Endlich finde ich die Zeit!
Hallo Christiane,
bevor die Wörter fließen, werfen wir zuerst einen Blick auf das gierige Monster vor unserer Tür, das Werbung konsequent ausspuckt und Rechnungen ganz nach hinten in die dunkle Ecke schiebt.
Es ist ein ausgedienter Bienenkasten, dem ich ein Dach verpasst habe und von einer kleinen Holzstütze immer offen gehalten wird.
Absperren war gestern. Denn da erreichten sie uns noch, die Briefe, die auch du so vermisst. Handgeschrieben und auf unterschiedlichstem Papier festgehalten.
Ein Stück Karton mit Briefmarke und Stempel, ein beschriebener Bierdeckel und ein gefülltes Bambusrohr. Alles war schon dabei.
Da es in der kleinen Familie auch eine äußerst kreative Person gibt, zieren diese Briefe heute, wie eine Tapete, eine ganze Wand in unserem Haus.
Es scheint an der Zeit das Tintenfass wieder näher beizuziehen.
Nostalgisch angehaucht und ein wenig wehmütig ...
Wolfram
Hallo lieber Wolfram,
wie sehr ich mich über deinen Kommentar freue! Nicht nur über das integrierte Foto, welches mit dem gefräßigen Bienenmonster (oder so ähnlich) die perfekte Abrundung des Artikels bietet. Irgendwie habe ich nämlich an dich gedacht, als ich den Beitrag "im Kasten" hatte. Habe tatsächlich kurz überlegt, ob ich mir da etwas von deinem Stil abgeguckt habe, war jetzt mal ganz anders als sonst.
Inspiriert haben mich zum einen die (Arbeits)zeugnisse, die ich gerade schreibe, von denen ich mich aber periodisch ablenken muss, und eine Urlaubskarte von einer Freundin, von der ich bestimmt ein Jahr nichts gehört habe. Sie ist eine große WhatsApp-Liebhaberin, ich hasse "Wie geht's denn so" auf diese Art. Nachdem von mir in immer größeren Abständen "Gut, danke" kam, schlief die Kommunikation ein. Schade, war es doch eine Kindergartenfreundin (!), nicht schade, kann ich auf solchen Austausch verzichten. Aber über die Karte habe ich mich unendlich gefreut! Ich werde ihr einen Brief schreiben!
Und "nostalgisch" hättest du nicht schreiben dürfen... So sitze ich hier und denke über all die Brieffreundschaften nach, die ich als Kind und Jugendliche gepflegt habe und an den riesigen Frevel, den ich im Rahmen eines dämlichen esoterischen Anfalls im Sinne von "Befreie dich von allem Ballast" bezüglich meiner über Jahre gehegten Briefsammlung begangen habe. Nein, keine öffentlichen Tränen.
Tschä, auch wir werden nicht zu Goethe und Schiller, besitze ich im Gegensatz zu dir nur einen einzigen Füllfederhalter, dessen Tinte seit Jahren vertrocknet ist...
Auch etwas wehmütig aber nicht depressiv grüßt
Christiane