Verursacht dieser recht komplizierte Prozess Schmerzen?

Oder stellt man sich besser gleich ganz blind?

„Dann musst du eben ein Auge zudrücken!“
Wem wurde er bislang nicht als Allheilmittel angeboten, der Ratschlag, der es sich in der Umgangssprache recht gemütlich eingerichtet zu haben scheint und in seiner barrierefreien Verfügbarkeit einer Packung Aspirin in nichts nachsteht? Unterschiede im direkten Vergleich beider Präparate werden erst bei der Auflistung der Nebenwirkungen auf dem Beipackzettel deutlich.
So kann es beispielsweise bei einem täglich praktizierten Abtauchen im Aspirin-Brausebad zu einer Häufung der Asthma-Beschwerden kommen. Dies mag zwar beruhigend klingen für all jene, die sich nicht mit dieser Allergie herumplagen müssen. Doch wird allgemein von voreiligen Freudentänzen abgeraten, da niemand vor allergischen Heimsuchungen und Steuererhöhungen bis ans Ende seiner Tage gefeit sein kann.
Etwas anders verhält es sich bei der Ein-Auge-Zudrück-Therapie, bei der es unweigerlich zum Verlust der räumlichen Wahrnehmungsfähigkeit kommt und ein schmerzhaftes Aufeinandertreffen von Kopf und Wand vorprogrammiert scheint. (Schon landen wir wieder bei der Aspirin.) Zu dem Kopfschmerz gesellt sich bei dem Abhandenkommen des stereoskopischen Sehvermögens auch noch der Fakt, die Realität zwar wahrnehmen zu können, der Zugriff allerdings oft im Leeren endet.
Der Vergleich bezüglich der Nebenwirkungen ist längst nicht abgeschlossen. So kann beim Verspeisen eines Acetylsalicylsäure-Drops nicht ausgeschlossen werden, dass Magen und Darm revoltierende Eigenschaften an den Tag legen. Wer sich allerdings je auf das Ding mit dem Druck auf das Augenlid konsequent einließ, wird bestätigen können, dass Magenkrämpfe in der Folge noch das kleinere Übel sind. Ich versuche es, mit einer Episode aus meinem Leben zu veranschaulichen.

Mir wurden Unterlagen zugespielt, welche die Vermutung recht nahelegten, dass in der Kreisstadt über Jahre hinweg Ausschreibungen zu Bauvorhaben so manipuliert wurden, dass letztlich stets der ortsansässige Bauunternehmer den Zuschlag erhielt. Nach Vorlage der Recherchen in der Redaktion dauerte es exakt 24 Stunden, bis mir mit einem, in seiner Logik kaum zu übertreffenden Argument ein Auge auf das Geschehene und dann ans Licht gekommene nachdrücklich verschlossen wurde. Die Klappe, für das ehemals wache Auge überreichte mir die Verlagsleitung, die wenig Lust auf juristische Auseinandersetzungen verspürte und zudem den Verlust von Werbekunden befürchtete. Erst mit der Übergabe meines Kündigungsschreibens lösten sich die Verkrampfungen in meinem Magen und der klare, dreidimensionale Blick bis hin nach Südtirol kehrte zurück.
Es gibt allerdings auch jene Momente, in denen der Denkapparat unter der Schädeldecke Aktivität nicht lediglich vortäuscht, sondern es den beiden Extremitäten, die mit dem rechten und linken Daumen, gleichtut und im Dauereinsatz scheint. Bei einer solchen Konstellation muss das Vorhaben »Ein-Auge-zudrücken« somit (rein anatomisch betrachtet) bereits im Ansatz scheitern. Doch auch für solche Situationen hat der Volksmund vorgesorgt und bietet Lösungen an, die zwar in ihrem logischen Ansatz nachvollziehbar erscheinen, wiederum einer detaillierten Analyse nur ein unverständliches Kopfschütteln abringen können.
Weit oben auf der Liste der liebend gerne rekrutierten Phrasen: Sei jetzt nicht päpstlicher als der Papst. Obwohl mir niemand so wirklich schlüssig eine Erklärung herüberschieben kann, welche Bedeutung man diesem Adjektiv in diesem Zusammenhang zugewiesen hat – und doch weiß jeder haargenau, was damit gemeint oder was von einem erwartet wird. Nämlich: Ein Auge zu und schnell vergessen. (Der Hinweis des Autors: Benötigst du es möglichst schnörkellos, dann schau einfach dem Volk aufs Maul.)

Auch hier eine kurze Situationsbeschreibung mit der Einbeziehung dieses Ratschlags.
Ich äußere erhebliche Bedenken zu dem Vorhaben des Kollegen, ein Interview mit einem Kandidaten für die kommende Oberbürgermeister-Wahl im Wortlaut zu veröffentlichen, da die Aufzeichnung erhebliche Defizite des Mannes im Umgang mit der Grammatik offenbart. Da die Publikation einer Bloßstellung auf offenem Terrain gleichkommt, was allerdings über die verwaltungstechnischen Fähigkeiten des „Opfers“ nichts verrät, rate ich zur Schönheitskorrektur mit erneuter Vorlage beim Befragten oder das Aufgezeichnete als Reaktionsbeitrag umzufunktionieren. Ganz offensichtlich gibt es dennoch Schreiberlinge in meinem direkten Umfeld, die sich einen solch kurzfristigen Schenkelklopfer mit eventuell langfristigen Folgen nicht entgehen lassen möchten. Und schon mutiere ich zum Korinthenkacker. Einer, der in diesem Zusammenhang dem Papst näher steht, als dass sich der betagte Pontifex im Vatikan vorstellen kann.
Zum Abschluss des Ausfluges in den Volksmund mit beiliegender Anleitung zum »Ein-Auge-Pressing« noch die Charakterisierung eines Vorhabens, welches zwar im Vorfeld zum Scheitern verurteilt scheint, aber dennoch unablässig in Angriff genommen wird. Hierbei denke ich vornehmlich an den Appell des Wählers in Richtung der gewählten Volksvertreter, sich doch bitte ausschließlich bei den politischen Entscheidungen von den Fakten und den wahren Begebenheiten leiten zu lassen. Derjenige, der sich dieser Form der Freizeitbeschäftigung verschrieben hat, wird dann als »der einäugige Bote auf dem einäugigen Pferd« bezeichnet.

Bei dem was die Medien mittlerweile meistens so von sich geben, reicht ein Auge zudrücken nicht mehr.
Das einzige was da noch hilft, beide Augen und Ohren zu. 😉
!BBH
Ich versuchte mich bereits in beiden Varianten. Einmal nur erblindet – aber für jegliches Gequake empfänglich und dann auch visuell sowie akustisch vollkommen lahmgelegt. Bei beiden Experimenten landete ich letztlich flach auf der Fresse. So hatte ich mir das mit der geistigen Autonomie dann auch nicht vorgestellt.😮😉
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