Holocaust: Man konnte es wissen, musste es aber nicht

in #deutsch6 years ago (edited)

In meiner Filterblase auf Facebook geht gerade ein sieben Jahre alter Artikel neu herum. In ihm wird von einem Tagebuch berichtet, das ein Zeitzeuge zur Zeit des Nationalsozialismus geschrieben hat und wie ihm klar war und wurde, dass die NS-Regierung mordet. Er sprach von „der Ausrottung der Juden und Polen“. Lesen Sie den Artikel selbst, er ist es wert.

Geteilt wird dieser Artikel mit zwei Begleittexten. Entweder, dass er belege, damals habe jeder alles gewusst und dürfe sich nicht entschuldigen, oder aber, dass sich in der Zukunft keiner herausreden dürfe, was heute passiere.

Beides ist zu kurz gegriffen.

Informationen sind immer verfügbar

Ich erinnere mich an einen Fall vor einigen Jahren, wo ein Professor in Russland zu vielen Jahren Lagerhaft wegen Spionage für die USA verurteilt wurde. Sein Verbrechen: Er hatte Zeitungsausschnitte an die Botschaft der USA geschickt. Zeitungsausschnitte, also frei verfügbare Informationen.

Leider finde ich keine Artikel zu dem Urteil mehr, aber ich habe ein ähnliches Urteil aus Dänemark gefunden, wo ein Hochschullehrer anscheinend wegen der Weitergabe von Kontaktdaten von vielversprechenden Studenten wegen Spionage verurteilt wurde.

Kivimäki would never have received a five-month prison sentence for espionage, had he passed on a list of names of promising students who could be recruited to work for France, the US, the UK or Israel, and if he had passed on information about the director of the Danish Centre for Military Studies to French, American or British diplomats,” he said.

Die Weitergabe von Kontaktdaten von Personen, die garantiert in Sozialen Netzwerken aktiv waren, wurde als Spionage ausgelegt. Weil der Hochschullehrer sie Russen gegeben hatte, die von der Justiz als Agenten identifiziert wurden. Auch hier wurden keine Geheimdokumente weitergegeben. Niemand lief mit einer Kamera im Knopfloch herum und fotografierte militärische Anlagen oder Blaupausen. Es wurden frei verfügbare Informationen gesammelt.

Tatsächlich ist es nämlich so, dass fast immer fast alles bekannte Wissen mit ein wenig Arbeit verfügbar ist, heute dank Internet natürlich noch viel mehr als früher. Egal was Sie lernen wollen, Sie werden mit Fleiß und Intelligenz die notwendigen Informationen beschaffen können.

Elliot Higgins, ein Studienabbrecher und Angestellter hat daraus eine Karriere gemacht, indem er während seiner Arbeitslosigkeit Videos und Bilder aus Syrien ansah und sich im Internet die Informationen beschaffte, was das für Technik sei. Ohne jeden militärischen oder fachlichen Hintergrund machte er sich so selbst zu einem Experten für die verwendeten Waffen in Syrien und zu einem Fachmann für Open Source Recherche. Heute unterrichtet er seine Methoden sogar. Das von ihm gegründete Unternehmen Bellingcat konnte unter Heranziehung der unterschiedlichsten freien Informationen wie Bilder von Webseiten, Google Maps, Fotos auf Sozialen Netzwerken, etc., die Position von russischer Artillerie, die auf ukrainische Truppen schoss, akkurat innerhalb Russlands identifizieren, sie konnte den Ort von Hinrichtungsvideos erkennen und vieles mehr.

Der Schauspieler Shia LaBeouf hat im Rahmen einer Kunstaktion gegen den US-Präsidenten Donald Trump eine Fahne mit „He will not divide us“ an einem geheimen Ort in den USA aufgehängt. Die Fahne war in nur knapp über einem Tag gefunden und entfernt. Die Trolle hatten dabei Sternenkonstellationen und Kondensstreifen analysiert, um den Ort innerhalb des gewaltigen Landes einzugrenzen.

Doch während alle Informationen verfügbar sind, kommt es darauf an, sie zu nutzen. Und vor allem: Sie richtig zu nutzen. Die Auswahl, welche Informationsquellen zuverlässig sind und welche man nutzt und wie man sie nutzt ist die wirkliche Kunst. Man muss auch intelligent und kreativ genug sein, um selbst auf die Idee zu kommen, gewisse Informationen als Quelle zu nutzen. Und diese anschließend mittels Quellenkritik (Hier ein längerer Artikel zur Quellenkritik von mir) richtig bewerten.

Es kommt also darauf an, was Sie mit den Informationen machen!

Lesen Sie den Rest des Artikels hier auf meiner Webseite

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