Sommer 2016. Pazifikküste Mexikos, Boca del Cielo, Regenzeit. Irgendwie war ich hier gelandet, weil ich spontan beschlossen hatte, mit einem anderen Reisenden, Antoine, dem wahnsinnig gut aussehenden Franzosen, ans Meer zu fahren.
Denise kam auch mit. Eine verrückte Tirolerin, mit der ich in San Cristóbal de las Casas einmal wild gefeiert hatte. Witzige Gesellschaft, dachte ich.
Als wir dort ankamen, bemerkten wir recht schnell, dass wir da ziemlich alleine waren, das Wetter war auch nicht optimal, es regnete viel.
Doch der Regen hatte auch einen großen Vorteil. Das Wasser war knapp in Chiapas, besonders hier an der Küste, also musste man sich mit Salzwasser waschen und sonst natürlich auch sparsam sein. Der Regen war wunderbar zum Duschen, man stellte sich einfach unter eine Palme und genoss es. Wenn es regnete, freuten wir uns wie kleine Kinder auf den Schnee.
Dort schliefen wir in unseren Zelten. Nachts war es etwas unheimlich, da es absolut dunkel war, und außer uns sonst niemand da zu sein schien. Die Besitzer des Campings, also einer Überdachung für ungefähr 6 Zelte, fuhren nachts über die Lagune, die sich zwischen Strand und Festland befindet, mit Booten nach Hause.
Antoine hatte etwas Stress. Er wollte auf das Burning Man Festival in Kalifornien und brauchte noch ein Ticket. Dazu musste er zu einer bestimmten Zeit ins Internet. Tja, das gab es dort nicht. Also beschloss er, am nächsten Tag in die nächste Stadt zu fahren. Danach sahen wir ihn nicht mehr. Über Freunde erfuhr ich dann, dass er dort die Liebe seines Lebens fand und sie heiratete. Sie reisen jetzt gemeinsam.
Nun waren Denise und ich alleine. Bis das nächste Boot kam und da saß Anna drin. Eine - wirklich toll verrückte - Schweizerin. Sie erinnerte mich vom Aussehen an die Heidi, ja, ich weiß, Klischee. Sie war etwas ganz besonderes und eine wunderbare Person. Sie war sehr behaart. Überall. Ich fand diesen Mut so bemerkenswert. Dieses Selbstbewusstsein, so natürlich aufzutreten. Und dennoch hatte sie eine Stimme wie ein kleines Mäuschen, wenn sie sprach. Man hörte sie kaum. Irgendwie witzig, aber mit der Zeit natürlich auch etwas nervig. Anna hatte ihre Gitarre mit. Und war minimal ausgerüstet. Aber wenn sie sang, dann brüllte sie. Dann war das kleine Mäuschen verschwunden. Es war wundervoll, ihr zuzuhören, denn sie steckte ihr ganzes Gefühl da rein.
Österreich und Schweiz waren also schon da, fehlte noch die deutsche Fraktion.
Wir saßen gerade vor unseren Zelten, jede war mit etwas anderem beschäftigt. Totalle Stille. Vom Strand schlendert ein junger Mann, mit seinem nicht allzu großen Rucksack, in unsere Richtung. Aus dem Nichts. Das war der Moment als Rubén sich zu uns gesellte.
Das Interessante an Rubén (er wollte immer dass man das E in seinem Namen betont) war, dass wir uns schon in San Cristóbal de las Casas getroffen und flüchtig kennengelernt hatten. Dort war er etwas schüchtern, er wohnte im selben Hostel wie wir, aber wir kamen nie richtig dazu, uns zu unterhalten. Er wohnte da bestimmt zwei Wochen lang, doch so richtig konnte oder wollte er sich nicht in die restliche Gruppe einfügen. Er war sehr jung. Ich denke, um die 23. Hatte ein helles, rundes Gesicht, dunkle Haare und dunkle Augen. Er wirkte wie ein braver Junge eben.
Wir freuten uns, dass wir uns hier an diesem leeren Strand trafen und hatten daraufhin ein paar sehr nette, interessante, aufschluss- und erkenntnisreiche Tage an diesem Strand. Ich verstand mich unerwartet gut mit Rubén. Wir waren wie richtig gute Freunde, die toll miteinander über Gott und die Welt reden konnten. Er, der für mich so jung schien, teilte eine Sache, eine Idee mit mir, die ihn glücklicher gemacht hat und die ich wundervoll finde. Hier teile ich sie jetzt mit euch, als meine persönliche
travel&mindStory #2:
Schreibe jeden Tag auf, was du heute zum ersten Mal gemacht hast.
Ihr werdet sehen, wenn man das macht, also im Laufe des Tages bewusst wahrnimmt, wieviele Dinge man eigentlich zum allerersten Mal in seinem Leben macht, dann merkt man, wie vieles es doch tatsächlich gibt. Und man jeden Tag etwas Neues erlebt. Man muss sich nur mal darüber bewusst sein.
Das zweite tolle und praktische Resultat, wenn man das macht, ist, dass man einen kurzen Satz aufschreibt, sich aber an alles rundherum erinnert. Es ist wie ein Tagebuch, eine Reisedoku, aber eben nur ein Satz. Und ihr erinnert euch an alles.
An diesem Tag begann ich damit. Und in dieser Nacht war das erste, das ich in mein Büchlein schrieb:
"das erste Mal im Universum Rad gefahren"
Man stelle dich das so vor: Im Sand liegend am dunklen Strand. Die Füße hoch und in den unzähligen Sternen, die zu sehen sind, mit den Beinen radeln. Klingt für manche vielleicht kitschig, aber damit ist ein ganzer Abend verbunden, an den ich mich gerade erinnere und lachen muss... Und das Glück ist schon da..
Es gibt viele erste Male. Jeden Tag. Was habt ihr heute zum ersten Mal gemacht?
Ich habe heute zum ersten Mal im Zug Kakao getrunken.
Danke fürs Lesen
@margemellow
Schöne geschichte!
Danke :)
Ich hab zu danken!