und Zärtlichkeiten austauschten. Auf einmal hatte ich meine Langeweile vergessen. Sie war verflogen—in dem Moment ganz verflossen und nicht mehr auffindbar. Denn meine Aufmerksamkeit hatte ich nun auf diese Dinge gerichtet.
Langeweile, so scheint es, stellt sich ein, wenn man nichts zu tun hat. Doch dieses Nichts ist viel mehr. Denn im Nichts gibt es ziemlich viel zu entdecken solange man ihr Aufmerksamkeit schenkt. Langeweile ist die Möglichkeit etwas über die Welt neu zu erfahren, über die Welt zu lernen und sie zu erkunden—sei es die Welt da draußen oder die Welt da drinnen. Dieser kleine Sprung im Bewusstsein ermöglicht die Einsicht in etwas Neuartiges und etwas Wunderbares zugleich.
Die lange Weile kann sich sehr schnell zu einer kurzen Weile verändern; man muss nur lernen mit ihr richtig umzugehen.
TobeTada2017
Langeweile muss gelernt sein, die meisten verzweifeln daran, weil sie nicht in der Lage sind, mit sich alleine zu sein.
genau das ist der springende Punkt!