Kamtschatka – Kljutschevskaja 4.750 m, und andere Vulkane, 2001

in Deutsch D-A-CH21 hours ago (edited)

Kljutschevskaja, der höchste Vulkan Eurasiens

Eine selbst organisierte Reise in eine wunderbare wilde Landschaft am Ende der Welt, mit vielen Vulkanen, heißen Quellen und Bären, in der wir etliche aktive Vulkane besteigen.

13.8. – Flug nach St. Petersburg

Wir fliegen über St. Petersburg, wo wir einen Tag verbringen und dabei die Stadt kurz besichtigen.
Die Eremitage

14.8. – Petersburg

Das Panzerkreuzer Aurora, Symbol der Oktoberrevolution 1917

Durch die Prachtstraße Newski Prospekt laufen wir zum Fluss Neva, wo das legendäre Schiff Aurora ankert, und zur Eremitage. Diese Stadt hat bestimmt bessere Zeiten erlebt, aber die liegen ungefähr 200 Jahre zurück. Die letzten hellen Momente hat sie wahrscheinlich vor dem Fall des zaristischen Russlands gehabt. Bei Newski wechseln wir Dollar in Rubel. (1,- DM = 13 Rubel, 1,-€ = 25 Rubel)

15.8. – Petropawlowsk Kamtschatski

Petropavlovsk Kamtschatski, dahinter Vulkan Awatscha

Air Pulkovo transportiert uns sicher nach Kamtschatka, bei schönstem Wetter dreht das Flugzeug eine Sightseeing-Schleife über Petropawlowsk und die umliegenden Vulkane. Der erste Eindruck ist sehr positiv. Die Stadt bedeckt die Hügel an der wunderschönen Awatscha Bucht, Plattenbausiedlungen wechseln sich mit Grünflächen und Ansammlungen von Blechgaragen.

Unsere russischen Begleiter Volodja, Oleg und Sergej warten auf uns, bringen uns nach Severowostotschnyj Gorodok (= Nordöstliche Stadt), zu Volodja nach Hause in den Plattenbau. Im fünften Stock ohne Aufzug und Treppenbeleuchtung erwartet uns eine überraschend gepflegte 4-Zimmer Wohnung. Anja, Volodjas Frau, wartet mit einem perfekten Mittagessen. Drei Zimmer der Wohnung stehen uns neun zur Verfügung. Anja kocht auf, sie bringt überbackenen Lachs, Kartoffeln aus dem eigenen Garten, Salate, Tee, Kaffee und Dessert auf den Tisch. Alles ist sehr gut. Für eine Mutter mit zwei kleinen Kindern ist es eine stolze Leistung: neun Personen unterbringen und satt bekommen. Anja und Volodja, beide Ukrainer, haben einen Deal mit unseren Jungs ausgemacht, sie sollen ihnen dann helfen, von Kamtschatka nach Tschechien überzusiedeln. Vor allem Anja, die Zahnärztin ist, will aus Russland weg.
Chefkoch Anja

Wir gehen in die Stadt, die Jungs brauchen Spiritus für die Kocher, es ist aber sehr problematisch. Die Alkoholiker (und davon gibt es nicht wenige in Russland) trinken auch den Brennspiritus, so gibt es den auf dem freien Markt gar nicht. Anja hat einige Verbindungen in der Apotheke, dort gibt es kleine Packungen von 100 ml reinem Spiritus. Die Jungs kaufen den ganzen Vorrat auf, unter der Hand, versteht sich.

Morgen werden wir zum Vulkan Kljutschevskaja aufbrechen. Dabei kommt es zu Überraschungen. Es war wahrscheinlich zu erwarten, dass alles ein paar Dollar teurer sein würde, als uns per E-Mail gesagt wurde. Volodja ist auch überrascht, dass wir für die drei keine Lebensmittel aus Europa gebracht haben, er sagt, es sei so üblich, dass die Gäste ihre Guides ernähren. Da haben sie Pech, wir haben kaum genug für uns selbst.

16.8. – Mit dem „Bus“ nach Norden

Volodja bekommt von uns zusammen 800,-$ für den Transport, dann müssen wir 300,- $/Person für Sapovednik (Naturreservat) bezahlen. Unsere Reisepässe hat Volodja eingesammelt und zur Anmeldung aufs Amt getragen. Wir reisen in die Wildnis also ohne Pässe.
Unser Grusavik

Anja kocht zum Mittagessen Bortsch ohne rote Beete (das Essen heißt Schki), am Nachmittag ist unser Fahrzeug da. Vor dem Haus steht ein riesiger russischer Militär-Lkw auf hohen Rädern, auf dem Rumpf sitzt eine orangefarbene Kabine. Nun, das ist der Luxus, den Volodja uns versprochen hat! Im Vergleich zu einem normalen Grusavik (Lkw) haben wir Fenster, richtige Sitze und sogar Heizung drin. Der Salon, wie die Kabine genannt wird, bietet Platz für 12 Passagiere und hinten hat sie viel Platz fürs Gepäck. Ein langer Weg liegt vor uns, nach Kosyrewsk sind es ca. 12 Stunden.

Wir verlassen die Stadt und tauchen die endlose sibirische Taiga. Die Straße ist zuerst asphaltiert, dann unbefestigt. Wir halten an einer Raststation, in dem regnerischen Wetter unterstreichen die Pfützen im schwarzen Lavastaub die düstere Atmosphäre. Frauen, die Babuschkas, mit Regenschirmen über dem Kopf, sitzen hinter ihren altertümlichen Kinderwagen, die unter einer Plastikplane und einer dicken Schicht von wärmenden Decken allerlei Leckerbissen verbergen. Sie bieten warme Blinis und Pelmenje an. Wer sich von dieser Art des Verkaufs nicht entmutigen lässt, wird das sehr gute, hausgemachte Essen genießen.
Raststätte mit vielen Leckereien

Mit konstanten Geschwindigkeit von 60 km/h und Verbrauch von 40-60 l/100 km Diesel fahren wir vor Mitternacht durch Milkovo. Zum Übernachten bleiben wir mitten in der Taiga stehen. Es wird kalt und feucht, der Regen trommelt aufs Dach.

17.8. – Kopyto

Volodja erzählt ein wenig über die guten alten Zeiten unter den Kommunisten. Kamtschatka wurde staatlich unterstützt, das Leben war hier billiger und die Gehälter höher, zweimal im Jahr hat jeder Arbeiter ein kostenloses Flugticket für den Besuch zu Hause bekommen, dazu war Geld für kulturelle und sportliche Veranstaltungen da, z.B. Ausflüge für die Beschäftigten mit einem Betriebsbus in die Wälder zum Pilze suchen. Am Montag hat man sich nach dem Ausflug ausgeruht, und am Freitag hat schon wieder eine Veranstaltung gewartet. Ein Jahr Arbeit auf Kamtschatka wurde als zwei Jahre in Russland berechnet, so konnte man sehr schnell in den Ruhestand gehen. Lachskaviar war billig und es hat so viel davon gegeben, dass er den Armen kostenlos abgegeben wurde. Jetzt ist es schlimmer, die Fischerei wurde eingeschränkt, weil angeblich Russland die Fangquoten an USA verkauft hat. Kraftstoff muss jetzt jeder selber zahlen, das Recht auf ein kostenloses Ticket nach Hause gibt es theoretisch noch einmal alle 1-2 Jahre. Die Bevölkerungszahl ist immer noch rückläufig, von den ursprünglich 430.000 Bewohnern sind nach 10 Jahren Perestroika nur noch 380.000 übriggeblieben. Und viele wollen auch noch weg von hier.

