Steem ist die Kryptowährung der Stunde. Wie aus dem Nichts ist Steem im Juli aufgetaucht, um mit einer faszinierenden Mischung aus sozialem Netzwerk und Kryptowährung rasend schnell Anhänger zu finden. Was ist dran an der Kryptowährung, die erzeugt wird, indem Leute gut finden, was andere Leute posten? Und wie gut kann man Geld mit Steem verdienen? Kryptowährungen sind ein verrückter Markt. Jeden Monat gibt es einen neuen Darling, und dass ein Coin in zwei Wochen 100 oder gar 1000 Prozent Gewinn macht, ist gar nicht so selten. Ein Beispiel dafür hat in den vergangenen Wochen Steem geliefert. Der Kurs dieser auf coinmarketcap seit April gelisteten Kryptowährung hat sich in wenigen Wochen verzwanzigfacht. Anfang Juli stand ein Steem noch bei 0,0003 Bitcoin, am 14. Juli waren es schon mehr als 0,006 Bitcoin. Im Ranking der Marktkapitalisierung von Kryptowährungen ist Steem rasend schnell nach oben geklettert und steht nun, mit etwa 300 Millionen Dollar, hinter Bitcoin und Ethereum auf Platz drei.
Ein-Monats-Chart von Steem: So siehen Aufsteiger aus! Quelle: Coinmarketcap.com
Was ist los? Alles nur ein Pump-&-Dump? Nur Marketing, schöne Bildchen, viel Gier und die große Abzocke? Oder hat Steem tatsächlich etwas, was andere Kryptowährungen nicht können? Und warum passiert das gerade jetzt, nachdem die Kryptowährung monatelang auf den hinteren Rängen herummanöveriert hat? Die Antwort auf all diese Fragen dürfte in Steemit zu finden sein. Steemit ist eine Art Forum, so ähnlich wie reddit, in dem man Beiträge posten und die Beiträge anderer Leute kommentieren oder upvoten kann. Wer den Screenshot genauer anschaut, erkennt allerdings eine Besonderheit:
Seht ihr es? Unter den einzelnen Posts steht nicht nur, wieviele Upvotes und Kommentare es hat – sondern auch, wieviel Geld der Poster bekommt. Venture Capitalist Fred Wilson findet Steem interessant? 12.317 Dollar! Ein Bericht über einen Sohn mit Down-Syndrom? 6.300 Dollar! Ein Bild von einem Regenbogen über Wellen, aufgenommen auf Pe’ahi Maui? 1.859 Dollar! Und so weiter.
Ist Steem DIE Lösung für das Problem der Content-Monetarisierung?
Steemit ist also ein Portal, auf dem man Geld für guten Content verdient. Und das nicht zu kapp. Dementsprechend lieben die meisten Leute, die auf Steemit posten, Steem, und wer darüber schreibt, hat gute Chancen, dafür fürstlich belohnt zu werden. Derzeit schwappt eine Welle der Steemit-Begeisterung durch die Kryptoszene. Während die meisten Kryptoseiten bisher eher das Revier von Nerds sind, also in der Regel von Männern, die sich für Kryptowährungen, Investment und technologischen Schnickschnack interessieren, ist Steemit bunter und – was vielleicht am erstaunlichsten ist: weiblicher. Es gibt einen Channel für Photographie, Kunst, Gesundheit, Rezepte, Reiseberichte, Lifestyle und vieles mehr. Und auch hier bekommen die Poster reichlich Kohle für ihre Beiträge. Steemit wird schon als das neue Facebook, twitter und reddit gefeiert, als die Revolution des Micropayments. Und tatsächlich ist steemit die erste mir bekannte Plattform, die ordentlich für content bezahlt. Es wäre durchaus vorstellbar, dass in nicht allzu ferner Zukunft Magazine ihre Artikel auf Steemit veröffentlichen. Woher aber kommt das Geld? Ist es überhaupt echtes Geld? Und was hat das ganze mit der Kryptowährung Steem zu tun? Die einfache, triviale Antwort ist: die Kryptowährung Steem wird nicht gemined, indem Leute ihre Grafikkarten heiß laufen lassen, sondern indem Leute das, was andere Leute posten, gut finden. Das Geld, das für Posts bezahlt wird, entsteht also. Einfach so, genau wie jede andere Kryptowährung. Die Entwickler von Steem haben eine Technologie entwickelt, die genau das möglich macht. Das war die kurze Antwort. Die lange Antwort wird etwas komplizierter und taucht tief in das Steem-Whitepaper ein. Wir versuchen, zu verstehen, wie Steem macht, was es macht. Ich muss gestehen, dass ich es nicht vollständig verstehe, sondern nur versuchen kann, es so weit wie möglich zu erklären.
Also, erstens: Was ist der Zweck von Steem?
