Eine Flucht

Das kleine weiße Boot wird von Welle zu Welle weitergeworfen, verschwindet in Tälern um dann wieder hoch oben am Gipfel einer Welle zu balancieren. Die dünne Gestalt, die im Boot liegt, halb zugedeckt mit einer alten nassen Decke, bemerkt nichts von diesem Spiel.

Der Mann ist tot; nicht lange noch, sein mageres Gerippe ist noch warm. Aber schnell wird die eisige See ihn auskühlen und irgendwann wird sie genug gespielt haben, das Boot umwerfen und er wird versinken. Doch bevor der Körper noch den dunklen Grund erreicht haben wird, werden nur noch sauber abgenagte Knochen durchs Wasser nach unten gleiten. Der Mann wird noch vergessener sein als er es jetzt schon ist. Seine Familie, die mit ihm auf dem Schiff gewesen war, ist damit untergegangen. Nur er hatte sich noch retten können. Retten! Tagelang war er im Wasser getrieben. Gewitter, kalt, nichts zu essen oder trinken. Von Anfang an hatte er ja eigentlich keine Hoffnung auf Rettung gehabt. Sie hatten sich ja nirgends abgemeldet, hatten flüchten wollen – und eigentlich war ihre Flucht ja nun auch gelungen. Niemand hatte sie vermisst, niemand hatte sie also gesucht.

Zu Beginn hatte er sich gleich ins Wasser stürzen und untergehen wollen als er sah, dass er der einzige Überlebende war, doch die Angst vor dem Ertrinken war doch zu groß gewesen. Nun hatte er sich einfach die Decke über den Kopf gezogen und auf das Ende gewartet, das schließlich auch gekommen war.