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RE: Über den Verlust der Aufmerksamkeit

in Deutsch D-A-CH2 years ago

Als Test würde ich es nicht unbedingt bezeichnen, sondern viel mehr die Bestätigung für den Autor, die Hebel an den richtigen Stellen angesetzt zu haben, da in diesem Fall ein auf das Thema eingehender »Reply« nur machbar scheint, wenn sich mit dem Text beschäftigt wurde.
Mein Verhalten diesbezüglich möchte ich an einem kleinen Beispiel veranschaulichen, welches bei vielen Menschen ein Kopfschütteln hervorruft.
So ungefähr auf Seite 50 eines neu erworbenen Buches bemerke ich, dass dem Autor langsam aber sicher die Zügel zu entgleiten drohen, die mich an sein Werk eigentlich fesseln sollten. Dies lasse ich auch mit folgenden Worten meine Frau wissen, die bereits vorher kurz nachfragte, wie mir das neue Buch gefällt: „Ich sage es mal so. Wir beginnen langsam miteinander zu kämpfen.“ Ihre, halb Frage, halb Antwort, warum ich dann nicht einfach die Buchdeckel zusammenklappe, kann ich auch beantworten. „Zum einen hat es jeder gute Autor verdient, dass der gesamte Text gelesen wird und zudem würde ich mich ständig fragen, was sich in den restlichen 180 Seiten verbirgt.“
Um bei den Büchern zu bleiben, ist mir beim letzten Umzug, auf der Lkw-Waage in Kiefersfelden, klar geworden, dass ich nicht jedes Buch als Festband mit durch die Welt schleppen muss. Ich durfte einen 7,5-Tonner nur für Bücher und Regale hinzumieten. Übrigens ist mir vollkommen neu, dass es anscheinend doch ein paar wenige Engländer gibt, die ein Buch besitzen (lesen – da bin ich mir nicht so sicher). Hörbücher kann ich auf Teufel komm raus nicht ausstehen.
Meine Meinung zu AI-gefertigten Texten, habe ich in den vergangenen Tagen mehrfach offengelegt. Kurz zusammengefasst: Wenn wir der eigenen Verblödung Vorschub leisten, unser Gehirn in Frührente verabschieden und uns daran erfreuen möchten, dass wir in naher Zukunft bald alle gleicher Meinung sind, dann badet weiter in den Ergüssen der AI.
Das schnellere Sprechen bringt jedoch auch Vorteile mit sich – man muss den oft verzapften und wenig durchdachten Quatsch nicht so lange über sich ergehen lassen.
Ein paar letzte Anmerkungen zum Thema Erziehung und Umweltverschmutzung im Einklang mit dem Sauberkeitswahn. Ich werde hoffentlich nicht der einsame Rufer in der Wüste zweifelhafter Erziehungsmethoden sein, wenn ich behaupte, dass wir in einer Disziplin nahezu unschlagbar sind: Am wahren Leben vorbei zu erziehen.
Wir (einschließlich des Pädagogen) entlassen Heranwachsende ins Leben, die sich mit Mühe und Not selbst die Schuhe zubinden – aber aus dem Mobiltelefon den letzten unnützen Lacher hervorzaubern können. Bankangelegenheiten oder Behördengänge dürfen ohnehin von der Mama erledigt werden.
Das Toben im Dreck oder der Ausflug in den Kuhstall fallen ohnehin flach, da die neuen Sneakers außer Hausstaub (kann mit Sagrotan vernichtet werden) nichts vertragen. Und der Filius? Der kommt auch mit Gemüse ganz schlecht klar.
Noch ein letzter Satz. Dann halte ich die Klappe. Der Bilder in deinem Beitrag hätte es nicht bedurft - sie neigen mich abzulenken. Beispielsweise mit der Frage: Was ist MidJourney? Bevor ich das nicht geklärt hatte, ging das Weiterlesen auch nicht wirklich voran. Multitasking ist eines dieser Fremdwörter, mit denen ich nun mal überhaupt nichts anzufangen weiß.

Sort:  

Ich bin auch jemand, der Bücher zu Ende liest, nur in wenigen Fällen waren sie so schlecht, dass ich abbrechen musste.
Dass in der Erziehung gehörig etwas schief läuft, sieht man auch daran, wie leicht sich die Heranwachsenden gehirnwaschen und instrumentalisieren lassen, derzeit ganz im Sinne der Cancel-Kultur und der Zerstörung traditioneller Werte wie Familie.

Deine Kommentare sind immer wieder erhellend zu lesen, regelrecht kleine Kunstwerke und weit besser und niveauvoller als viele Posts hier. Und sie spornen mich an, am angestrebten Niveau festzuhalten, und dafür seltener zu schreiben.
Ja, die Bilder sind eher als optischer Aufputz gedacht (manche brauchen das), ein spielerischer Versuch, Abstraktes zu visualisieren. MidJourney ist einfach ein AI-unterstütztes Werkzeug dafür.

und dafür seltener zu schreiben

Diese Reaktion (und ich muss es so deutlich formulieren) würde ich dem Habitus des Kontraproduktiven zuordnen.
Was verleitet mich, den Texten meine volle Aufmerksamkeit zu schenken?
Die Widerhaken aufzusuchen, an denen ich mich hochhangeln kann, um anschließend das „Verarbeitete“ Revue passieren zu lassen, damit der Freiraum für die Antwort geschaffen ist.
Schlägst du nun den Weg der reduzierten Kost ein, kommt das einer Diät gleich - und die hat noch niemandem geholfen. Das A und O bleibt nach wie vor die regelmäßige Versorgung mit gut Verdaulichem, aber extrem nahrhaften Zutaten.
Und die möchtest du mir jetzt vorenthalten?

Na ja, es ist einfach ein Zeitproblem, guten Content zu liefern. Besser seltener Hochwertiges, als oft Junkfood😃!
Ich bin ja Nichtraucher, aber wenn ich Raucher wäre, würde ich ab und zu eine edler Zigarre frönen, statt päckchenweise minderwertige Teerprodukte zu inhalieren (wobei ich Zigarrengeruch extrem eklig finde. Ich weiß wirklich nicht, warum die das machen, eventuell reines Statusgehabe, so wie ich es bei edlen Likören vermute, wo man vor allem den Preis mitschmeckt).