Fähre über den 100 m breiten und wilden Kamtschatka Fluss. Es ist eine kleine Ponton-Plattform, die von einem Boot gezogen wird.
Kozyrevsk

Ankunft in Kosyrewsk. Endlich eine ursprüngliche Ortschaft, schöne Holzhäuser mit geschnitzten Fenstern, Schuppen und Hühnerställe im hohen Gras verstreut, unbefestigte Wege voller Pfützen. Hier und da kleine Kartoffelfelder, ein Magasin, der Laden, und ein Aviatik-Verein. Unsere Russen versuchen einen *Vjertoljet *(Hubschrauber) zu organisieren, der uns näher zu unserem Ziel, dem Vulkan Kljutschevskaja bringen würde. Vjertoljet nebudet, pogoda plochaja (kein Hubschrauber, zu schlechtes Wetter). Der richtige Grund ist, das der Hubschrauber mit der Jelzin Tochter nach Uzon (Vulkankaldera) geflogen ist, und dort wegen schlechtem Wetter festsitzt. Die Vorhersage verspricht eine Wetterbesserung in 2-3 Tagen.

Also Programmänderung: unser Grusavik bringt uns weitere 40 km östlich in die Taiga zum** Kopyto**-Hügel. Falls er durchkommt. Der Weg sind nur zwei Spuren in dem weichen Taiga-Boden, Äste von Lärchen und ganze Birken versperren die Durchfahrt, das Auto bahnt sich den Weg durch die grüne Biomasse, die Blätter reinigen die Seitenfenster. Tolle biologische Waschanlage. Es gibt eine wacklige Holzbrücke, angeblich ist ein Grusavik vor kurzem erfolgreich rübergekommen. Die Brücke ist total zugewuchert, wir alle müssen hier aus Sicherheitsgründen raus. Ca. 15 m lange Konstruktion aus Holzstämmen liegt über eine Bachsenke, auf der rechten Seite ist das ganze gut 120 cm niedriger als links. Der Fahrer steuert perfekt über die Stämme, sie biegen sich und schwanken, aber halten. Unsere Kameras klicken aus sicherer Entfernung. Das Gelände wird hügelig, einige steile Stellen überwindet der Fahrer erst auf den dritten Versuch.
Der Weg durch dichte Taiga

Endstation unter dem Hügel Kopyto (= Hufeisen)

Auf ca. 1.000 m fahren wir aus der Taiga auf eine kahle, grasbewachsene Ebene. Endstation! Es nieselt, wir verabschieden uns kurz vom Fahrer und wuchten unsere Rucksäcke auf die Rücken. In einer Woche werden wir abgeholt. Es ist 13.00 Uhr, und es sollte etwa vier Stunden dauern, um zum heutigen Lager zu gelangen. Bis zu der Höhe von 1.350 m, es geht weglos durch den Sumpf. Es ist sehr windig, der Regen peitscht unsere Gesichter, zu sehen gibt es nicht viel, es ist einfach ekelhaft.
Alleine auf der Welt

Wir rutschen einen steilen Hang hinunter, der voller schwarzer Beeren ist. Sie hocken dicht am Boden zwischen den Blättern. Sie sind saftig, aber die Schalen spuckt man aus. Ich denke, sie heißen schemolostj. Nach 2 ¾ Stunden finden wir an einem Bach unter dem Hang eine vor Wind geschützte Mulde, hier werden wir übernachten.

18.8. – Domik

Nicht, dass ich glaube, dass das ökologische Denken und die Grünen es bis hierher geschafft haben, aber unsere selbsternannten Bergführer sind die Kinder der Natur und sie schützen sie instinktiv. Sie bringen all unsere leeren Verpackungen an einen Ort, und wenn wir in ein paar Tagen hierher zurückkehren, nehmen sie alles mit. Vor 9:00 Uhr Abmarsch. Überall ist es nass, aber es regnet nicht. Heute sollen wir in 7-8 Stunden über den Bezymjannyj Pereval (Namenloser Bergpass, Höhe 1.500 m) zwischen den Vulkanen Bezymjannyj und Zimin zum Domik (ein kleines Holzhäuschen) kommen. Wir freuen uns alle darauf, dass wir drin alles trocknen können. Zuerst steigen wir leicht über die mit allen möglichen Beeren bewachsene Heide im weiten Tal des Flusses Studjenaja (Die Kalte) auf, dem scharfen Wind entgegen.
Bezymjannyj Pereval ist verschneit

Plötzlich lichten sich die Wolken, und aus ihnen ragen wie die Geister aus dem Nebel die Gipfel der **Vulkane Ostryj **(der Scharfe) und Ploskyj Tolbatschik, fast bis zum Fuße mit Schnee bedeckt. Nach einer Weile stapfen auch wir durch den Schnee, die Schuhe sind schon wie Schwämme vollgesaugt. Nach einem kurzen steilen Aufstieg zum Pereval (Passhöhe) wartet oben wieder nur noch Nebel auf uns. Domik soll nicht mehr weit weg sein, aber im Nebel kann man nichts sehen. Sergei schaut immer auf den Kompass und führt uns zielsicher zum Ziel. Nach 6 ½ Stunden erreichen wir den Domik. Früher war es eine Basis von Vulkanologen, die hier die fünf oder sechs herumstehenden und dampfenden Vulkane untersucht haben. Ein kleiner, ca. 3×4 m großer Holzschuppen steht auf Pfählen etwa einen Meter über dem Boden, hat einen kleinen Flur und innen über die gesamte Breite eine Schlafpritsche, einen kleinen Tisch mit einer Sitzbank und ein Fenster. Es gibt einen großen Ofen in der Ecke, es hat aber einen Haken. Kein Holz da. Es wird also nichts aus dem Schuhe trocknen. Wir kochen und hängen alle Vorräte unter die Decke. Jede Menge Mäuse leben hier, und unter dem Boden rascheln die Susliki, kleine niedliche Ziesel. Sehr gefräßig. Wenn morgen das Wetter so bleibt wie heute, hat es keinen Sinn, irgendwo hinzugehen. Hans und seine Tochter Bara entscheiden, dass sie sowieso nicht mit uns weiter gehen wollen und hier auf uns warten werden. Für das Mädle ist es wahrscheinlich zu anstrengend.
Domik
Spartanische Einrichtung

19.8. – Auf die Moräne

Die Susliki waren in der Nacht sehr fleißig, sie sind über unsere Schlafsäcke gehuscht, unsere Vorräte haben sie aber nicht erreicht. Es regnet nicht, also weiter geht´s. Bis alles eingepackt ist, lacht uns sogar die Sonne an. Das hebt die Stimmung, es geht weglos über Lavafelder, die sich mit Sandflächen und Tundra-Teppich abwechseln. Wie schon gestern, sieht man auch heute viele Bärenspuren und ihre Hinterlassenschaften.
Ein sonniger Morgen, der Vulkan Besymjannyj steigt aus dem Nebel
Gegenüber raucht Tobaltschik

