Erinnerungen für den Papierkorb
Was man nicht alles entdeckt, räumt man endlich die Ordner auf dem Desktop auf. Mein ausgesprochener Ordnungsfimmel funktioniert oberflächlich gut, wenn ich einfach Dateien in einen Ordner, eines Ordners, eines Ordners „für später“ räume. Das ist die digitale Version eines Zettelkastens. Stöbert man in diesem Haufen guter Vorsätze, lassen sich aber auch tolle Dinge finden, die - wie sollte es anders sein - dem Gedächtnis längst entschlüpft sind, womit dieser seinen ursprünglichen Zweck erfüllt: Man kümmert sich ein andermal darum.
So geschehen auch in den angelegten Ordnern der Coronazeit. Was habe ich da nur alles gesammelt! Arbeitspapiere der WHO, des BZgA, WEF, RKI, Bundesregierung, etc. Statistiken und Videos zu allen relevanten Themen. Bei dieser Überflutung mit Information kommt man ja kaum mit - da braucht es eben Ordner, in Ordner, in Ordner … für später. Da ich aber nicht mehr in dieses Thema einsteigen werde, landen diese jetzt im Papierkorb. Schließlich wurde schon alles gesagt, und das meiste, was wir ollen Aluhüte gesagt hatten, bewahrheitet - die Studien sind im Umlauf; und keinen interessiert es. Nur uns, aber wir sind ja Spinner, Wichswichtel, Putinfreunde. Und der kommende Krieg wird jeglicher Aufarbeitung im Weg stehen.
Beim Aussortieren stöbere ich einiges durch. Hier ein PDF, dort ein Video oder auch eine E-Mail. Schmunzeln mußte ich bei dem Parteiprogramm von Wir2020. Das hat ja für Wind gesorgt, bis Bodo Schiffmann ausstieg, und bevor noch die erste richtige Sitzung stattfinden konnte, die Partei auseinanderflog. Sie existiert noch, aber kommt auf keine 2000 Stimmen. Zu der Zeit tauchten von überall her die unterschiedlichsten Gestalten auf. Grandiose wie Gunnar Kaiser, und dann auch die sehr skurrilen, dessen Namen ich schon vergessen habe. In diesem Chaos wurden viele Initiativen gegründet, von denen die meisten nun brachliegen und nur aus Trotz einem 404 ausweichen. Man wurde Zeuge großer Zivilcourage, utopischen Ideen, und geplatzten Seifenblasen. Bittersüß. Und es berührt mich mit einem Hauch der Melancholie, daß diese Zeit, in der viele von uns begriffen, daß hier etwas Historisches geschieht, schon so weit zurückliegt, wenn es auch nur ein paar Jahre sind. Wieso vermisst du diese Zeit? Mag man fragen. Es ist nicht, weil sie toll war, nein, ganz im Gegenteil! Es war diese Zeit aber noch nicht so gefährlich wie heute, so kurz vor dem Krieg. Wenn ich also die PDFs und Videos in den Papierkorb schiebe, dann ist das auch ein Abschluss - ein Schlussstrich - ein Abschied von der alten Welt, die unwiederbringlich fort ist. Vor uns liegt nur noch der Wiederaufbau, und das Graben von riesigen Leichengräbern.
Warum so düster?!
Viele von uns haben in diesem Chaos versucht einen stabilen Boden zu finden. Mal waren wir erschüttert und verzweifelt, ohnmächtig und zornig, dann verklärt und nur aufs „Positive“ gerichtet, mal fast nicht mehr inkarniert, fast im Nirwana, mal im Vollrausch in den Klamotten eingeschlafen. Zwischen zu viel Realität und Realitätsverweigerung pendelte man sich so durch diesen „Untergang in Zeitraffer“. Das ist alles auch verständlich. Niemand kann behaupten, wir stehen nicht vor einer Zeitenwende. Und ganz ehrlich; wer meint, es wäre doch alles wie immer und halb so schlimm, es ist nur das Internet, das alles so aufbauscht ☝️, hat nicht mehr alle Latten am Zaun. Das ist geradezu verachtenswert, so etwas zu behaupten.
Aber die Mischung aus Nostalgie (als noch ein Widerstand möglich schien) und kühler Gewissheit, der Weltkrieg wird bald ausgetragen, bringt mich dazu, ein letztes Mal Resümee zu ziehen, bevor ich endgültig loslasse. Nicht aus Verzweiflung, sondern aus der Gewissheit heraus, es müsse nun kommen, was kommen muß. Denn die Hoffnung, eine Bürgerschaft zu finden, die endlich aufwacht und den Braten riecht, um geschlossen gegen diese korrupte, abscheuliche Regierung auf die Straße zu gehen, läßt sich nicht finden. Im Gegenteil. Außerhalb meiner Blase höre ich den Normie den Krieg rechtfertigen. Mit Worthülsen aus der Glotze.
