Liebe Leser,
das barocke Gartenpalais Liechtenstein im 9. Wiener Gemeindebezirk (Alsergrund), zwischen Liechtensteinstraße und Porzellangasse versteckt, beherbergt derzeit (noch bis 30.März) eine interessante (und noch dazu kostenlose) Ausstellung über das barocke Porzellanfaible der damaligen Fürsten.
Das kostbare Porzellan, geliefert aus dem fernen China und Japan, war beim Adel im 17.-18.Jhd. heiß begehrt und so versuchten zunächst europäische Alchimisten, die Geheimnisse der Porzellanherstellung zu enträtseln. Daraus entwickelten sich über die Zeit die europäischen Porzellanmanufakturen, die allererste war die in Meißen bei Dresden ab 1710, sie ist sogar heute noch in Betrieb!
Auch Fürst Johann Adam I. Lichtenstein war ein begeisterter Porzellansammler und so liess er 1718 Claudius Innocentius du Paquier (1679-1751) die zweite europäische Porzellanmanufaktur in Rossau bei Wien (was eben heute der Bezirk Alsergrund ist) errichten. Du Paquier war es gelungen, trotz strenger Abschottung ein paar Handwerker aus Meißen nach Wien zu bringen; Know-How-Transfer bzw. Industriespionage gab es schon damals! 1718 erhielt er auch von Kaiser Karl VI. ein "Special Privilegium“, das der Manufaktur eine 25-jährige Monopolstellung auf die Porzellanherstellung innerhalb der Habsburgischen Länder einräumte. Dennoch wurde die Manufaktur kein kommerzieller Erfolg. 1744 war sie hochverschuldet und wurde unter Kaiserin Maria Theresia verstaatlicht (Quelle). Heute erinnert nur mehr der Name der Porzellangasse daran, was damals an dieser Stelle passiert ist, die Manufaktur ist in den Augarten übersiedelt, existiert aber auch noch, inklusive Onlineshop und Museum.
Erfunden wurde Porzellan in China schon um Christi Geburt! Es besteht zu ca. 50% aus Kaolin, einer feinen, weiße Tonerde, benannt nach dem chinesischen Ort Gaoling ("weißer Hügel"). Sein Hauptbestandteil ist verwitterter Feldspat (ein Silikat). Dazu kommt ca. 25% eines Flußmittels, z.B. Calciumoxid (in Gips oder Kalkstein enthalten). Das letzte Viertel ist fein gemahlenes Kieselgestein oder Quarz mit Siliciumoxid. Die Mischung wird mit Wasser vermischt (geschlämmt), in Form gebracht und "lederhart" getrocknet. Dann erfolgt ein erster Brand bei 900 Grad Celsius. Danach erst wird das Porzellan bemalt, glasiert und nochmals bei 1400 Grad gebrannt. Komplexere, z.B. Gold-Dekore verlangen noch weitere Zwischenbrände. Jeder Brand muss gleichmässig gesteigert werden, dann gehalten für eine bestimmte Zeit und danach reduziert werden. Mit den damaligen Holzöfen kann man sich vorstellen, wie mühsam die ganze Prozedur war!
Eines der Prunkstücke der Sammlung: Eine "Deckelterrine mit Chinoiserien und Fischhenkeln", Manufaktur Du Paquier um 1730/1735
Alle Teile der Ausstellung stammen übrigens aus der Liechtenstein´schen Privatsammlung, aus der ausgewählte Stücke jährlich im Rahmen einer Sonderausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Schüsseln und Vasen aus Japan und China aus dem 17./18. Jhd., die oft eine Inspiration für die Europäer waren.
Detail der Verzierung einer japanischen Lacktruhe im Namban-Stil aus ca. 1640
Schale mit Gartenchinoiserien, Manufaktur Du Paquier um 1735
Die große Schale belegt die ausgereifte Farbpalette und Technik der Kobaltdekore.
In große Schüsseln wie dieser (mit Wasserspielen und Venus) wurde Eiswasser gefüllt und damit der Tischwein gekühlt.
Gab es Wild, hatte man entsprechend dekoriertes Geschirr zur Verfügung!
Hier eine Deckelterrine in Form eines Fasans, ca. 1760. Dekadent? Zu 100%!
Ein Porzellanservice "für Kaffee, Tee und Schololade", Manufaktur Du Paquier um 1738
Interessant ist der aufwendig verarbeitete Aufbewahrungskoffer mit geprägtem und vergoldeten Maroquinleder.
Uhrgehäuse mit Drachen und Shishi-Löwen, Manufaktur Du Paquier um 1725
Die relativ komplexen Formen und die leuchtenden Farben überraschen, "2 Knaben besänftigen lachende Drachen mit Wunderkugeln"
Tschirnhaus´sches Brennglas, Dresden, um 1700
Walter Graf von Tschirnhaus schliff diese Brennlinse aus großen Glasblöcken in seiner Glashütte. Durch Bündelung des Sonnenlichts erreichte er damit Temperaturen von bis zu 2000 Grad Celsius! Damit führte er dann Schmelzversuche mit Erden und Mineralien aus, was wichtige Erkenntnisse für die Porzellangewinnung bringen sollte. Auch versuchte man damals, aus kleineren Diamanten größere (und wertvollere) zusammenzuschmelzen. Das scheiterte aber, die Diamanten verkohlten nur in der Hitze. Immerhin fand man so heraus, dass Diamanten aus Kohlenstoff bestehen😄!
Die Ausstellung war sehr nett präsentiert, die Decken im barocken Palais sind bemalt mit der für diese Zeit typischen perspektivischen Illusion, die eine größere Raumhöhe suggerieren soll.
Ein Stich, der zeigt, wie das Palais im frühen 18.Jhd. ausgesehen hat.
Die Rückseite des Palais, an die der Garten angrenzt. Noch ist Winter, und von der Rosenpracht ist leider gar nichts zu sehen (ich war auch schon mal im Sommer hier, es gibt sehr viele Rosen!).
Von den großen Gartenanlage ist jetzt nur mehr ein Teil erhalten, der Rest wurde in einen Park und Spielplatz verwandelt mit einem kleinen Ententeich, im Hintergrund das Alserbachpalais (das ebenfalls den Liechtensteins gehört).
Infos:
Wo?
Gartenpalais Liechtenstein, Fürstengasse 1, 1090 Wien
Wann?
30.Jan - 30.Mär 2025
Montag bis Sonntag, 10-18 Uhr
https://www.palaisliechtenstein.com/de/besuch/sonderausstellung.html
Eintritt frei
Wunderschöne Kunstwerke und tolle Location.
Wow!
Thanks for the tour! Fantastic!
Wow, danke für den ausführlichen Bericht!
Die Ausstellung klingt richtig spannend – und dann auch noch gratis!
Besonders die Deckelterrine in Form eines Fasans klingt dekadent, aber genial 😂👏
I saw some very interesting pictures my friend
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Der Fokus liegt hier eindeutig auf der handwerklichen Kunst. Ob es solche Motive je auf meinen Esstisch schaffen würden (unberücksichtigt dem Anschaffungspreis), wage ich zu bezweifeln. Was hier eher infrage käme, wäre der Abstecher zu Augarten. Auf deren Teller kommen die Pellkartoffeln und der Wolfsbarsch mit Nussbutter viel besser zur Geltung.😉
Hermosura