Im großen Bogen umwandern wir das Vulkanmassiv Besymjannyj, klettern zahlreiche Lava-Rippen hinauf und hinunter, bis wir 650 m tiefer den Fluss Golubelnaja erreichen, der 100 m in dem losen Gestein eingegraben fließt. Wegen der Flussüberquerungen schleppen wir diese Anti-Atom-Stiefel mit. Man zieht sie über die Schuhe an, sie reichen bis zum Gürtel und haben Hosenträger. Die Russen nennen sie Sapogi. Die Russen haben keine Bergschuhe, sie gehen von Anfang an in Gummistiefeln, die ihnen bis unter die Pobacken reichen, man kann sie aber unter die Knie herunterrollen. Sehr praktisch, über den Fluss ziehen sie sie einfach höher. Aber in so schwierigem Gelände mehrere Tage nur in Gummistiefeln zu laufen, das ist wohl ein besonderes Vergnügen.

Auf der anderen Seite kraxeln wir zu einem großen, etwa 10 m hohen markanten Felsbrocken. Hier verstecken wir die Sapogi und das Essen für den Rückweg in eine Felsspalte. Mit Steinen absichern, es gibt Rasamachi (Vielfraß) hier, und die fressen alles.
Tiefe Rinne vom Fluss Golubelnaja

Die 800 m Steigung zu dem Pass zwischen den Vulkanen Kamen und Kljutschevskaja beginnt. Schwarze Lavamoränen über unseren Köpfen enden im Nebel. Die Moräne wird steiler, es wird sehr anstrengend in dem losen Untergrund. Oleg geht als Letzter, und alle 20, 30 m macht Steinmänner, Tur, damit wir den Weg zurück finden. Es gibt eine Menge Moränenrippen, einige enden in einer Schlucht, es ist wichtig die richtige Rippe beim Abstieg zu finden.

Müde erreichen wir nach etwa vier Stunden eine fast ebene, aber schneebedeckte Fläche auf dem 1.800 m hohen Pass, ein Bächlein fließt in der Nähe, ein schöner Platz mitten in der unberührten Natur. Es sieht so aus, als ob der Tag vorbei ist, aber bis der Tee kocht, steigt zuerst Kamen aus dem Nebel, danach die rauchende Kljutschevskaja und schließlich der Pereval auf 3.300 m, unser morgiges Ziel. In der Sonne ist es gleich warm, wir trocknen die Wäsche und Schuhe, die Russen hängen ihre Fußwickel, die sie statt Socken in den Gummistiefeln tragen, auf die Schnur.

20.8. – Sattel unter Kljutschevskaja

Unser morgiges Ziel steigt aus dem Nebel

Nachts war es vom Boden etwas kalt. Zweimal in der Nacht hat der Vulkan Bezymjannyj gegrollt, zuerst hat sich das wie ein Donner oder tief fliegendes Flugzeug angehört, dann haben fallende Steine gepoltert. Im klaren Morgen steigen wir im Schnee, die Russen spuren, für die Steinmänner ist heute Sergej zuständig. In 4 Stunden sind wir auf 3.100 m. Wir bauen die Zelte in einer kleinen Mulde etwas unterhalb des windigen Sattels.

21.8. – Kljutschevskaja

Vulkane wo man nur hinschaut

Die Zelte sind tief unter uns

Es ist ein wolkenloser Morgen, fast windstill, Kljutschevskaja erhebt sich direkt über uns und sieht gar nicht so unzugänglich aus. Wir packen schnell und gehen um halb acht los, die Zelte bleiben stehen. Ein Aufstieg von 1.700 m liegt vor uns, er beginnt direkt hinter den Zelten über die Hänge aus Lavabrocken. Manchmal gibt es Schneefelder, es geht ganz gut, außerhalb des Schnees fühlt man sich wie auf einem Haufen Schlacke. Alles hier bewegt sich, selbst auf die großen Steine kann man sich nicht verlassen, sie rutschen unter unseren Füßen weg. Wir legen die Steigeisen an, so geht es ein bisschen besser. Und immer noch die gleiche Neigung, ca. 35°, keine Stelle zum Ausruhen. Jeder kämpft sich den Hang auf seine Weise hoch, ein paar Schritte, Pause und wieder ein paar Schritte. Immer höher.
Schwefeldämpfe unter dem Gipfel

Auf 4.000 m Höhe fangen die Dämpfe an. Sie steigen aus dem Boden und stinken nach Schwefel, das Atmen wird dadurch erschwert. Nach 6 ¾ Stunden erreichen wir endlich den Rand des Kraters. Laut GPS befinden wir uns auf einer Höhe von 4.796 m. Dampf steigt aus dem Krater auf, nur gelegentlich weht ihn der Wind weg und wir können die fast senkrechten Wände sehen, die in die Tiefen führen. Alles hier ist locker, den Kraterrand sollen wir lieber nicht betreten. Es gibt eine fantastische Aussicht, direkt neben uns ragt der steile Vulkan Kamen in die Höhe, hinter ihm der Dämpfe speiende Bezymjannyj, im Süden die Vulkane Oblaja Zimin und Udina. Und tief, tief unter uns ein schneebedeckter Sattel, wo unsere Zelte irgendwo in der Dunkelheit der Mulden und Lavarücken stehen.
Der Vulkanschlund

Der Abstieg ist auch nicht sehr bequem, wir treten vorsichtig auf die Lava, trotzdem sausen links und rechts lockere Lavabrocken an uns vorbei. Ich bekomme Kopfschmerzen, will schnell ins Zelt, wo ich Aspirin habe, so gehe ich alleine vor. Der Nebel steigt aus dem Tal auf und bedeckt unseren Zeltplatz. Ich weiß, dass ich bis zum Ende dieses Kamms gehen muss, dann nach rechts bis zum Schneefeld. Endlich die Zelte. Hinlegen, Aspirin nehmen und eine halbe Stunde relaxen, nach einer Weile bin ich wieder OK. Oleg und Sergej wollten schon zehnmal die Kljutschevskaja besteigen, aber mit dem heutigen Aufstieg ist es ihnen nur dreimal gelungen. So können wir stolz auf uns sein.

