Aus zwei wurden drei... dann vier.. und was ist mit uns?
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Zusammen alt werden wollen...
... das ist wahrscheinlich genau der Wunsch, der Paare sich finden lässt und nicht selten folgt dann die Familie. Wenn aus zwei Menschen plötzlich drei werden, dann ist nichts mehr so wie es war. Heute erzähle ich euch davon, wie unsere Beziehung begonnen hat und wie es ist, wenn plötzlich Kinder dazu kommen.
Wir sind Scheidungskinder
Meine Eltern haben sich getrennt als ich 12 Jahre alt war. Davids Eltern sogar noch früher. Für uns beide bedeutete das, ein Elternteil nahezu vollständig in unserem Leben zu verlieren. Mir fehlt meine Mutter, bei David der Vater. Wir beide haben nie erleben können, wie eine gesunde und intakte Beziehung funktioniert, denn unsere Eltern sind daran gescheitert. Wir betreten mit unserem Versuch, für Immer zusammen zu bleiben und dabei auch noch glücklich zu sein, so ziemliches Neuland. So wie uns geht es wahrscheinlich vielen Paaren und Eltern.
Sich nicht binden wollen..und können?
Kennen gelernt haben wir uns auf der Arbeit. Wir waren beide Studenten und um die Kasse etwas aufzubessern haben wir neben dem Studium gejobbt. Als ich ihn das erste Mal gesehen hatte, wirkte er auf mich ziemlich cool und alternativ mit seinen Dreadlocks. Ich fand seine Haare richtig toll, war mir aber sicher, dass er eine Freundin hat. Außerdem hatte ich vor nicht allzu langer Zeit erst ein richtiges Liebesdrama hinter mir, da war ich nicht grade auf der Suche nach etwas Neuem. Tja,.. wie das so ist mit Vorsätzen, änderte sich natürlich Alles als wir uns das erste Mal privat getroffen haben. Es war beim internationalen Kochen. Das ist ein Kochen von Studenten verschiedener Nationen. Es gibt leckeres Essen und es ist gratis. Grund genug mal dort vorbei zu schauen. Es war ein toller Abend, und David gefiel mir, ich ihm offenbar auch, denn schnell haben wir uns wieder getroffen. Allerdings wollte ich so eine lockere Affäre vermeiden, wie ich sie grade erst hinter mir gelassen hatte und sprach deshalb viel zu früh das Thema Beziehung an.
Damit hatte ich einen sehr wunden Punkt getroffen.. bei uns beiden. Ich suchte Sicherheit und er Unverbindlichkeit. Alles wurde kompliziert und schwierig. Wie schön war es anfangs auf unserer illusionären Wolke des Verliebtseins dahin zu fliegen, so hart war der Absturtz. Jedes Treffen hatte plötzlich irgendwie etwas Gezwungenes und wir waren beide auf der Suche nach unserer alten Leichtigkeit. Ich hatte wirklich Angst er würde sich einfach eine Andere suchen, immerhin wollte er Unverbindlichkeit, und das konnte ich ihm nicht geben. Er hatte Angst das ich klammerte.. und ich klammerte... Trotzdem konnten wir nicht so richtig ohne einander. Denn wenn wir uns sahen, dann war es schön, das Problem war mehr, wenn wir uns nicht sahen und die Gedanken anfingen zu kreisen. Wir hatten gemeinsame Ideen und Interessen. Eine davon war, mit dem Fahrrad durch Frankreich zu fahren. Je mehr Zeit wir miteinander verbrachten umso mehr verliebte ich mich und umso schmerzhafter war es, dass er keine Beziehung mit mir wollte. Das Ganze ging sogar soweit, dass ich unsere "nicht-Beziehung" nach 4 Monaten beendete... obwohl wir zusammen eine Radtour machen wollte. Aber ich hatte das Gefühl ich müsste die Reißleine ziehen bevor es zu spät war. Insgeheim hoffte ich, dass er mich vielleicht vermissen würde und richtig loslassen konnte ich ihn nicht. Einen Monat waren wir einfach "nur Freunde" und dann sind wir nach Frankreich gefahren.. natürlich rein freundschaftlich ;)
Plötzlich zu Dritt..
