Danke, Oma, ich liebe Dich! -Teil 2

in #oma7 years ago (edited)

Ich habe in meinem Fotoalbum ein richtig altes Bild von meiner Oma gefunden.

OmaundMoniTaufe.jpg

Es ist an dem Tag aufgenommen worden, an dem meine Mutter getauft worden ist. Das war 1940, während des 2. Weltkriegs. Meine Oma war damals 20 Jahre jung.

Ich erzähl´ Dir jetzt mehr über sie und ihr Leben.

Als sie 19 Jahre alt ist heiratet Erna 1938 Artur P., meinen Opa, den sie später als „schmucken Soldaten“ beschreibt (naja, war eben während des Krieges und Opa war ein einfacher Soldat ... Uniformen wirken auf manche Menschen ja besonders, sagt man...).
Oma hat mir mal erzählt, dass sie unter anderem geheiratet hat, weil sie vom elterlichen Hof weg wollte, um etwas Neues kennen zulernen (auch ´ne Motivation...).

Sie zieht dann zur Familie ihres Ehemannes und trifft dort auf ihre Schwiegermutter und deren vier (!!!!) Töchter.
Ich als Enkelin habe ab und zu erlebt, wie Oma über ihre Schwägerinnen gemeckert hat. Das war immer dann, wenn überlegt wurde, die eine oder andere einzuladen oder zu besuchen.
Oma hat erzählt, dass sich besonders die jungen Frauen ihr gegenüber unfreundlich und geringschätzend verhalten haben (Zickenkrieg in den 1930ern!).
Ihre Schwiegermutter verhielt sich ihr gegenüber eher distanziert und hielt wohl zu ihren Töchtern. Mehr weiß ich über meine Ur-Oma großväterlicherseits nicht.

Die Erfahrungen mit den Schwägerinnen haben dazu geführt, dass Erna im weiteren Leben kaum Kontakt zu ihnen hatte. (Ich habe diesen Teil der Familie erst kennengelernt, als meine Großeltern Goldene Hochzeit hatten.)

Zurück nach 1940.

In ihrem 21. Lebensjahr, bringt sie ihre einzige Tochter, Monika (meine Mutter) auf die Welt. Gemeinsam mit ihr wohnt sie in der Stadt Arys in einer Wohnung, während Artur als Berufssoldat an der Front ist. Oft ist sie in dieser Zeit mit Monika auf dem Hof ihrer Eltern in Tuchlinnen.
Wenn ich Oma richtig verstanden habe, war es für sie schön, bei ihrer Familie und nicht in der Wohnung allein mit dem kleinen Kind zu sein.

Meine Mutter hat mir erzählt, wie sich Erna und die anderen jungen Frauen kurz nach Ende des Krieges vor den Russen verstecken. Monika war damals gerade fünf Jahre alt:

"Auf dem Bauernhof gab es einen Räucherturm. Erna und die anderen jungen Frauen krochen ganz oben in den Turm, die Klappe die den oberen Teil des Turms verschloss, wurde zu gemacht. Ernas Mutter zog sich ihr Kopftuch tief ins Gesicht und gab sich wie eine sehr alte Frau. Die Russen fanden nur ein kleines Mädchen (Monika) und eine alte Frau (Ernas Mutter) vor und verließen den Hof wieder."

Kurzfristig flohen Erna samt Tochter und den anderen Dorfbewohnern Richtung Osten, weil sie sich dort mehr Sicherheit erhofften. Wenige Tage später kehrten sie allerdings in ihr Heimatdorf, das nun unter polnischer Besatzung stand, zurück.
Erna erzählt mir später, dass sie damals für kurze Zeit bei einem polnischen Zahnarzt im Haushalt arbeitet. Meine Mutter kann sich daran nicht erinnern. (Erinnerungen sind SO subjektiv und individuell!!!) Bis 1947 lebt Erna mit ihrer Tochter, ihrer Mutter und ihren Schwestern in Tuchlinnen.

So, das war der zweite Teil meiner "Danke, Oma-Geschichte".

Im nächsten Teil erzähle ich Dir, wie meine Großmutter und meine Mutter zu Flüchtlingen wurden.

Die Vergangenheit und die Gegenwart haben so viele Parallelen und Gemeinsamkeiten ... ich wäre wohl nicht auf der Welt, wenn meine Oma keine so mutige Frau gewesen wäre und die Flucht in Richtung Westen angetreten hätte!

Danke, Oma!

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