22.8. – Zurück zum Domik

Es gibt einen böigen Wind in der Nacht, das Zelt droht auseinanderzureißen. In der Früh ist es eiskalt, unsere feuchten Schuhe sind knochenhart gefroren, obwohl wir sie im Zelt gehabt haben. Wir möchten auf die Sonne warten, aber der Wind nimmt zu und die Russen wollen schnell aufbrechen, damit wir den Fluss erreichen, bevor das Wasser am Mittag steigt, nur so können wir ihn ohne Schwierigkeiten überqueren. Die gefrorenen Schuhe kann man kaum anziehen, die harten Schnürsenkel lassen sich nicht zubinden. Wir kämpfen mit dem Wind um unser Zelt, schließlich gewinnen wir doch. Ein Abstieg von 2.100 m liegt vor uns, hinter dem Fluss geht es dann 500 m bergauf. Falls wir übers Wasser kommen, können wir heute Nacht wieder im Domik schlafen.
Wie Abraumhalden im Kohle-Tagebau

Der Abstieg ist einfacher als der gestrige von der Kljutschevskaja, aber wir sind immer noch auf den lockeren Hängen unterwegs. Der Schnee wird weniger, unten in der Ferne erkennen wir den großen Stein, wo wir unsere Sapogi versteckt haben. Der Fluss hat viel mehr Wasser als das letzte Mal, wir rutschen den Hang herunter, wir watten auf die andere Seite, dort eine steile Klippe hinauf.
Entlang der Schlucht

Auf der anderen Seite warten die endlosen Aufs und Abs über die schwarzen staubigen Moränen am Fuß des Bezymjannyj Vulkans, eine Lavasteinwüste. Der Wind hat nicht aufgehört, nur hat er gedreht, jetzt kommt er von vorne und treibt uns den Staub in die Augen. Wir stolpern in dem unwegsamen Gelände über Lavabrocken, dann Sand und Schlamm. Und jetzt der Wind dazu. Plötzlich rufen die Russen “Schnell, Bären.” Wir laufen nach vorne. In einer kleinen Mulde labt sich eine riesige Bärenmama am Sauerampfer, zwei kleine süße Teddybären balgen zu ihren Füßen. Sobald sie uns entdeckten, laufen sie davon.
Äkschn!

Nach neun Stunden strammen Marsches sind wir im Domik. Hans und Bara freuen sich, uns wiederzusehen.

23.8. – Bezymjannyj

Durch den gestrigen Gewaltmarsch haben wir einen Tag gespart, so können wir beim herrlichen sonnigen Wetter den Hausberg, Vulkan Bezymjannyj besteigen. Es sind 1.200 m Aufstieg, drei Stunden. Es ist leichter als auf die Kljutschevskaja, keine schwarze Schutthalde, sondern ordentliche große Lavablöcke. Erst die letzten 100 m Aufstieg wühlen wir uns durch den losen Lavastaub. Im Jahr 1956 hat der Vulkan seine Spitze weggesprengt, in der Kaldera ist ein neuer Krater gewachsen. Aus dem Inneren steigen Schwefeldämpfe, durch ihre weißen Schleier sieht man die Nachbar-Vulkane Kamen und Kljutschevskaja. Am Abend regnet es wieder.
Vulkan Kamen

24.8. – Übernachtung an der Studjenaja

Die ganze Nacht hat es geregnet, der Wind hat an dem Häuschen gerüttelt. Abschied vom Domik, es regnet nur noch ein wenig und ist relativ warm. Den Bezymjannyj Pereval lassen wir bald hinter uns und betreten ein Tal mit unzähligen Bächen und dem Fluss Studjenaja (die Kalte), die sich durch die Taiga schlängeln.

Plötzlich steht ein kleiner Bär vor uns auf dem Hügel. Er stellt sich auf die Hinterbeine, schnüffelt neugierig und kommt näher zu uns. “Oh, ist der süß! Wie ein Plüschbär!“, rufen wir und wollen ein Foto machen. Aber da hat uns schon seine Mama erspäht, die mit zwei halbwüchsigen Bärenkindern den Hang heraufkommt. Sergej bläst zum Rückzug, schreit hohoo, hohoo und schlägt die Stöcke über dem Kopf aufeinander. Wir machen es ihm nach und gehen gaaanz langsam rückwärts, bis wir der Bärin aus dem Blickfeld verschwinden. Auf keinen Fall dürfen wir zwischen das Bärenkind und seine Mama geraten. Sie trifft die einzige vernünftige Entscheidung, sagt wahrscheinlich, „so, kleiner, genug geguckt“ und entfernt sich majestätisch in eine andere Schlucht, die drei trotten hinterher. Es ist ein riesiges Weibchen, das goldbraune Fell glänzt in der Sonne, ein sehr schöner Anblick. Die Kamtschatka-Bären sind eng mit den Kodiak-Bären aus Kanada verwandt, beide gehören tu den größten Bärenarten. Wir marschieren weiter, das Tempoist sehr stramm.
Unfreiwilliges Eisbad
Auf allen vieren geht es am besten, ha ha

Wir müssen durch die Studjenaja waten, heute gibt es viel Wasser, wir ziehen die Sapogi an. Der Fluss bildet hier viele Arme, und die Strömung ist nicht ohne. Es sieht dramatisch aus, jeder bahnt sich den Weg durchs Wasser auf eigene Faust. Hans erwischt eine tiefere Stelle und fällt samt Rucksack ins Wasser, auch Tsenda krabbelt auf allen vieren aus den Fluten. Ihre Sapogi sind bis zum Rand voller Wasser. Vom Ufer sieht es lustig aus, aber ich bezweifle, dass auch die zwei lachen. Ihnen trieft das Wasser aus der Kleidung, zum Glück ist es zu unserem Übernachtungsplatz nicht mehr weit.

Auf dem Weg essen wir Heidelbeeren und andere Beeren, die Schikscha und Schemolostj genannt werden, die Russen sammeln unterwegs trockene Zweige und Wurzeln, sie wollen die ganze Nacht wegen der Bären ein kleines Feuer brennen lassen. Ich finde eine Menge von Rentiergeweihen, die muss ich mitnehmen! Ich befestige sie an meinem Rucksack und schleppe so um die fünf Kilo mehr auf dem Buckel. Es hat aufgehört zu regnen, es ist ziemlich warm, unsere Füße sinken bis zu den Waden in das feuchtengrüne Moos. Ich fühle eine tiefe Zufriedenheit mit mir, mit der Umgebung, mit Kamtschatka. So möchte ich noch viele Tage laufen. Auf eigene Faust durch die unberührte Natur, nur von der Taiga und Tundra umgeben, tagsüber sich von den Beeren ernähren, abends am Lagerfeuer sitzen. Keine Zivilisation weit und breit.
Wer hat das größte Geweih?

25.8. – Esso

Der Morgen ist ganz klar, die umliegenden Vulkane sind frisch eingeschneit und leuchten in der Morgensonne. Letzter Tag in der Wildnis, schade, dass es vorbei ist! Wir drehen uns immer noch um, Kljutschevskaja, Kamen, Bezymjannyj und Tolbatschik strahlen uns an. Der Nebel liegt ihnen zu Füßen, sie schweben darüber wie vier Fujiyamas. Nur schöner. Bestimmt!

Unter dem Kopyto-Hügel warten wir auf den Grusavik, trocknen die Zelte und stillen den Hunger mit verschiedenen Beeren, liegen beim Sonnenschein im weichen Moos, genießen den schönen Blick auf das weite Tal des Flusses Kamtschatka und die wilde, von Menschenhand nicht veränderte Natur. In 2 ½ Stunden hören wir den Motor, die Idylle ist vorbei und unser Grusavik steht da. Heute haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Die Reste der Brücke überwindet unser Fahrer mit Bravour, er fährt ja wegen uns schon zum vierten Mal darüber.
Warten hungrig auf den Transport

Im Magasin von Kosyrewsk kaufen wir den ganzen Brotvorrat auf, dazu Käse und Salami, und während der Fahrt machen wir Brotzeit. Zu unserer Überraschung haben die Russen für sich nichts eingekauft, jetzt erwarten sie, dass wir sie durchfüttern. Wir teilen.