Die Kryptowährung wurde, so das Whitepaper, designed, “um die gravierenden Probleme der Monetarisierung einer auf sozialen Medien basierenden Wirtschaft zu lösen. Unsere These ist, dass dieselben Techniken, die genutzt werden, um soziale Medien großzuziehen, auch genutzt werden können, um eine erfolgreiche Kryptowährung zu starten.” Steem soll ein “effektives Micropayment für alle Arten von Beiträgen ermöglichen … Leser sollen nicht länger überlegen müssen, ob sie jemanden bezahlen wollen oder nicht, sondern content einfach nur up- oder downvoten. Steem wird ihre Wahl nutzen, um die individuellen Belohnungen zu bestimmen. ” Wie Steem dieses Ziel erreicht, sehen wir in den folgenden Abschnitten.
Zweitens: Was ist die technologische Basis von Steem?
Steem beruht auf Bitshares (BTS) auf. BTS entstand, glaube ich, im Umfeld von NEXT und hat das Delegated-Proof-of-Stake (DPoS) entwickelt, das, so die Eigenangabe, “schnellste, effizienteste, dezentralste und flexibelste verfügbare Konsens-Modell.” DPoS bedeutet, dass es die sogenannten “Delegierten” gibt, die mit ihre Guthaben staken – also minen – dürfen und auf diese Weise Blöcke verifizieren. Dieses Modell der delegierte Miner wird auch von Lisk weiterentwickelt und hat den Vorteil, dass man sich über Effizienz, Dezentralisierung und Blockgröße keine Gedanken machen muss. Wird zumindest gesagt. Erzeugt werden die Steem-Token durch den “Subjective Proof of Work”. Während der objektive Proof-of-Work darauf beruht, dass die Miner eine mathematisch verifizierbare – also objektiv messbare – Arbeit erbringen (sie lösen ein kryptographisches Rätsel, bei Bitcoin auf Basis des SHA 256 Algorithmus) obliegt die Bewertung der Arbeit beim subjektiven Proof-of-Work den Delegierten oder – wenn ich es richtig verstehe – den Besitzern von Token. Aber dazu später. Wichtig ist hier, dass die Delegierten bzw. Staker selbst entscheiden können, ob ein eingebrachter Proof-of-Work gültig ist – und auch, wieviel er wert ist. “Die Anwendungen einer Währung, die den Subjektive Proof of Work implementiert, reichen viel weiter als die des Objektiven Proof of Work, weil sie genutzt werden können, um eine Community um jedes Konzept herum zu bilden, das einen ausreichend definierten Zweck hat,” erklärt das Whitepaper, “effektiv sind die Kriterien, nach denen die Arbeit bewertet wird, komplett subjektiv und ihre Definition liegt außerhalb des Codes selbst. Die eine Community mag Künstler belohnen wollen, die andere Dichter und die nächste Komiker. Andere Communities können sich entscheiden, Wohltätigkeit oder politische Agenden zu belohnen.” Das Transaktionssystem von BitShares schließlich heißt Graphene; es ist laut BitShares-Webseite erwiesenermaßen in der Lage, 1.000 Transaktionen je Sekunde zu verarbeiten und schafft mit einigen Verbesserungen 100.000 Transaktionen je Sekunde. Dies reicht bei weitem aus, um ein soziales Netzwerk auf eine Blockchain zu bringen. Reddit, um einen Vergleichswert zu haben, würde 250 Transaktionen je Sekunde brauchen, wenn man jede Aktion der User durch Transaktionen abbilden möchte.
Drittens: Was genau macht Steem?
Also, lasst uns, endlich, konkret werden: Steem nutzt die Leistung von Graphene und DPoS, um eine Blockchain mit einem sozialen Netzwerk zu verbinden. Jedesmal, wenn jemand etwas auf Steemit posted, kommentiert oder upvoted entspricht dies einer Transaktion auf der Steem-Blockchain. Ich nehme an, dass Posts nicht vollständig gespeichert, sondern nur referenziert werden. Aber so genau weiß ich es nicht. Der Kern von Steem liegt in der Interpretation des Subjektiven Proof of Works. Dieser mach die Erzeugung neuer Einheiten nämlich von Upvotes abhängig. Der Content, den jemand postet – sei es ein Text, ein Bild, ein Video – ist die Arbeit, die jemand einreicht, und die Upvotes der Delegierten oder Staker sind die Entscheidung darüber, ob diese Arbeit gültig ist. Je mehr Upvotes ein Beitrag bekommt, und je mehr Steem hinter den Upvotes steckt, desto höher ist die Belohnung für den Beitrag. Zumindest verstehe ich es so. Steem hat ein relativ kompliziertes System der Entlohnung entwickelt. Jede Minute werden wohl 800 Steem erzeugt. Diese gehen an verschiedene Parteien, die alle ihren Beitrag zum Funktionieren des Systems leisten. Das System Steem nämlich besteht nicht nur aus der Währung Steem, sondern aus zwei Ableitungen von ihr – Steem Power und Steem Dollar. Dieses Konzept ist undenkbar wichtig, um zu verstehen, wie Steem funktioniert. Im Einzelnen:
- Steem die Kryptowährung ist die grundlegende Einheit. Die Steem-Token sind allerdings nicht dafür gemacht, um die Funktion der Wertaufbewahrung zu erfüllen, so wie Bitcoin und andere Kryptowährungen, sondern sollen lediglich eine Einheit für Überweisugen sein. Sie sind hochinflationär, ihre Anzahl verdoppelt sich jedes Jahr, was einer Inflationsrate von 0,19 Prozent entspricht. Es wird empfohlen, Steem so schnell wie möglich in eine der beiden anderen Einheiten des Systems Steem zu überführen.