Der Beginn unserer Radtour war auch das neue aufleben unserer "nicht-Beziehung". Es war eine tolle Reise. Wir sind zu zweit von Etappe zu Etappe einen Teil der französischen Atlantikküste lang geradelt und zelteten wild an den schönsten Plätzen. Wir erlebten viel und es hat uns zusammengeschweist. Einen Monat lang ging unsere Reise und gegen Ende hatte ich zunehmen das Gefühl, schwanger zu sein. Kaum waren wir wieder in Deutschland, machte ich einen Schwangerschaftstest und der war absolut eindeutig positiv. Ich freute mich, war aber total nervös, er wollte sich nicht binden und jetzt war ich schwanger. Was gibt es verbindlicheres als ein Kind? Er war geschockt, aber nach diesem Schock, fand er es garnicht so schlecht. Ich lies ihm die Wahl, ob er das Kind mit mir gemeinsam aufziehen möchte, oder ob er sich rausziehen will und ich es allein aufziehe. Aber von der ersten Sekunde an war klar, dieses Baby ist ungeplant aber herzlich willkommen und geliebt. Er entschied sich auch für sein Kind und so war klar, dass unser Weg gemeinsam weiter gehen würde. Es gab immer wieder Höhen und Tiefen während der Schwangerschaft. Er wollte keine Beziehung und ich wollte nicht, dass er nur wegen dem Baby eine Beziehung eingeht. Ich wollte, dass er mich wählt weil er mich liebt. Als ich im 6. Monat schwanger war, war es dann so weit und unsere Beziehung begann.
Die Probleme blieben allerdings ähnlich, ich wollte mehr Nähe und er mehr Distanz. Letztendlich starteten wir unsere Beziehung mit einer Paarberatung, von der wir bis heute noch zehren.
Erste gemeinsame Wohnung und Hausgeburt
Danach ging alles sehr schnell. Wir suchten tatkräftig eine Wohnung und bekamen eine stark Renovierungsbedürftige. Sie war allerdings besser als Nichts und der errechnete Entbindungstermin war nur noch 4 Wochen entfernt. So schnell wir konnten entfernten wir mit Freunden alte Tapete und Teppiche, strichen, tapezierten, verlegten Laminat und packten Kisten. Zehn Tage vor dem errechneten Entbindungstermin schlug in einer stressigen Umzugsaktion mit samt meinem Krempel und meinen beiden Katzen in der neuen Wohnung auf und überfüllte damit regelrecht ein Schlafzimmer. Aber ich fands gemütlich. Drei Tage später war die Wohnungübergabe mit der alten Vermieterin und ich war heil froh als wir das alles hinter uns hatten. Unser Baby offenbar auch. Am Abend waren wir noch gemeinsam auf einem gemütlichen Konzert gewesen und dort begannen auch die Wehen und unsere Musikliebhaberin machte sich auf den weg. Wenige Stunden später wurde Paula in unserer neuen Wohnung geboren und wir waren plötzlich zu Dritt
Kaum Zeit zum Haare waschen.. und dann auch noch eine Paarbeziehung?
Die erste Zeit war wirklich sehr stressig. Unsere Tochter hatte Gelbsucht und musste einige Zeit ins Krankenhaus. Ich war einfach nur erschöpft, hatte kein Wochenbett und spürte wie mein Körper darunter litt. Meine Seele litt unterdessen daran, wie schlecht es meinem Kind ging. Nach über einer Woche konnten wir das Krankenhaus wieder verlassen und kamen mit einer extremen Saugverwirrung nach Hause. Mein kleine Baby hatte noch nie aus der Brust getrunken, sie trank nur aus der Flasche ihre Muttermilch, und ich wollte doch so gerne stillen und darum wollte ich kämpfen (den Kampf haben wir übrigens gewonnen und genossen dann absolut das erste Lebensjahr komplett Vollstillend). Ich war sehr sehr froh David in dieser schweren Zeit an meiner Seite zu haben, er hat mich unterstützt und mir Kraft gegeben. außerdem war es sehr schön zu sehen, wie er sich als Vater macht.
