Der Kammerjäger
Wenngleich ich die Art und Weise dieses Zusammentreffens nicht als angenehmen bezeichnen würde, so legt sich meine Anspannung und ein Lächeln macht sich auf meinem Gesicht bemerkbar.
" Nimm es mir nicht übel, aber ich konnte mir diesen Spaß einfach nicht verkneifen. Jetzt hast du zumindest den Tag über mal wieder etwas Spannendes erlebt." Wieder lacht er, während er ein silbernes Zigarettenetui hervorholt. Er steckt sich eine Zigarette an und auf sein Angebot hin tue ich es ihm gleich. Da sich die Situation für mich wieder als normal bewerten lässt, will ich nun den Hintergrund seines Erscheinens erfahren.
" Na Jack, lange nicht sehen. Ein gutes Jahr sicherlich. Ich dachte du hast mich vergessen? "
" Ja Atilla, ein ganzes Stück Zeit ist vergangen… Genauer gesagt 256 Tage. Sicher weißt du noch, worum es bei unserem letzten Treffen ging, wenn du mir eine solche Frage stellst. Um dir das Gegenteil zu beweisen können, habe ich dich herbringen lassen. Meine Bemühung war etwas zeitintensiv, aber dennoch von Erfolg gekrönt. "
Jack Albrecht, der Mann, welcher mir gegenüber sitzt, ist einer von maximal fünf Personen, die meinen wahren Namen kennen. Wie selten spüre ich diese persönliche Vertrautheit, wenn ich mit Atilla angesprochen werde. Und tatsächlich, man könnte fast sagen, dass Jack einer meiner Freunde ist. Auch wenn ich oft genug behaupte keine zu besitzen. Zumindest gehört er zu einem Kreis vertrauter Personen und noch dazu ist er eine recht mächtige Persönlichkeit. Verdient hat er sich seinen Einfluss und auch sein finanzielles Kapital, indem er spezielle Problemlösungen anbietet. Er selbst hat mir einmal gesagt, dass er sich als eine Art 'Rechte Hand der Moral' sehe, was genau das bedeutet, habe ich schon mit eigenen Augen gesehen. Der Spitzname, den ihm die Unterwelt gegeben hat ist vielleicht etwas aufschlussreicher. Sie nennen ihn den Kammerjäger, weil er die Ratten unter den Menschen aus unserer Umwelt extrahiert und beseitigt. Auf den Punkt gebracht ist er quasi ein Problemlöser der Besonderen Sorte, der vor keiner Herausforderung zurück schreckt.
"Also Atilla, kommen wir direkt zur Sache, heute steht noch einiges an. " Er kramt in einer Aktentasche und holt einen Schlüssel zum Vorschein.
"Chebny-Gasse Nummer Vier. Der Schlüssel passt in die Seiteneingangstür. Du wirst dann finden, wonach du schon so lange suchst. "
Ein Mann von meinem Schlag. Ohne große Worte zu verschwenden, nennt er das Kind beim Namen.
"Danke Jack, das bedeutet mir wirklich viel. Ich weiß das wirklich… "
Jack fällt mir ins Wort.
" Ich weiß Atilla, du musst mir nicht danken. Erzähl mir lieber von deinem anstehenden Vorhaben mit Doktor Krushnow."
Natürlich wusste er davon, das hätte ich mir denken können. Nichts entgeht diesem Mann, deswegen ist er wohl geworden, wie er geworden ist.
" Nun, wie ich dich kenne weißt du doch bereits alles, was du wissen musst. Oder nicht? "
Jack lacht und kratzt sich mit dem Zeigefinger an der rechten Schläfe.
"Du schmeichelst mir Atilla, aber ja. Mich interessiert allerdings, welchen Ausgang du dir erhoffst? Wir wissen Beide, dass gewisse Risiken existieren. "
Ich nicke zunächst, da ich nicht recht weiß, was ich antworten möchte. Allem Anschein nach zögere ich eine Sekunde zu lange, denn er kommt meiner Antwort zuvor.
"Ich verstehe Atilla, du musst nicht darüber reden. Aber überlege weise welche Schritte du gehst. Ich hoffe wir sehen uns bald einmal wieder. Jetzt erst einmal viel Spaß. Ruf mich an, wenn erledigt ist, was du zwingend erledigen willst und ich kümmere mich um das Übrige. "
Wir waren ein ganzes Stück gefahren und ich erblicke durch die Fensterscheiben ein Straßenschild mit der Aufschrift 'Chebny-Gasse'. Ich war also bereits an meinem spontanen Zwischenziel angelangt.
Für einen Moment blicke ich Jack in die Augen, während ich Ihm die Hand schüttle. Mit einem Nicken verabschiede ich mich von ihm, bevor ich schließlich die Tür des Wagens öffne und mich ins Freie begebe.
Gewiss ist es kein Zufall, dass Jack heute mit dieser Angelegenheit auf mich zurückkommt. Jede einzelne seiner Handlungen ist berechnend. Nur kann ich die Motivation nicht eindeutig bestimmen. Entweder erhofft er sich einen zukünftigen Gefallen bei mir einstreichen zu können, oder aber er hat ernsthafte Bedenken, was die Erfolgsrate meines Projektes betrifft. Denn für den Misserfolg ist eines klar, mein Leben wäre beendet. Doch für den Moment habe ich ganz anderes im Sinn. Ein dunkles Kapitel meiner Vergangenheit wartet darauf bereinigt zu werden. Heute ist der Tag, an dem ein Schlussstrich gesetzt wird. Meine Motivationsgründe zu bestimmen, ist nicht gleich heikel wie bei Jack. Es ist ein simpler Antrieb, die Rache. Nachdem einer meiner alten Wegbegleiter den Verrat der Loyalität vorgezogen hat, wird dieser nun erfahren, wie wichtig mir dieser Wert bei einer Person ist.
'Der Patient' - Inhaltsverzeichnis
#1 - Alea iacta est!
#2 - Hals über Kopf
#3 - Monolog: Vision & Anliegen
#4 - Er ist zurück
#5 - Der Alte Commodore
#6 - Unverhofft kommt oft
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Ein sehr interessanter Beitrag
Ein sehr professionell gefertigtes Material, das sich zu empfehlen lohnt
Es ist toll zu lesen, ich warte auf die nächste Portion von neuen Posts
Grüße Schöpfer
loved it sir.
dude, you do not get it, right? #TBopt-out