Freitod mit Plastiktüte - Ein Leitfaden für Unentschlossene

in #psychologie3 days ago (edited)

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Bearbeitungshistorie
Erster Entwurf19.01.2025, Sonntag
Änderung Absatz Gesellschaftskritik19.01.2025

Triggerwarnung: Sensibler Inhalt
Dieser Artikel befasst sich mit dem Thema Suizid und richtet sich eher an gesunde Menschen. Solltest du oder jemand, den du kennst, Unterstützung benötigen, wende dich bitte an professionelle Hilfsdienste wie die Telefonseelsorge unter 0800 1110111 oder ähnliche Angebote in deiner Region.


Johann Wolfgang von Goethe lässt in seinem Roman "Die Leiden des jungen Werther" selbigen die letzte Konsequenz ziehen, als er erkennt, dass seine Liebe für immer unerfüllt bleiben wird. Der junge Werther hat Glück und kann sich einer Pistole bedienen, um seinem Leiden ein schnelles Ende zu machen. Keine Wartezeit und gute Erfolgschancen machen den Pistolenschuss zu einer der attraktivsten, da humansten Arten, sich dem täglichen Miteinander (manche nennen es Wahnsinn) zu entziehen

Wer sich nicht wie in der Romantik aus einer Mode heraus das Leben nimmt, sondern meint, tatsächlich Gründe zu haben, dem sei gesagt, dass alle anderen Arten des Verzichts auf das Leben mitunter erhebliche Herausforderungen darstellen. Wer es sich nur mal überlegt, kann sich sicher sein, dass er oder sie es nicht fertig bringen wird, denn die Kreatur, die das eigene Haupt auf den Schultern trägt, wird von dem Vorhaben Wind bekommen und versuchen, den verstörten Kopf zu überstimmen.

Der Körper weiß nichts von emotionalem Leid. Man fühlt sich zwar mitunter schlecht, und das hat auch Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit, aber nur langfristig. Arme Menschen sterben früher, heißt es, und das nicht nur wegen schlechterer Ernährung, sondern auch wegen mangelnden Glücks. In einer freien Welt der Zukunft, so glaube ich, wird man Entscheidungen von Individuen mehr respektieren als heute, und für den Freitod Möglichkeiten bereit halten, um dem Individuum, das sich absolut sicher ist, den Weg zu erleichtern.

'Wie kann man aber über so etwas Schreckliches nur in so unbefangener Weise sprechen?' Nun, erst mal ist es schrecklich nur für dich. In einer Gesellschaft der Zukunft, wie gesagt und meiner Meinung nach, ist das kein ausreichender Grund, um einem Individuum seine Autonomie zu entziehen. Denn was unterscheidet die Menschen, wenn nicht ihr Wille? Und was gibt dir das Recht, anderen die Freiheit zu nehmen, selbst ihr Leben zu bestimmen? Weißt du oder kannst du sagen, wie es sich für jemanden anfühlt? Oder warum denkst du, hättest du das Recht, andere zum Leben zu zwingen? Weil du gesund bist? Denkst du, du bist gesund, weil du integriert bist? Ist denn die Gruppe, das Land oder der Planet gesund, auf dem du lebst?

Ja, es ist Mord aber wie so oft kommt vor dem physischen Tod der seelische und dort liegt die Verantwortung der Gesellschaft und eine der größten Hoffnungen des Selbstmörders, sich zu rächen. Manche nehmen dabei noch ein paar derer mit, die sie als Grund für ihre Verzweiflung oder Situation sehen, bevor sie in den Tod gehen. Die Ursachen sollten die Gesellschaft interessieren und nicht eine egozentrierte und oberflächliche Moral der Entrüstung.