Manchmal hab ich das Gefühl, wir haben es vielleicht etwas leichter, denn wir waren ja nie so wirklich nur zu zweit. Es gab keinen Beziehungsalltag den wir vermissen könnten. Von Anfang an mussten wir als Eltern zueinander finden. Unseren "emotionalen Durchbruch" als Paar hatten wir, als ich mich anfing für seine Hobbys zu interssieren. Wir fanden Gemeinsamkeiten und auch einen gemeinsamen Humor. Ich finde gemeinsamer Humor ist enorm wichtig. Da kann der Alltag noch so stressig sein, gemeinsam zu lachen lockert alles wieder auf. Wir begannen ein richtig schönes Familienleben und alle drei waren glücklich. Aber es gab auch Momente in denen uns die Sehnsucht nach der alten Freiheit packte. David fehlte es, raus zu gehen, spontan zu sein, mit seinen Freunden. Mir fehlte es, mal ruhe zu haben, den Kopf ab zu schalten. Mich wieder zu spüren. Mein Baby brauchte mich, rund um die Uhr. Lange Zeit stillten wir alle 20 Minuten, besonders Nachts, das hat mich ganz schön fertig gemacht.
Mir geht es so, wenn ich mich selbst nicht mehr spüren kann und meine Gedanken ordnen kann, dann kann ich auch den anderen nicht mehr spüren. Aber ich bin jemand ich versuche das "Problem" über Nähe zu lösen, David löst das "Problem" übers allein sein.
Aus drei wurden vier..
Zehn Monate nach der Geburt unserer ältesten Tochter spürten wir, dass wir uns als Familie richtig richtig wohl fühlten, und besonders in mir wuchs der Wunsch nach einem zweiten Kind. Paula war ursprünglich als Zwillingskind unterwegs, im nachhinein denke ich manchmal, das könnte mit ein Grund für den schnellen Kinderwunsch bei mir gewesen sein. Auch David entschied sich mit mir für ein zweites Kind und eh wir uns versahen, war Elisa auch schon in meinem Bauch unterwegs in unsere Familie, als hätte sie nur auf diesen Startschuss gewartet.
Meine Schwangerschaften sind immer sehr anstrengend aber gemeinsam schafften wir diese Zeit gut und sie zeigte uns auch nochmal, wie stark wir gemeinsam sind. Auch Elisa wurde Zuhause geboren und von da an hatten wir zwei Mädchen in unseren Armen.
Zwei kinder bedeutet aber auch noch weniger Zeit und neben den schönen Momenten auch sehr viel Stress. Bei uns sorgt der Stress manchmal dafür, dass wir streiten. Als ob sich eine Anspannung über eine längere Zeit aufbaut und sich plötzlich entläd, aber wir rappen uns immer wieder zusammen und finden zueinander.
Die ersten Fünf Monate nach Elisas Geburt, hatten wir nie Zeit allein. Da sie Abends im Bett einfach nicht liegen bleiben wollte, auch wenn sie eingeschlafen ist. Seit Januar funktioniert das jetzt zum Glück und wir können nochmal aufstehen. Aber in dieser Zeit hab ich öfter Mal den Kontakt zu David verloren und wir haben gespürt, dass das dauerhaft kein Zustand ist. Im Moment arbeiten wir darauf hin, auch mal etwas Zeit zu zweit zu haben und die Oma mal auf die Kinder aufpassen zu lassen.
Diesmal ist es ein sehr langer Text von mir geworden, ich hoffe es ist euch nicht zu lang. Lasst mir doch gern ein Feedback da, wie euch der Beitrag gefällt, damit ich mich verbessern kann. Ich freue mich über jeden Leser und Follower. Vielleicht wollt ihr mir auch gern von eurer Paarbeziehung erzählen, ich würde es wirklich gern lesen.
Nächstes Mal schreibe ich euch davon, was David und mir in Krisen hilft und wie wir uns gemeinsam wieder finden wenn wir uns streiten.
Vielen Dank für diesen doch sehr persönlichen Einblick. Ich habe einen vollkommen anderen Ausgangspunkt und daher einige Fragen und vielleicht auch Tipps. Bei euch ging ja alles ziemlich schnell und überraschend, bei uns genau umgedreht, unsere Eltern sind und auch die (bereits gestorbenen) Großeltern waren lange zusammen. Bei uns sind es in ein paar Tagen genau 16 Jahre.