Schnell nach Esso, eine Siedlung der ursprünglichen Bewohner von Kamtschatka, der Evenken und Korjaken, die am Ende einer Seitenstraße in der Taiga liegt. Wir wandern entlang der staubigen Dorfstraße, im hohen Gras hocken verstreut kleine Holzhäuser, die Fenster mit Schnitzereien geschmückt, an jedem ein Selbstversorger-Gemüsegarten und improvisierte, mit Plastikplanen bedeckte Gewächshäuser. Sie werden aus den Thermalquellen beheizt, entlang des Weges führen dick verpackte Rohre mit heißem Thermalwasser, Abzweigungen führen in jedes Haus. Aus den undichten Stellen steigt Dampf, wir stecken die Hände hinein. Wirklich heiß.
Fernwärme in Esso
Thermalwasser direkt ins Gewächshaus

Wir treffen einen Evenken, der uns die Werkstatt der lokalen Volkskünstler zeigt, die er gegründet hat. Es ist viel interessanter als das ganze Museum, der Meister spricht wie ein Wasserfall. Sehr interessant, über die Bären, über die Eskimos, von denen es noch ungefähr 1.000 gibt. Und über Rentiere. Früher hat es in der Sowchose 21.000 Stück gegeben, heute haben sie nur noch zwei Herden von jeweils 1.000 Tieren, die von den Familien versorgt werden. In den Sowjet-Zeiten haben sie mit Rentierfleisch Moskau versorgt, in der Planwirtschaft waren die Luft-Frachtkosten kein Problem. Jetzt können sich es die Kamtschadalen nicht mehr leisten.

Schöne Rentier- und Bärenfelle, Eskimoschmuck und Schnitzereien aus Rentiergeweihen hängen an den Wänden, die unbearbeiteten Geweihe liegen in der Ecke. Volodja erzählt dem alten Eskimo-Mann, dass ich die Geweihe in der Tundra sammle, der Meister greift in die Ecke und schenkt mir ein schönes großes Geweihexemplar. Auf der fellbedeckten Schädelplatte hängt noch etwas Fleisch. Wir unterhalten uns mit dem Mann bis in die Nacht, dann ordnet Volodja Abfahrt und wir steigen in unseren mobilen Salon.

Jetzt wird in der heißen Quelle gebadet! Wir fahren zum 47. km, wo eine Zona otdycha, ein Feriencamp sein soll. Zuerst auf der dunklen Wiese Zelte aufbauen. Die Duschen befinden sich in einem höheren Stadium des Zerfalls, die Thermalquelle wird dadurch aber nicht verhindert, aus dem Boden zu sprudeln. Sie ist in ein Betonbecken gefasst, der Rand mit Moos bewachsen, der Beckenboden ist sandig, das heiße Wasser kommt direkt aus dem Sand. Nach zwölf Tagen zwischen den Vulkanen können wir den Lavastaub endlich abwaschen. Wir planschen vergnügt in dem heißen Wasser, eingeschlossen in der Dunkelheit, nur ein sterneübersätes Gewölbe über den Köpfen. Da braucht man nicht fragen, was Glück ist.

26.8. – Zurück nach Petropawlowsk

In der Früh läuft ein Mann vorbei und bietet uns Lachskaviar an. Es öffnet eine große Plastiktüte, sie ist voll mit orangen Kügelchen. In jedem Lachs soll es sechs Kilo Fischeier geben – Kaviar, und der ist hier immer noch billig.

Wir fahren nach Milkovo ins Restaurant. Für 2.400 Rubel für 12 Personen. Volodja schiebt dem Koch seinen roten Ausweis der Kommunistischen Partei unter die Nase, und sofort geht alles wie auf Schnürchen. Mit dem roten Büchlein telefoniert er dort ruhig, ohne für den Anruf bezahlen zu müssen. Er ist ein Funktionär bei der Miliz, ein ziemlich einflussreicher, daher durfte er auch uns neun einladen und sogar im Privat unterbringen, was sonst den Ausländern nicht gestattet ist.

Wieder tauchen wir in die unendliche Taiga. Am Abend in Malki bei den natürlichen heißen Quellen. Unter den Steinen sprudelt das Wasser heraus und bildet kleine Teiche mit unterschiedlicher Wassertemperatur, ein kalter Fluss fließt vorbei. Die Umgebung ist trostlos, das Wasser ist aber kristallklar, der Eintritt frei. Daneben kann man wild campen.

Um elf Uhr nachts sind wir wieder zu Hause in Petropawlowsk. Anja hat wieder ein Festmahl bereitet, es gibt eine große Schüssel voll mit lachsrotem Kaviar. Wir essen es mit Suppenlöffeln, dazu Butterbrot. Guten Appetit! Dann hängen wir überall in der Wohnung die feuchten Zelte und unsere muffige feuchte Kleidung auf und verwandeln so die Wohnung in eine stinkende Höhle.

27.8. – Ausflug mit dem Militärschiff

Heute steht eine Fahrt mit einen Militärschiff aus der Bucht auf dem Programm. Zuerst mit Volodja zur Admiralität, um dort 3.500 Rubel für Diesel zu bezahlen, dann werden wir in einem Militärjeep zum Militärhafen gefahren, um das Schiff anzuschauen. Es ist ein 26 m langer Lastkutter, der auch für die Fischerei ausgerüstet ist. Das Schiff ist grau mit einer russischen Militärflagge (ein hellblaues, liegendes Kreuz am weißen Feld). Als Zivilisten sollten wir eigentlich gar nicht hierher dürfen, aber seltsamerweise lassen sie uns sogar fotografieren. Ich denke, das hat Volodjas rotes Büchlein ermöglicht. Um halb drei soll es losgehen.

Anja hat wieder ein ganzes Menu gekocht – Fisch, Salate, Kartoffeln, gebackener Blumenkohl, Suppe, Wodka, Tee, Kaffee und russische Schokoladenbonbons als Dessert. Alles verschwindet in unseren Bäuchen, ich schäme mich dafür.

Um halb drei stehen wir auf dem Pier. Das Schiff kommt, wir steigen ein, aber die Crew schaltet die Motoren ab. Sie sagen, als Militärschiff müssen sie auf die Erlaubnis warten. Es gibt sechs Besatzungsmitglieder: den Kapitän, seinen Stellvertreter, zwei Ingenieure und zwei Matrosen. Wir inspizieren das Schiff, den Maschinenraum, die Kapitänsbrücke. Der Wind steigt, der Kutter schaukelt und schlägt in zwei umliegende zivile Schiffe, niemand wagt zu protestieren. Im aufsteigenden Wind löst sich plötzlich das Ankerseil, und siehe da, die Motoren werden angeworfen und wir laufen aus.