Dass es so einfach ist …
Insofern richte ich den Blick meines Herzens in den Himmel, arbeite ansonsten jeden Tag einen Job, und erledige meine Pflichten - schließlich muß man Miete zahlen und Essen. In der Seele das Gefühl der Dankbarkeit gegenüber dem Schicksal, einen Sinn im Ganzen gefunden zu haben, und der Gewissheit, dass wir alle sehr bald zügig lernen werden, dass auf der Erde nichts für ewig ist.
Und wenn das auch spirituell klingen mag; nichts ist mir mehr zuwider als dieses verklärte Gesäusel von „alles wird gut“, „sind ja nur physische Hüllen“, „es wird noch ein Wunder passieren - wir müssen nur voller Liebe und Empathie sein“, etc. Etwas egoistischeres kann man gar nicht von sich geben als das. Ganz zu schweigen, wie groß der Mangel an Empathie in einem sein muß angesichts all der unzähligen Opfer!
Aber warum so düster? Nun, kurzgefasst: Die Zivilisation geht ihrem Ende entgegen, und das bedeutet unendliches Leid. Dass wir, als zähe Spezies, eine neue Welt bauen werden, und nach meinem Bauchgefühl auch eine bessere, entschuldigt nicht eine Gleichgültigkeit gegenüber dem bevorstehenden Leid. Es sei denn, man ist schon zum Roboter geworden.
Weltkrieg, wirklich?
Klar. Die Hurra-Rufe einiger Trump-Fans - der Applaus zu JD Vance’s Rede bei der EU, die Abservierung von Selenskyj im Oval-Office - geschenkt. Wer darin einen Zeitenwandel erblickt, ein Ende der linksgrünen Idiotie und den Tod der wahnsinnigen Woke-Bewegung, ist noch maximal am Schlafen. Über Jahrzehnte haben die USA federführend einen Keil zwischen Europa und dem Osten gesetzt. Der Ukraine-Konflikt ist nicht so eindimensional, daß man ihn, getreu einem von Hollywood-Filmen geschulten Gehirn, in Gut und Böse einteilen kann. Jetzt ist dieser Konflikt so sehr verschärft worden, daß die (meiner Meinung nach) installierten Korrupten in den europäischen Regierungen nur einen Weg kennen: und zwar Richtung Krieg. Und nun, plötzlich, schwatzt die USA irgendetwas von Werten und Meinungsfreiheit? Und dass sie nicht in der NATO bleiben, oder mit der EU, wenn sie nicht die gleichen Werte teilen? Oder dass Selenskyj jetzt nicht so dolle ist, wenn er frech wird, und deshalb die Unterstützung überdacht werden muß?
Die USA rechtfertigen scheinheilig ihren Rückzug aus dem Konfliktgebiet, das sie selbst maßgeblich mit angezettelt haben, damit sie nicht in den unausweichlichen Konflikt mit hineingezogen werden muß. Falle legen - den „Freund“ hineinlaufen lassen.
Möge noch ein Wunder geschehen.
Papierkorb leeren
So, dann bringe ich mal diesen kleinen Eintrag zum Abschluss. Lange habe ich nicht mehr auf Hive geschrieben. Immer wieder schaue ich rein, um die anderen Hiveianer zu lesen. Aber seit langem wird es sehr, sehr ruhig hier, und es gibt auch keine Artikel, die mich sonderlich interessieren. Entweder geht es um Kryptos, Gewinnspiele, oder belangloses. Dann und wann erwische ich einen Artikel mit einer interessanten, erhellenden Meinung. Aber es scheint, man möchte hier nichts mehr von zu ernsten Dingen wissen. Damit ist aber diese Plattform irrelevant. Sehr schade. Ich mag die Idee von Hive sehr gerne, und es ist traurig, daß es sich nicht durchsetzen kann. Denn hier habe ich mir auch oft die Seele erleichtern können, und andere sehr gewitzte Blogger lesen dürfen.
Und einen Thailand Blog werde ich nicht machen, so gerne ich auch in diesem Land lebe. Das können andere besser.
Ich stöbere jetzt noch ein wenig in dem Ordner, im Ordner, im Ordner, um die Zeit aufleben zu lassen, als Widerstand noch möglich schien, bevor ich den gefüllten Papierkorb öffne, und auf „Löschen“ drücke.
Es wird Zeit.
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