Wenn etwas unter modernen Linken normalerweise tabu ist, dann ist es auf die eigene ideologische Verwandtschaft mit den Nationalsozialisten hinzuweisen. Ja, man kann sogar selbst einen Schlag mit der Nazi-Keule verpasst kriegen, wenn man einem Linken vorhält, dass Nazis Nationale Sozialisten sind. Das macht zwar keinen logischen Sinn, aber das ist genau der Punkt. Linke verdrängen den Nazi in sich gerne und projizieren ihn daher umso bereitwilliger auf rechte Windmühlen.
Da ist es bemerkenswert, wenn Jakob Augstein, selbsterklärtermaßen "im Zweifel Links", in seiner SPIEGEL-Kolumne ausführt:
"Die AfD dürfte künftig auf einen Politikmix setzen, der in der deutschen Geschichte schon einmal furchtbar erfolgreich war: Rassismus plus Sozialstaat. Dann droht der Aufstieg der Rechten zur Massenbewegung."
Augstein ist selbst schon in die Mühlen der Unterstellungsrhetorik geraten, als er beschuldigt wurde selbst Rassist zu sein, in seinem Fall "Antisemit" (die Nazi-Keule der Israel-Falken). Meiner Meinung nach ebenso zu Unrecht, wie seine Versuche Herrn Höcke von der AfD zum Rassisten zu erklären.
Augstein berichtet:
AfD-Anhänger frohlockten, nun habe auch der linke Journalist die Zeichen der Zeit erkannt. Liberale Leser dagegen waren nicht erfreut. Eine Kollegin war von der Idee einer rassistischen Volkspartei derart schockiert, dass sie empfahl, die Kolumne zeitweise in andere Hände zu geben. Das war erstaunlich ehrlich: lieber nicht hinsehen. Aber es war solche Vernachlässigung der Wirklichkeit, mit der die liberalen Eliten den Rechten in der Vergangenheit Raum zum Wachstum gelassen haben.
Es ist interessant, dass der sonst so linke Augstein hier von "liberalen Lesern" spricht. Der SPIEGEL und speziell seine Kolumne sind ja nun nicht gerade als Sprachrohre des Liberalismus bekannt.
Die schockierte Kollegin ist ein Musterbeispiel für die eingangs erwähnte Verdrängung. Ich kann nur mutmaßen, dass es eine Kollegin aus der Riege der neo-marxistischen Social Justice Kriegerinnen ist, über die sich Co-Kolumnist und Quoten-Konservativer Jan Fleischauer gelegentlich amüsiert zeigt. Dafür spricht der Zensur-Reflex, den sie an den Tag legt. Dann wäre sie aber sicherlich nicht Teil einer "liberalen" Elite, sondern eher der "Rot-Grün-Schwarzen", die den Liberalismus sonst nur mit der bedrohlichen Vorsilbe "Neo" versieht und als sozialdarwinistisches Teufelszeug an die Wand malt. Genau diese "Elite" war und ist blind, nicht eine leider inexistente "liberale Elite" in Deutschland.
Ginge es Augstein um den Liberalismus, dann würde er sich nicht so obsessiv mit den Nationalkonservativen in der AfD (in personam Höcke) beschäftigen, sondern dem starken klassisch-liberalen bis libertären Flügel den Rücken stärken, nicht nur Alice Weidel und Jörg Meuthen, sondern z.B. auch absoluten fachlichen Koryphäen wie Peter Boehringer.
Stattdessen hetzen Augstein und der SPIEGEL und das ganze Konzert aus ARD, ZDF und sonstigen "seriösen Medien" seit Jahrzehnten gegen den Liberalismus und haben ein zutiefst anti-liberales "sozialgründemokratisches" Klima in Deutschland geschaffen, dass sie nun beklagen.
Es wäre dringend an der Zeit, dass sich eine "liberale Elite" in Deutschland zu Wort meldet, bevor sich Leute wie Jakob Augstein zu ihren Sprechern erklären. Dazu bräuchten wir aber Intellektuelle wie (ceterum censeo...) Jordan Peterson, damit wir endlich mit diesem kindischen Rechts versus Links Spiel aufhören und die Werte des Klassischen Liberalismus wiederentdecken, die in Deutschland seit Bismarck und den Ruinen zweier Weltkriege unter Bergen etatistischer Indokrination verschüttet sind.