Zwischen den Booten und den Docks sieht alles aus wie ein Schrottplatz, die großen Fischerboote sind so rostig, dass man die ursprüngliche Farbe kaum erkennen kann. Wir fahren gegen den Wind in die Mitte der großen Awatscha-Bucht, die Wellen spritzen über die Relling. Das müssen wir aus der Nähe sehen, wir laufen zum Bug, aber innerhalb von zwei Minuten sind wir von Kopf zu Fuß nass und ziehen uns zurück auf die Kapitänsbrücke. Auf dem offenen Meer beginnt erst der richtige Wellentanz! Wie wir erfahren, soll das Schiff in dem empfindlichen Gebiet zwischen Kamtschatka und Japans Kurillen Inseln patrouillieren.

Spritzige Angelegenheit

Die Matrosen sagen, es gibt oft große Fischschwärme, heute fangen sie nichts. Damit wir nicht traurig sind, bekommen wir leckeren geräucherten Fisch. Er wird in der Kabine auf abgerissenen Seiten eines Porno Magazins serviert, der Fisch fettet den halbnackten Damen ihre Rundungen. Wir klauben ihnen die Fischhappen mit den Fingern vom Busen, sie schmecken herrlich. Die Fische.

28. 8. – Das Tal der Geysire

Heute fliegen wir für zwei Tage zu Dolina Geysirov, Tal der Geysire. Nach einem herzhaften Mittagessen heben wir um 15. 00 Uhr mit dem Helikopter ab – er hat Fenster und Platz für 26 Personen. Der Flug dauert 1,30 Stunden und führt über viele Vulkane und Berge. Wir steigen nur in die Höhe von 2.500 m, so dass wir von oben in die herrliche Kaldera des Vulkans Semjatschik sehen, die mit einem herrlich blauen See gefüllt ist. Es ist aber kein Wasser, sondern eine ätzende Flüssigkeit, die aus der Tiefe emporsteigt.
Semjatschik mit giftigem See
Pfad zu dem Messgeräten

In dem Tal der Geysire gibt es eine kleine Holzhütte, das Tal ist nur aus der Luft erreichbar. Von dort erstreckt sich ein mit gelbem und grünem Moos bewachsenes Tal, vielerorts steigen Dämpfe auf, und in der Mitte springt über die Steine ein warmer Bach. Es ist ein streng geschütztes Gebiet, nur geführte Besichtigungen sind erlaubt. Wir unternehmen einen dreistündigen Rundgang, warten bei einzelnen Geysiren, bis sie spucken. Kochend heißes Wasser und viele Dämpfe werden in die Höhe geschleudert.
Die Kisten bergen die Messinstrumente

In der Herberge wartet ein gutes Essen auf uns, bei dem wie immer auf Kamtschatka der Fisch nicht fehlen darf. Der junge Ranger verspricht, uns zu einem anderen warmen Fluss zu führen. Wir werden noch von einem Naturparkhüter begleitet, der in seinem Flecktarn wie ein koreanischer Partisan aussieht und grimmig schaut. Sie führen uns unter einen Hügel, wo der heiße Bach kleine Tümpel bildet. Jeder von uns sucht sich eine eigene Badewanne aus, auf den abgerundeten Steinen kann man von einem Tümpel zum andern gleiten. Wunderbar!

29.8. – Zurück in Petropawlowsk

Heute hat uns der "koreanische Partisan" versprochen, uns zu weiteren Geysiren zu nehmen, wohin er sonst keine Touristen mitnimmt. Wir steigen über Felsen zu einem größeren warmen Fluss herab, weiter an Geysiren vorbei zu einem Wasserfall, wo er uns zum Baden ermuntert. Nur so nebenbei bemerkt, er, dass wir ihm dafür 200 Rubel pro Person geben sollen, was wir aber als einen Witz betrachten.
Heiße Wasserfälle

Nach dem Mittagessen zahlen wir ihm für den Ausflug die vereinbarten 1.000 Rubel. Er wirft sie uns aber verärgert zurück auf den Tisch, angeblich hat er mit Volodja 100 $ vereinbart. Es ist irrsinnig viel, umgerechnet 3.000 Rubel, außerdem haben wir keine $ da. Der Partisan lässt unser Geld liegen und verlässt schimpfend den Raum. Wir sehen ihn bis zu unserem Abflug nicht mehr. Zurück fliegt der Hubschrauber nur in 500 m Höhe, schöne Sicht auf alle Vulkane. Bei Anja erwarten uns wieder Essensberge, gekrönt von zwei Kuchen mit auf der Datscha geerntetem Obst.

Morgen wollen wir für vier Tage nach Süden zum Vulkan Mutnovskaja aufbrechen. Volodja muss arbeiten, kann nicht mitkommen. Wir wollen unbedingt auch ohne ihn fahren, können uns hier nicht jeden Tag von Anja bekochen lassen, außerdem wollen wir noch was von Kamtschatka sehen. Damit legen wir Volodja ein Messer an den Hals, er ist hier für uns als seine Gäste verantwortlich und soll uns nicht aus den Augen lassen. Schließlich willigt er ein, telefoniert bis Mitternacht und organisiert für uns den Transport. Es sind etwa 80 km, die uns 100 $ kosten werden. Das Problem ist der Propusk, es wird schon irgendwie klappen.

30.8. – Geothermal-Kraftwerk

Petropavlovsk, Awatscha im Hintergrund


Die alte Bebauung bestimmt schöner als die Plattenbauten

Das Geländefahrzeug holt uns am Nachmittag ab, nach einem üppigen Mittagessen steht bereits der Grusavik vor dem Haus, dieser ist grün-blau und hat einen Salon für 16 Personen. Auf dem Weg nach Süden passieren wir das Thermalbad Paratunka. Etwas außerhalb des Dorfes erkunden wir ein paar Thermalquellen. Wir steigen einen steilen Hügel hinauf, entlang an einem warmen Bach. Oben bilden sich auf flacheren Stellen kleine Tümpel. Wie in der Badewanne hocken dicke russische Matronen in geräumigen Badeanzügen drin. Leider haben wir jetzt keine Zeit zum Baden, laufen herunter zu unserem Grusavik. Auf der Stelle, die Nadjeschda heißt, gibt es einen militärischen Checkpoint. Die Soldaten winken uns zum Glück wohlwollend durch.
Zufahrt zu dem Geothermal-Kraftwerk
Nicht alle Leitungen sind dicht

Unser Gelände-Lkw erklimmt die Schlaglochpfade in die Hügel, im Winter soll es hier nur für Wesdjechod (russischer Geländewagen) passierbar sein, den Schnee räumt hier natürlich niemand weg. Aus der Tundra wird bald eine von Menschenhand verursachte Mondlandschaft. Endstation am Geothermalkraftwerk unter dem Vulkan Mutnovskaja. Die Gegend ist total verwüstet, Mondlandschaft, es sieht aus wie Kulissen für den Katastrophenfim „A day after“. Zwischen den zahlreichen Barracken ziehen sich riesige, mit Mineralwatte und Aluminium ummantelte Rohre, die in große Wellblechhallen führen. Rostige Treppen, Geländer und Plattformen, aus den undichten Leitungen steigt auf vielen Stellen Dampf, der Boden ist von schweren Baumaschinen zerfurcht. Die Arbeiter laufen in dunklen Wattejacken herum, auch die Gesichter zerfurcht und abgearbeitet. Im Winter muss es eine vereiste Hölle sein. Dem Zerfall thront auf einem kleinen Hügel ein kreisförmiger Bau, der wesentlich gepflegter aussieht. Hier werden wahrscheinlich die hochrangigen Besucher und potenzielle Geldgeber bewirtet.