- Steem Power (SP): Dies ist vielleicht das wichtigste Konzept von Steem. Wer Steem, die Token, zu SP macht, bindet seine Einlage langfristig und wird dafür belohnt. Durch das “Power Up” werden die Steem eingefroren. Sie können nur durch 104 gleichwertige wöchentliche Auszahlungen in Steem zurückverwandelt und damit überwiesen und auf Börsen getauscht werden. Als Belohnung für diese langfristige Bindung erhält man die neunfache Menge an Steem-Token. Sollte die Kryptowährung also in zwei Jahren weiterhin existieren, wird man durch die Konvertierung in SP Gewinn machen. Das wichtigste an Steem Power ist aber seine Rolle im Mining durch Upvotes: Je nachdem, wieviel SP man hat, desto wichtiger wird das eigene Upvote. Wenn ich also mit 1000 SP ein Upvote gebe, bekommt das Post viel weniger Reward als wenn jemand mit 1.000.000 SP upvoted.
- Steem Dollar (SMD): Die Steem Dollar sollen schließlich die bislang noch fehlende Wertstabilität ins Spiel bringen. Sie werden so ähnlich wie Wandelanleihen gebildet, die zu einem vorher festgelegten Verhältnis eingetauscht werden können. Verantwortlich für die Schaffung stabiler Steem Dollar sind Liquidity-Maker, die dafür ihrerseits eine Belohnung bekommen. Wie das genau funktionieren soll, ist mir unklar, und ehrlich gesagt tue ich mich schwer, zu glauben, dass es überhaupt möglich ist, eine Kryptowährung stabil an eine Fiat-Währung zu binden. Aber solange es zu einem gewissen Grad funktioniert, erfüllt es wohl seinen Zweck.
Unwissenheit ist kein Grund, etwas nicht auszuprobieren
Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich selbst noch etwas verwirrt bin und hier nur ein Halbwissen präsentieren kann. Falls ich also an dieser oder jener Stelle Unsinn erzählt habe, steinigt mich bitte nicht, sondern klärt in den Kommentaren die Leser auf. Mir ist nur in Ansätzen klar, wie der Subjective Proof of Work funktioniert, aber wenn ich mir vorstelle, was dies alles möglich macht, wird mir schwindelig. Natürlich Steem noch Beta. Vor einigen Tagen wurde auch ein Bug bekannt, der es möglich machte, dass die Liqudity-Provider durch das sinnlose Hin- und Hertauschen von Steem Dollar unerhört viel Geld absaugen konnten. Kurz darauf kam eine Schwachstelle heraus, die eine DDoS-Attacke ermöglicht hatte, weshalb die Plattform Steemit vorübergehend offline ging. Während die Fans anderer Kryptowährungen schon vom “DAO-Moment” von Steem sprachen, blieb der Preis weitgehend unberührt und Steemit ging kurze Zeit später wieder online. Ein weiterer Kritikpunkt, der manchmal vorgebracht wird, stellt das exzessive Pre-Mining von Steem dar. Angeblich wurden 80 Prozent aller Steem von den Entwicklern der Kryptowährung in die eigene Tasche gemined. Aber auch hier muss ich einräumen, dass ich zuwenig weiß, um dies zu bewerten. Wer mehr über Steem erfahren möchte, sollte es einfach ausprobieren. Anmelden kann man sich bei Steemit mit seinem Facebook- oder Google-Account, zum Start bekommt man ein wenig Steem Power geschenkt, um mitbewerten zu können. Mit einem Testbeitrag habe ich gut 100 Steem-Dollar verdient. Allerdings muss ich noch einige Tage warten, bis ich sie auszahlen kann. Ich bin gespannt, ob ich sie wirklich bekomme und ob sie wirklich 100 Dollar wert sind.
Post erschien schonmal von jemand anderen, wurde hier wohl geklaut.