The Alternative To The Left & Right Paradigm Is To Be An Individual
Immer sehr interessant und gut zu lesen bei dir! Liebe Grüße
Bin gespannt wann der 1. Auftritt von Peterson in Deutschland ist...
AfD-Philosophiekongress unter der Leitung von Marc Jongen?
Nein, Spass beiseite. Peterson will sich bestimmt nicht politisch instrumentalisieren lassen.
Aber gegenwärtig kann ich mich mir nicht vorstellen, dass Peterson im deutschsprachigen Raum völlig problemlos an Universitäten sprechen könnte. Vielleicht an einer TU oder sonst sicherlich an einer privat organisierten Veranstaltung.
Wann und wo wird er zu sehen sein?
Der Diskurs zwischen links und rechts ist einer, der auch für die gesamte Breite zugänglich ist. Sobald man anspruchsvollere Sozialethiken und Gesellschaftssysteme in die Debatte bringt, sind viele Beteiligten schnell raus. Sowohl dem linken, als auch dem rechten Flügel fehlt da meist die Einsicht, sich der Realpolitik widmen zu wollen. Die Linke ist leider in den letzten Jahren z.B. immer mehr zu einer wenig schimmernden Farce ihrer selbst geworden, anstatt realpolitische und umsetzbare soziale Ziele zu verfolgen. Mit Gysi hat sie zumindest noch einen vernünftigen Vertreter.
Links zu sein bedeutet heute bedauerlicherweise lediglich gegen rechts zu wettern (das selbe gilt auch für das andere politische Lager). Die an den Tag gelegte Intoleranz ist erstaunlich.
Vielleicht kann sich ja die Grüne wieder auf Ihre eigentlichen Funktionen berufen, jetzt da die Spitze sich aus Realos zusammensetzt. Es bleibt sicherlich spannend.
Das Gespenst AFD wird sich, höchstwahrscheinlich, durch eigene Unfähigkeit zur nächsten Legislaturperiode eh erledigt haben.
Sehr guter Kommentar, dem ich 100% zustimme - es herrscht auf allen Seiten eine nicht zu ertragende Intoleranz. Alle, die mich kennen wissen, dass ich von AfD gar nichts halte, aber ebenso die Grünen für völlig unfreie erachte, da diese keinerlei Daseinsberechtigung mehr haben, wozu denn? Wir schlittern nur in eine Art Weimarer Republik 2.0 gerade - und das ist sehr gefährlich.
Oh, so intolerant zu sein, wie manche Vertreter des rechten Flügels sich mir gegenüber geben, das krieg ich gar nicht hin. Dabei könnte das hier ja die Plattform sein, um Unmut gegen "die anderen" zu glätten. Ist aber bei vielen offenbar nicht gewünscht. Ich nenne jetzt auch keine Namen ...
Was meinst Du genau @isarmoewe - es bringt doch nix ausser hohen Blutdruck sich mit Idioten Diskussionen zu liefern - ob rechts oder links - flaggen und gut ist - muten kann ich nicht, da ich auch zu doof bin und wissen will was der Mobb schreibt, daher garantiere ich auch niemals, dass ich nicht doch wieder diskutiere - aber es gibt auch schöne dinge im Leben.
Platform um Unmut gegen andere zu glätten ist schwer hier wenn Meinungsfreiheit / Zensur und das System nicht verstanden wird.
Die Grünen haben ihre Politik zu lange von den Fundis innerhalb der eigenen Partei diktieren lassen, was in der Regel zu Ohnmacht wird. Das tragische Ausmaß haben wir ja nach der letzten Bundestagswahl erleben dürfen. Da haben bei der Regierungsbildung alle Parteien kollektiv versagt, da man sich nicht auf wichtige Themen einigen konnte. Jetzt dümpelt der Bundestag so vor sich hin und die AFD versucht überall Redezeit von den anderen Parteien zu stibitzen. Der Haushaltsausschuss ist ja nur die spitze des Eisbergs. Bin gespannt, wann sich Merkel endlich zur Minderheitenregierung durchringt (sofern diese denn toleriert wird).