Wir laufen durch das ganze Kraftwerk, im hinteren Teil des Tales finden wir noch naturbelassene heiße Quellen und aus dem Boden steigende Dämpfe. Dort am Bachufer finden wir eine malerische Stelle zum Übernachten, nur ein Stück weiter vom zischenden Kraftwerk scheint die Welt wieder in Ordnung zu sein.

31. 8. – Fumarolen

Unter dem Vulkan Mutnovskaja finden wir einen geeigneten Platz. Wir bauen Zelte auf und gehen die Gegend erkunden. Zuerst klettern wir einen lockeren Hang hinauf, wandern am Kraterrand entlang. Der Krater ist riesig, mit einem Gletscher, der auf der einen Seite hinunterfließt und einen azurblauen See speist. Morgen werden wir es genauer anschauen.


1.9. – Mutnovskaja

Es ist bewölkt, in der Nacht hat es geregnet. Sicherheitshalber speichert Hudec die Lage unserer Zelte in sein GPS-Gerät, damit wir sie finden, falls der Nebel kommt. Nach etwa einer Stunde gelangen wir zu dem Gletscher. Er ist mit Staub bedeckt und schimmert in grauen und rötlichen Tönen. Am Grund des Kraters sind die Fumarolen. Hier steigt Wasserdampf aus dem Boden, an vielen Stellen strömen gelbe Schwefelschwaden aus großen gelben Löchern. Es brodelt überall, der Boden ist beim Anfassen warm. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht irgendwo hineintappen, es gibt heiße Schlammkuhlen, die unter einer dünnen Kruste versteckt sind. Wir sammeln große Schwefelbrocken.

Schwefeldämpfe
Ein Gletschersee neben dem Vulkan

Die Nordseite des Kraters ist vereist, mit breiten Spalten und vielen Eishöhlen, aus denen Wasserfontänen herausströmen. Auf dem beheizten Kratergrund laufen wir an ziemlich giftig aussehenden Teichen zu einem weiteren Krater. Der liegt höher, auf einer Mischung aus Schnee, Lava und buntem Lehm kämpfen wir uns nach oben zum Kraterrand, an einem See mit schwimmenden Eisbrocken entlang. Der nächste Krater ist vielleicht 200 m tief. Gestern ist daraus eine massive Rauchwolke gestiegen. Plötzlich speien uns stinkende Schwefeldämpfe ins Gesicht, wir blasen hastig zum Rückzug. Zwischen den Schlammlöchern suchen wir uns den Weg heraus. Natürlich gelingt es mir, in so ein Loch zu fallen. Es muss aber ein sauberer Dreck sein, denn wen es an mir abgetrocknet ist, bin ich ganz weiß.

Am Abend kommt der Nebel, Hans bittet Hudec, sein GPS zu aktivieren, damit wir die Zelte finden können. Die Erfahrung von Bezymjannyj hat er noch in frischer Erinnerung. Das GPS meldet „Ziel”, wenn wir 10 m vor den Zelten stehen. Und da können wir sie auch endlich sehen. Perfekt.

2.9. – Paratunka

In der Früh dichter Nebel, Tuman, und Nieselregen. Keine Eiile, schließlich stehen wir doch auf und laufen zum Geokraftwerk zurück. Unser blau-grüner Grusavik wartet bereits, wir fahren ins Paratunka Spa, es gibt dort viele Freibäder mit primitiven Umkleiden in niedrigen Holzbarracken. Früher war es ein Resort, wo sich die Arbeiter aus Petropawlowsk erholt haben, man konnte hier auch übernachten. Jetzt sieht die ganze Anlage trostlos aus, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geht hier alles wirtschaftlich den Bach herunter. Aber das Wasser ist immer noch kristallklar und wunderbar warm. Vom Baden bekommen wir Hunger und rätseln, was uns wohl heute Anja Gutes gekocht hat. Die nassen Zelte und Klamotten werden wieder in der Wohnung an Türen und Schränken drapiert, das Abendessen ist wieder ausgezeichnet, wir schlecken die Teller leer bis auf den letzten Krümel. Gut zu wissen, dass wir für diesen Super-Service Anja im Voraus gut bezahlt haben.

3.9. – Petropawlowsk

Heute steht Sightseeing auf dem Programm, wir wollen am Abend zusammen in eine Schaschlitscharnaja (kleines Speiselokal, wo Fleisch Spieße serviert werden) hier in Severo-Wostok laufen.

Der Frachthafen soll noch erkundet werden, unterwegs sehen wir unter dem Hügel Vulkan eine orthodoxe Kirche, von typischen alten Holzhäusern umgeben. Vom Vulkan aus wirkt die Häusergruppe romantisch, bei näherem Betrachten sieht man die schlammigen Pfade und die abblätternden Fassaden. Die Kirche ist aber neu oder frisch renoviert, hat drei goldene Kuppeln, innerhalb das orthodoxe Altar mit einer Ikone. Hinter der Kirche findet eine Beerdigung statt. Bleiche Babuschka liegt mit Blumen garniert im offenen Sarg aus roter Pappe, der auf zwei Stühlen ruht. Ein paar Verwandte stehen herum.

Wir machen uns auf den Weg zum Hafen. Über brachliegende Flächen voller Unkraut, am Ufer Haufen von Metallabfällen, an den Abflussrohren, die ins Meer fließen, scharen sich die Möwen. Der Spaziergang, der laut Karte eine Strandpromenade versprach, endet auf einer Müllhalde. Zwei zentrale Straßen gibt es, die Leninskaja und Sowjetskaja, die zwischen den Beinen des riesigen Lenins führt. Zu seinen Füßen nehmen den Bus 13 Richtung Süden. Die Uferstraße, die in einem unvorstellbar desolaten Zustand ist, führt zu einem Plattenbau-Dorf am Ende der Bucht. Vorbei am Schiffsfriedhof mit mindestens acht rostigen Wracks. Ein Blick auf die Uhr – oh, wir werden es bis 7:00 Uhr zurück nach Severo-Wostok nicht schaffen.

Es ist niemand mehr zu Hause, ich frage jemand, der schickt uns durch die Plattenbausiedlung Richtung Wald und dann nach links. Wir kommen zu einen Ziegelbau an einem Kreisverkehr außerhalb der Stadt, und siehe da, bekannte Gesichter winken uns aus dem Fenster. Hurra! Schaschlik ist sehr gut, es gibt sowieso nichts anderes.