So viel zur exzentrischen Auffassung des Autors. Kommen wir zur Technik.
Wenn man auf einer hohen Brücke steht, ist da ein langer Weg hinunter. Das macht Angst. Genauso ist es mit einer Plastiktüte, die man sich über den Kopf zieht. Es dauert eine Weile, bis man stirbt. Eine Minute kann man es ohne Probleme mit der eigenen Luft aushalten, aber wie es so schön von Frank Sinatra heißt:

That's life (That's life), that's life and I can't deny it;
Many times I thought of cutting out but my heart won't buy it;
But if there's nothing shaking come this here July;
I'm gonna roll myself up in a big ball and die; My, my


Freie Übersetzung: "So ist das Leben und ich kann es nicht leugnen.
Oft habe ich daran gedacht, mich zu verpissen, aber mein Herz ist anderer Meinung.
Doch wenn bis diesen Juli (Monat beliebig, reimt sich nur) nichts mehr passiert,
rolle ich mich in einen großen Ball auf (mache einen spektakulären Abgang) und bin weg. Pech gehabt
"

Das bedeutet, wenn du in Panik gerätst und dir die Plastiktüte wieder vom Kopf reißt, hast du es nicht ernst gemeint. 'Dein Herz hat es dir nicht abgekauft' und dich überstimmt. Was also tun? Naja, man könnte es üben, nur würde das nichts bringen, weil man nicht üben kann, in Panik zu geraten. Das Problem ist, dass sich die Gedanken im entscheidenden Moment, beziehungsweise je näher dieser rückt, überschlagen. Wie gesagt, mit einer Waffe ist es leicht, nur, ist es nicht besser, dass es nicht ganz so leicht ist?

Ein einzelner Mensch ist nichts. Bei der Arbeit bist du problemlos ersetzbar, auch als Bundeskanzler oder Papst. Du hast keinen Einfluss auf gar nichts, deine Macht ist sehr begrenzt. Dein Tod wird keine großen Spuren hinterlassen und auch deine Rache wird nur von kurzer Dauer sein. Die einzige Macht, die du über andere hast, ist über die Kreatur, die dein Haupt auf ihren Schultern trägt. Wenn du es wirklich ernst meinst, musst du die Kreatur vorher beruhigen. Sie darf nicht merken, was du vorhast. Es muss alles ganz normal erscheinen. Übe, die Ruhe in Extremsituationen zu bewahren. Meditieren, Tai Chi oder was dich Kontrolle behalten lässt - wenn du nicht bereit bist, wird es nicht funktionieren. Die Hälfte der Selbstmorde sind Unfälle, die zufällig geklappt haben.*

Wenn du die Plastiktüte über den Kopf gezogen und den Hals mit Klebeband abgeklebt hast, bleiben dir noch ein paar Minuten, in denen du die warme Luft aus der Tüte atmest und diese musst du in völliger Ruhe verbringen, sonst überwältigt dich dein tierischer Begleiter, der und die von der Idee ganz und gar nicht begeistert sein wird, ganz egal, wie schlimm du emotional leidest.

Die Bergleute haben früher einen Kanarienvogel mit in die Minen genommen, damit sie wussten, wann der Sauerstoff in der Grube verbraucht war. Denn dann gibt es keine Chance mehr, etwas zu tun. Man verliert das Bewusstsein wie bei einer Narkose. Ein Tod, den man praktisch nicht bemerkt - aus dieser Perspektive, ein schöner Tod. Aber alles bringt nichts, wenn man die Nerven verliert und einen Rückzieher macht.

Deswegen, wenn du keine Möglichkeit hast, dir eine Pistole zu besorgen, solltest du meditieren, damit du in den Minuten unter der Plastiktüte nicht in Panik gerätst. Der Moment, wenn man glaubt, das Bewusstsein zu verlieren, ist entscheidend: Dein Herz darf nichts von deinem Vorhaben erfahren.

Schlusswort

Da du den Text nun gelesen hast und dich geneigt siehst, ihn zu kritisieren, möchte ich noch meine guten Absichten anführen. Natürlich gebe ich eine Anleitung zum Selbstmord, aber ich bin mir relativ sicher, dass die Methode, die ich anbiete, das Gegenteil bewirken wird, denn in der Stille gibt es keine Stimmen, die zum Sterben aufrufen. Wer Selbstmord begeht ist in erster Linie Opfer von sich selbst und schlechten Gedanken. Diese Gedanken auszuschalten, sind der Schlüssel für ein unbelastetes Dasein oder sogar für Glück.


* Behaupte ich einfach mal. (Wie weiß die Kirche eigentlich, welche Selbstmörder es tatsächlich ernst meinten (und wer folglich nicht auf dem Friedhof begraben werden darf) und welche "nur Glück hatten" bei ihrem Vorhaben?)

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