Vielleicht bekommen wir mal dann richtige Politik zu sehen, die sich deutlich von der aktuellen Lagerpolitik unterscheidet. Vielleicht geht es dann ja mal wirklich um das beste für Deutschland? Vor allem das Resultat der Weimarer Republik sollte definitiv vermieden werden.
Bisschen mehr Pluralismus, bisschen mehr Pragmatismus und bisschen weniger Fundamentalismus wären vielleicht schon mal ein guter Einstieg.
Die politische Linke hat nie ihre Rolle im NS aufgearbeitet, sondern zeigt mit den Fingern einfach auf Andere. Konservative, Abgehängte, das deutsche Volk als Ganzes. Es ist egal, Hauptsache man hat selbst nichts damit zu tun, obwohl die Ideologien in wesentlichen teilen übereinstimmen, massenweise Kommunisten zu den Nazis übergelaufen sind, die SA aus Kommunistenschlägern bestand, viele Nazis sich selbst als Sozialisten sahen, Hitler Bewunderer der französischen Revolution war, der Holocaust dadurch gerechtfertigt wurde, dass man angeblich durch Juden unterdrückt wird (Marxismus) etc
Thanks for the article @fabio. Tough subject. I hope one day right and left will just stop calling themselves as such. We live no more in the 70s. Its time that liberalism takes over and want Ron as president of italy :)
Great post @fabio.
Wieder eine tolle Zusammenfassung. Ich weiß momentan nicht was ich zur Politik sagen soll... Was da generell momentan läuft... Mir fehlen echt die Worte
Es gibt (noch?) tatsächlich liberale Kräfte in der AfD? kopfkratz
Es ist ja irgendwie auch so: sobald jemand für eine Partei das Gesicht hinhält, steht der- oder diejenige auch im Fokus der Medien und die Partei wird an den Aussagen dieser Person gemesssen.
Aus meiner Perspektive der jahrelangen Beschäftigung mit dem politischen Liberalismus kann ich nur sagen, dass ich mit meinen 42 Jahren noch nie so eine Partei erlebt habe, wo liberal-libertäre Heroen wie Hayek, von Mises und Rothbard populär sind. Ich kenne z.B. MdB Peter Boehringer seit Jahren persönlich, wir sind per Du. Das ist für mich ein absolutes Fest, einen klassich-liberalen Minimalstaatler und Freund des ehrlichen Marktgeldes in den Bundestag wählen zu dürfen, nach 20 Jahren Wahlabstinenz, weil ich meinen Mitbürgern den ganzen autoritären Rest nie an den Hals wählen wollte.
Ja, es sind auch Personen wie Höcke an Bord, die mir etwas zu heimatfokussiert sind, aber vor allem zu interventionistisch. Ich betrachte mich ja als weder links noch rechts, aber die AfD Kritik kommt ja vor allem aus linker Ecke und das sieht für mich als Außenstehenden halt so aus, als würde ganz bewusst nur der angeblich so dicke rechte Rand (Wo im Vorstand? Bundestag? Parteiprorgamm?) zählen, um die absolut berechtigte und dringend benötigte EURO-Fundamentalkritik totschweigen zu können und auch einfach nur ein Mindestmaß an Vernunft in der Migrationspolitik, die der AfD ausgerechnet von der vermeintlich "konservativen" (also "rechten") Regierung und der komplettem "Opposition" förmlich aufgedrängt wurde. Ich kenne sogar Anarchisten die z.T. direkte Mitarbeiter von Abgeordneten sind. Keiner erzählt da was von "Ausländer Raus" oder so. Die klagen höchstens, dass die Medien halt den hinterletzten verbliebenen "Nazi" dazu bringen, halt auch noch vorbei zu schauen. Höcke ist ja selbst intern umstritten und dennoch reicht er vielen meiner persönlichen Bekannten als Ausrede, um die AfD an sich und ansonsten für indiskutabel zu erklären. Also als jemand, der die Nazi-Keule wenn dann eher abbekommt muss ich sagen, dass ich das ganz schön "Nazi" finde.
great post ,thanks for sharing