Eine Erfahrung mit Privatpatienten

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Hallo Freunde,

wisst ihr was das Schöne am Rettungsdienst ist? Es gibt keinen Unterschied ob man jetzt gesetzlich versichert ist, privat oder gar keine Versicherung besitzt. Gut im letzten Fall spielt es eine Rolle ob man als Tourist hier ist oder einfach Obdachlos. Im letzten Fall zahlt für das ganze das Sozialamt der Kommune, in der die Person ihren regulären Aufenthaltsstatus hat. Manchmal haben die Leute auch eine Krankenversicherung, aber keine Karte, weil sie sie verloren haben oder ein Krankenhaus sie nicht zurückgegeben hat. Aber am Ende bekommt jeder eine Behandlung und zwar jeder die gleiche. Tatsächlich hat man als Kassenpatient sogar einen kleinen Vorteil in der Aufnahme. Denn wir können, zumindest in Bayern, die Daten von der Krankenkassenkarte einlesen und haben die wichtigsten Informationen über die Person wie Adresse, Name und Geburtsdatum, dazu noch die Krankenkasse. Diese Informationen können so schnell eingelesen und eingetragen werden. Manuell braucht es ein paar Minuten und manchmal entstehen dabei Fehler, vor allem bei komplizierten Namen.
Aber am Ende des Tages spielt es keine Rolle. In Bayern ist es sogar so, dass wir am Ende gar nicht für die Einsätze bezahlt werden, sondern von den Kostenträgern, also den Krankenkassen, die Ausgaben für den Rettungsdienst erstattet bekommen. Damit diese Nachzahlung nicht zu hoch wird und Privatausgaben für die Leistungen mit einbezogen werden, wird jede einzelne Fahrt abgerechnet und in Bayern über die Zentrale Abrechnungsstelle in München gesammelt. Diese Einrichtung schickt die Rechnungen an die Kostenträger und sammelt dabei das Geld ein. Wenn man einen Rettungswagen oder ein anderes Rettungsmittel betreibt, sagt man wie viel man braucht um dieses Auto für die Schicht zu betreiben. Zum Beispiel sagt man dann, dass man 90 Euro die Stunde braucht um einen KTW in der Großstadt zu betreiben. Dieses Geld bekommt man dann und am Ende gibt man die tatsächlichen Kosten an. Wobei man nicht alles verrechnen kann. So sind zum Beispiel Leiharbeiter nicht von den Kostenträgern getragen. Aber am Ende wird die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten und denen die schon erstattet wurden, gezahlt. Beim BRK redet man hier für ganz Bayern über eine Summe von etwa 12 Millionen für die Coronajahre, die als Differenz bestehen. Diese 12 Millionen decken etwa 80% des bayerischen Rettungsdienstes ab, während dieser Jahre hat man aber auch weniger Einsätze gehabt und hatte höhere Kosten.

Und jetzt sind wir an einem Punkt, auf den ich raus wollte. Am Ende ist für uns der beste Moment der, an dem wir einfach auf der Wache sitzen und nichts machen. Dann muss mein Dienstherr nur ein paar Euro mehr für den Strom den wir verbrauchen zahlen, weil der Fernseher läuft, aber keinen Sprit, keine Verbrauchsmaterialien und die Ausrüstung wird nicht abgenutzt.

Und dann kommen bestimmte Privatversicherte, die sich bei uns beschweren, warum wir kein besseres Auto schicken, vor allem wenn wir mit unseren alten Fahrzeugen kommen. In der Stadt fahren wir mit Krankentransportwagen und Rettungswägen rum, die teilweise zehn Jahre und älter sind. Auf dem Land ist die Technik moderner, aber das kommt durch die weiteren Strecken, die Autos werden nach 260.000 oder 300.000 Kilometern ausgemustert. Ich meine am Ende zahlen unsere Einsätze vor allem die gesetzlichen Krankenkassen. Aber ich finde es immer spannend, wenn dann die Beschwerden kommen, warum man dann in der Notaufnahme warten muss, warum man nicht schneller drankommt, nicht in sein Wunschkrankenhaus fahren kann, warum nicht zum Wunscharzt und warum wir nicht die Feuerwehr rufen, sondern den unbequemen Weg die Treppe runternehmen und dazu nur ein anderes Rettungsmittel rufen. Ich verstehe nicht woher dieser glaube kommt, man sei ein besserer Mensch und verdient eine bessere Behandlung als andere. Inzwischen ist meine normale Antwort darauf, wenn jemand sagt, „aber ich bin Privatversichert“ nur noch „wir behandeln sie trotzdem“.

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"Wir behandeln Sie trotzdem" guter Spruch :D

90 € für einen KTW pro Stunde (mit sprit und 2 mitarbeitern?) hört sich günstig an

Das kommt in der Großstadt in Bayern etwa hin. Wir dürfen mit dem Rettungsdienst keinen Gewinn machen und wenn wir von einer zwei Mann Besatzung ausgehen, einem Rettungsdiensthelfer und einem Rettungssanitäter, die einen Einsatz die Stunde schaffen, bei 12 Kilometern durchschnittlicher Fahrtstrecke, kommen wir auf:

Rettungsdiensthelfer: Lohnkosten von 24 Euro gerundet,
Rettungssanitäter: Lohnkosten von 25,50 Euro gerundet,
2 Euro pro Kilometer an kosten, also 24 Euro da noch,

kommen wir auf 73,5 an Grundkosten und der Rest sind dann Verwaltung, Gebäude, Urlaub usw. Wobei die Rechnung nur aufgeht, wenn man Mitarbeiter ohne Erfahrungsstufe hat und teurere Mitarbeiter müssen durch Bundesfreiwilligendienstleistende oder Ehrenamtliche kompensiert werden.

Ich gehe jetzt mal vom BRK aus, https://www.brk.de/verguetung-im-brk.html hier kann man die Gehälter sehen. Und wir gehen von einer Schicht ohne Zulagen aus.

In den USA kostet ein RTW Einsatz ca. $2000 - und die werden erstmal dem Patienten in Rechnung gestellt. Ob und wieviel davon eine Versicherung übernimmt bleibt abzuwarten.
Jedenfalls scheint das ein recht gutes Geschäft zu sein, verglichen mit den €90 hier.

Ein RTW Einsatz kostet in Bayern auch auf einmal 1000 Euro, mit Notarzt nochmal ein paar Euro mehr. Der Unterschied ist nur, dass wir nicht für die Einsätze bezahlt werden, sondern es werden die Kosten der Bereitstellung bezahlt. Die Zentrale Abrechnungsstelle treibt das Geld für die Einsätze ein. Ein KTW z.b. kostet etwa 70 Euro Grundgebühr plus 2 Euro pro Kilometer. Im Schnitt etwa 100 Euro.