4.9. – Vulkan Awatscha 2.745 m

Vor dem Haus wartet der blau-grüne Anton, der uns neun und Volodja mit seinem achtjährigen Sohn Misha für 100 $ Dollar zur Turbasa (Touristenuntekunft) unter dem Vulkan Awatschinskaja bringt. Die “Straße” führt direkt durch das Flussbett der Suchaja. Unterwegs halten wir an und sammeln Holz, der Fahrer kocht uns in der Turbasa eine Ucha – Fischsuppe, während wir den Gipfel besteigen. Innerhalb von fünf Minuten hat er einen Haufen trockener Stämme mit einer Kettensäge abgeschnitten und sie zu uns ins Anton geworfen. Um uns herum überall schön sichtbare Bärenspuren im Sand. Wir schaukeln weiter, insgesamt 1,5 Stunden. Die Turbasa sind ein paar rostige Blechhütten, die Übernachtung drin soll 100 Rubel kosten.
Hier steppt der Bär, diesmal ein junger

Wir starten in 850 m Höhe, ein Aufstieg von fast 2.000 m wartet auf uns. Oben liegt Schnee, der Gipfel steckt in den Wolken. Der Vulkan beginnt ohne langes Zaudern direkt hinter der Turbasa, die uns bereits bekannte konstante Neigung von ca. 35° wird uns zum Gipfel bringen. Lava, Lava, Sand, Lava, dann Schnee, letzte 700 m Nebel und Wind. Wir sind in 4 Stunden 10 Minuten oben, nicht schlecht. Sogar der kleine Misha.
Turbasa
Unterkünfte

Am Rande des Kraters ist es wunderschön warm und schneefrei. Leider gibt es fast nichts zu sehen, keine Aussicht über die Stadt und die Bucht. Beim Abstieg kommt Purga, ein Schneesturm, wir sinken fast knietief in die Schneewehen. Nach zwanzig Minuten ist der Spuk vorbei, die frisch verschneiten Hänge schimmern weiß in der Nachmittagssonne. Weitere 20 Minuten später hüllt uns eine schwarze Wolke ein, es regnet in Strömen und es donnert. In der Turbasa serviert der Fahrer eine gute Ucha aus Lachs mit Brot und Tee.

Hier verabschieden wir uns von Hudec und Tsenda, die eine Woche länger auf Kamtschatka bleiben und sechs Tage alleine ins Nalycheva-Tal gehen. Ich beneide sie, würde sofort mitgehen! Zu den Bären, heißen Quellen und in die herrliche Taiga.

Bei Anja erwartet uns wieder gutes Essen, für den letzten Abend sind Gäste eingeladenen, ein bekannter Arzt von Anja mit seiner Frau. Eine politische Debatte entfesselt sich. Volodja, ein sowjetischer Mann, preist die Errungenschaften des Kommunismus. Wenn er im Besten ist, drehen seine Kommunisten den Schalter aus, und die halbe Stadt ist plötzlich ohne Strom. Dann beginnt Anja ein Gespräch über die Emigration, sie möchte nach Prag, sie sieht keine Zukunft in Russland für ihre Familie. Sie hat klare Vorstellungen. Volodja schweigt verbissen, ihm geht es bei der Miliz gut, in zwei Jahren, mit 43, geht er in Rente, das rote Buch öffnet ihm überall die Tür. Hier ist er jemand. Und er hat hier die freie wilde Natur um sich. Zum Schluss prosten sich die Jungs mit Wodka und anderen Spirituosen zu.

5.9. – Abreise

Ein letztes Mal in der Stadt. Wir mit Zdenek gehen endlich in das geöffnete Museum, Eintritt 100 Rubel, das ist teuer für die Russen. Es hat mir aber wirklich gefallen, vieles über die Eskimos, ihre Geschichte und Lebensweise, Geschichte der Entdeckung von Kamtschatka durch die Europäer, viele ausgestopfte Tiere und Vögel. Man sollte sich für all das mehr Zeit nehmen. Dann schnell noch auf dem Markt getrockneten Lachs kaufen, und natürlich Lachskaviar, der bessere kostet 380 Rubel, wir nehmen 1 kg. Volodja hat uns verraten, wie man ihn zubereitet: den rohen Kaviar in so salziges Wasser geben, dass eine rohe Kartoffel darin schwimmt. Dann 5-20 Minuten kochen, je länger desto haltbarer ist er. Er soll sich eine lange Zeit im Kühlschrank halten. Wir werden ihn zu Hause in Erinnerung auf Kamtschatka mit dem Suppenlöffel aus der Schüssel essen.

Ich packe alle Geweihe, lege sie in einen großen festen Plastiksack, kein Rucksack ist so groß, dass sie reinpassen würden. Wir verabschieden uns von Anja, Volodja bringt uns zum Flughafen und wartet, bis wir das Check-in passieren. Bis auf die rote sowjetische Hirnumnebelung ist er ein guter Freund. Niemand wundert sich beim Zoll über mein Geweih, der Sack bekommt einen Aufkleber „Vorsicht Glas!“ und darf in den Gepäckraum, wahrscheinlich würde er in der Kabine ein bisschen riechen.

6.9. – Petersburg

In St. Petersburg haben wir 14 Stunden vor dem Weiterflug nach Hause. So besuchen wir die Eremitage, Eintritt 300 Rubel. Eine wunderbare Sammlung von Gemälden, die wir nur aus Büchern und Reproduktionen kennen und nun endlich mit eigenen Augen sehen. Aber wir sind überrascht, wie vernachlässigt die Eremitage ist. Vor allem in den oberen Etagen. Die Rahmen der alten Holzfenster sind stellenweise morsch, Staub liegt in den Ecken. Aber die Fassade ist schön gestrichen. Gerade wird sie von ein paar Malern auf hohen Leitern aufgefrischt. Dann Aurora, Newskij Prospekt, die große Kirche des Hl. Isaak und der Tempel der Auferstehung Christi mit den vielen bunten Türmchen.
Helena

PS:
Ich habe das Geweih in Ordnung nach Hause gebracht, habe es in dem größten Topf, den ich gefunden habe, ausgekocht. Eine stinkende ölige Suppe ist entstanden. Angewidert habe ich das Geweih mit den Fleischresten in den Garten geschmissen. Ein paar Tage später war ich erstaunt, dass der Schädel von den Ameisen bis zum letzten Fetzen Fleisch perfekt abgenagt war. So gesäubert will ich das Geweih doch behalten, bleiche es mit Wasserstoffperoxid. Seitdem hängt es unter der Decke unseres Arbeitszimmers als Erinnerung an den wunderschönen Abenteuerurlaub auf den Vulkanen Kamtschatkas.

Volodja lebt mittlerweile mit Anja und den Kindern in Liberec, Anja hat eine sehr gut besuchte Zahnarztpraxis, er organisiert Trekkingreisen nach Kamtschatka. Heute (ich schreibe einen Blog in 2020) würden wir manche Vulkane, die wir bestiegen haben, nicht mehr erkennen. Der Mutnovskaja Vulkan ist explodiert und alles dort sieht ganz anders aus, Bezymjannyj hat ein Stück des Gipfels abgeschossen. Der aktive Vulkanismus verändert die Landschaft Kamtschatkas sehr schnell.

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