Etwas taktische Medizin

in Deutsch D-A-CH4 days ago

Hallo Freunde,

ich war mal wieder auf Lehrgang, um genau zu sein war ich auf einem Lehrgang zum Thema taktische Medizin mit dem Schwerpunkt auf sogenannte LebEl Lagen, also Lebensbedrohliche Einsatzlagen. Damit sind Einsatzlagen gemeint, die man in der breiten Bevölkerung als Terroranschläge oder Amokläufe einstuft, wobei wir damit auch Großschadenslagen ähnlicher Auswirkung mit einführen. Zum Beispiel die Folgen einer Gasexplosion. Es geht primär um traumatsiche Bedrohnungen des Lebens, wobei der Schwerpunkt auf Schuss, Stich und Explosionsverletzungen geht. Wie man diese Verletzungen versorgt ist in einer S3 Richtlinie zusammengefasst. Ich glaube für den Anfang schauen wir uns einmal an, was diese Richtlinien eigentlich sind. In den folgenden Posts schauen wir uns dann einmal genauer an, was man eigentlich wann macht.

Medizinische Richtlinien

In der Medizin gibt es einige Richtlinien an denen man sich orientieren kann. Hintergrund ist, dass es ein dynamisches Feld ist, in dem immer wieder Forschungsergebnisse und Erfahrungen aus der Praxis mit einfließen. Dafür hat man einen Prozess eingeführt, an dem man sich orientieren kann. Wobei man dazu sagen muss, die Leitlinien dienen dazu, dass man sich als Fachkraft darauf berufen kann. Nicht als fixes Gesetz.

S1 Leitlinie

Bei einer S1 Leitlinie handelt es sich um eine Empfehlung die durch eine Expertengruppe in einem informellen Konsens gefunden wurde. Ein Beispiel dafür sind im Rettungsdienst die Richtlinien der Ärtzlichen Leiter Rettungsdienst der Bundesländer, bei der dieses Gremium in jedem Bundesland existiert und festlegt welche Vorgehensweisen angewandt werden sollen. Diese Gremien werden gebildet, indem man die Ärztlichen Leiter der Rettungsdienstbereiche in ein Gremium setzt, dass aber nicht unbedingt repräsentativ sein muss.

S2k Leitlinie

Diese Leitlinie ist durch einen Formalen Konsens entstanden, also zum Beispiel durch Fachtagungen, die ein breites Spektrum an Experten zu diesem Thema versammelt. Ein Beispiel wäre eine Leitlinie die sowohl von den Ärztlichen Leitern der Bundesländer, Fachgruppen an Unis und Instituten und ähnlichen Gebildet wurden. Auf Grundlage dieser Leitlinien wird dann mit der Forschung begonnen.

S2e Leitlinie

Hierbei handelt es sich um eine evidenzbasierte Leitlinie, die sich auf Grundlage der Auswertung klinischer Studien und Forschungsprojekten erwiesen hat. Dies ist die Vorstufe zu einer S3 Leitlinie

S3 Leitlinie

Eine S3 Leitlinie ist eine Leitlinie die durch einen Konsens entstanden ist, der Wissenschaftlich untermauert ist. Also eine Mischung aus einer S2k und S2e Leitlinie, die sich über einen langen Zeitraum bewiesen haben. Das braucht eine ganze Weile, meistens mehrere Jahre. So haben wir seit 2023 eine neue S3 Leitlinie zum Thema Polytrauma und kritischen Blutungen, seit etwa 2012 wurden die vorherigen Leitlinien zusammengetragen, also hat es am Ende 11 Jahre und tausende Studien und Paper gebraucht, um diese Leitlinie zu bilden, was zur Folge hat, wir können uns darauf berufen.

Empfehlungsgrad

Neben den Leitlinien an sich gibt es bei den einzelnen Maßnahmen einen Empfehlungsgrad, der angibt wie wichtig es ist, diese Maßnahmen so anzuwenden. Das kommt daher, dass man immer abwägen muss was man macht und es immer Kontraindikationen gibt und nicht jede Maßnahme einen Erfolg in jedem Fall erfolgt.

Grad A

Hierbei gibt es eine gute Studienlage zu der Maßnahme, es gibt genug Informationen um zu sagen, die Maßnahme funktioniert und bringt etwas. Ein gutes Beispiel dafür ist, dass man zum Beispiel dass man bei einer Reaniomation eine Thoraxkompression durchführen soll, um einen Notkreislauf zu erzeugen. Man redet immer von einer "soll" Maßnahme. Man soll sie anwenden und muss einen guten Grund haben, warum man es nicht gemacht hat.

Grad B

Hiebrei handelt es sich um eine wissenschaftlich fundierte Maßnahme, die jedoch noch nicht so weit untersucht ist, dass man ihre Anwendung empfehlen kann. Deshalb handelt es sich um eine "sollte" Maßnahme. Man sollte sie anwenden, kann aber gut begründet auch sagen, warum man es nicht gemacht hat.

Grad C

Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, denen bisher die wissenschaftliche Grundlage fehlt, die aber durch ein Expertengremium im Konsens angewandt werden. Hintergrund ist, dass es oft keine Studienlage gibt, da diese nicht gut durchgeführt werden können. Ein Beispiel ist die Defibrilation bei der Reanimation. Man hat die Informationen größtenteils durch die Kardioversion, da man die Defibrilation bei einer Reanimation nur schwer erforschen kann, da diese seltenst unter klinischen Bedingungen erfolgt. Ein Beispiel hierfür ist zum Beispiel das Mund zu Mund beatmen bei der Laienreanimation. Die Erkenntnisse dafür kommen von versuchen mit Intubierten Schweinen, was sich nur schwer auf den Menschen ohne Atemwegssicherung auswirkt.

GCP

Und nun schauen wir uns die Good Clinical Practice an. Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um den Gesunden Menschenverstand. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die weder ein Expertengremium noch eine Studie untersucht hat, da man es einfach als Gesunden Menschenverstand anwendet. Hierbei handelt es sich um Geschichten wie zum Beispiel, dass man Blutungen stillen sollte.

Zusammenfassung

Bei den Leitlinien handelt es sich um eine Sammlung von Maßnahmen mit einem unterschiedlichen Empfehlungsgrad. Ich werde in Zukunft die Leitlinie zur Hand nehmen um euch den Hintergrund zu zeigen. Im nächsten Post schauen wir uns Mal die Einsatzlagen an, über die wir reden.