Ich verstehe ich den Satz, vermutlich wegen der ganz anderen Ausgangslage, nicht, dass ihr den Kontakt zueinander verloren habt, wenn ihr nicht "nur zu zweit" wart... Wie ist das gemeint? Und ist es nicht gerade das, was ihr nie hattet, aber eure Kinder erleben sollten, Eltern als harmonische, zufriedene Einheit, VORALLEM wenn die Kinder anwesend sind?
und welche Art Stress sorgt bei euch für welche Art von Streit? Geht's da mehr um fehlende Selbstbestimmung,
fehlenden Ausgleich (vielleicht kann man viel mehr davon kombinieren, als man glaubt) und man ist deswegen leicht reizbar? Oder irgendwas unausgesprochenes oder grundsätzliches? Ich kann nur eins sagen, die Kommunikation ist das wichtigste, und die ist schwieriger als man denkt und muss erlernt werden, auf jede Person neu bezogen.
Huhu :) schön dich auch unter diesem Post wieder zu finden.
Mit "Kontakt zueinander" meine ich dieses Gefühl den anderen wirklich wahrzunehmen und zu sehen, in seinen Bedürfnissen und seinem "sein". Wenn die Kinder wach sind, dreht sich sehr sehr viel einfach nur um sie. Man ist den ganzen Tag damit beschäftigt zu sehen was sie brauchen und wie es ihnen geht. Grade Elisa hat am Abend oft auch über mehrere Stunden geschrien, wir konnten uns nichtmal unterhalten. Mir geht es so, dass ich mich manchmal so intensiv auf meine Kinder einlasse und sie spiegle und empathisch begleite, dass ich selbst garnicht mehr weiß wo mir der Kopf steht, geschweige denn was mir meinem Partner los ist, wie's ihm geht, was er braucht. Er sieht dann auch nicht wie es mir geht und wenn das über eine längere Zeit so geht, dann führt das zu Streit.
Wenn ich merkte, dass dieses Gefühl verbunden und gesehen zu sein verloren geht, dann werde ich gerne auch biestig und gemein. Das schafft auch eine erhöhte Aufmerksamkeit aufeinander und damit auch Verbindung, ist aber belastend und aufzehrend. Ich mach das auch nicht absichtlich, es ist nur ein Verhaltensmuster dass mir bei mir aufgefallen ist, das ich verändern möchte.
Für eine Weile kann man das aber aushalten. Solche Phasen sind ja bei Kindern nie für immer. Aber jetzt geht Elisa schon vor uns schlafen und wir haben Abends einfach etwas Freizeit, die wir auch für uns nutzen können.
Du hast recht, ich möchte das unsere Kinder uns als liebende Eltern und auch als liebendes Paar wahrnehmen können. Daran arbeiten wir, uns eben auch die kurzen Momente des Austauschs zu nehmen, wenn die Kinder wach und da sind, einen Moment inne zu halten. Ich denke auch die Situation wird sich mehr und mehr entspannen, denn im Moment sind einfach beide Kinder sehr klein und brauchen viel Aufmerksamkeit. Dazu kommt, dass ich neben dem Stillen noch Milch appumpe für meine Große, da sie seit etwa einem Jahr nicht mehr an der Brust trinkt (vorrübergehende Flaschenzeit durch die zweite Schwangerschaft). Irgendwie frisst das alles Zeit, aber wir sind auch gern so intensiv für unsere Kinder da und genießen die Zeit mit ihnen, müssen nur eben aufpassen, dass wir beide nicht zu kurz kommen.
Ich kann mir ein bisschen vorstellen, was du meinst, bei mir läuft das eher mühelos und automatisch, aber auch mit durch die vielen Jahre "Übung". Und ja, du hast vollkommen recht, es entspannt sich mit zunehmendem Alter der Kinder immer mehr! :) Es ist schön und wichtig, dass ihr überhaupt spiegelt, dadurch kann schon gar nix schief gehen <3 (wir stillen mit bald 3,5 auch noch :) )
Ja, ich hab dasGefühl ich muss das wirklich aktiv lernen. Aber ich will es auch :) Das mit dem Stillen finde ich wunderbar. ich finde langes stillen so wichtig. Leider nimmt meine Zweijährige die Brust nicht mehr, aber sie bekommt immerhin Muttermilch mit der Flasche.
Es mag lang sein, aber Dein Schreibstil ist kurzweilig, da fällt das nicht auf. :)
Danke für den sehr persönlichen Beitrag.
Vielen Dank für dann Feedback. Es freut mich, dass du hier mitliest .