Geographie 017 - Südafrika, Film Tainted Heroes - 7/10 - Verhandlungen zwischen ANC und NP, Referendum und neue Gewalt

in #deutsch7 years ago (edited)

01. Februar 2018

7. Verhandlungen zwischen ANC und NP,
das Referendum und neue Gewalt

Zunächst wieder der Film aus Südafrika - Tainted Heroes - welcher von Ernst Roets (Leiter des AfriForum) geschrieben wurde und im Rahmen dieser Serie übersetzt wird [1].

(70:26-83:10)

With the ANC [2] out of exile and Mandela [3] out of prison, the stage was set for negotiations about the future of South Africa. The first meeting between the leaders of the National Party [4] and the ANC took place May 4, 1990 at Groote Schuur [5] in Cape Town. The National Party’s initial stance for the structure of a new government was that of a system with two distinct houses.

Mit dem aus dem Exil zurückgekehrten ANC [2] und dem aus dem Gefängnis entlassenen Mandela [3] war der Weg für Verhandlungen über die Zukunft Südafrikas bereitet. Das erste Treffen zwischen Führungsleuten der National Party [4] und dem ANC fand am 04. Mai 1990 auf dem Anwesen Groote Schuur [5] in Kapstadt statt. Der anfängliche Standpunkt der National Party bezüglich des Aufbaus einer neuen Verwaltung war die eines Systems mit zwei eigenständigen Häusern.

Dave Steward:

'There were different ideas to have a revolving Presidency, to have a separate Senate and a House of Representatives.'

Dave Steward:
'Es gab verschiedene Ideen, etwa dass man eine abwechselnde Präsidentschaft haben sollte und das Parlament in Senat und Repräsentantenhaus getrennt sein sollte.'

Tony Leon [6]:

'And Hendrik Jacobus "Kobie" Coetsee (1931-2000) [7] released the National Party’s Bill of Rights. It was not the final, but their version, and I read this document and I thought: ‘Good heavens! This is entirely executive-minded. The whole thing is written, if you like, giving, you know, most of the power to the government rather than to the citizen!’ And of course I realised that was one of the problems: That they were so executive-minded because they had been the executive authority for 46 years, nearly 50 years.'

Remark: There was large change to expect, if all the black people would be able to vote and the ANC came to power. In order to have more or less all minority interests represented there was the need for a republican form of government with a clearly limited power for the government. I think that Tony Leon wanted to explain that.

Tony Leon [6]:
'Und Hendrik Jacobus "Kobie" Coetsee (1931-2000) [7] gab die Rechteurkunde (Bill of Rights) der National Party heraus. Es war nicht die engültige Version, aber die ihre. Ich las dieses Dokument und dachte: 'Um Himmels Willen! Das ist total führungs- oder regierungsorientiert (die Übersetzung von executive-minded fällt mir nicht leicht, Anm.). Das ganze Ding ist so geschrieben, als würde man den grössten Teil der Macht eher der Regierung geben, als dem Bürger!' Natürlich erkannte ich, dass das eines der Probleme war: Sie waren so regierungsorientiert, weil sie über 46 Jahre, also fast 50 Jahre die regierende Autorität waren.'

Anmerkung: Man konnte grössere Veränderungen erwarten, wenn alle Schwarzen auch wählen durften und der ANC an die Macht kommen sollte. Um in diesem Fall mehr oder weniger alle Interessen von Minderheiten noch repräsentiert zu haben, brauchte es eine republikanische Verwaltungsform, mit klar begrenzter Macht für die Regierung. Ich gehe davon aus, dass Tony Leon genau das erklären wollte.

Dave Steward:

'The ANC’s opening position was not to have any province al all (for a country with an area of 1,2 million km2?).'

Dave Steward:
'Der anfängliche Standpunkt des ANC war, dass es gar keine Provinzen mehr geben soll (in einem Land von 1,2 Millionen km2 Fläche?).'

Tony Leon:

'It was a sort of struggle Bill of Rights, but what it did was it put in – and we still have it today – second and third generation (human) rights [8]. I was like: ‘Good heavens! You guys are going to become the government; you’re going to have to deliver on all this stuff (you will be on duty and measured by your success, remark).'

Tony Leon:
'Es war eine Art Rechteurkunde (Bill of Rights) des revolutionären Kampfes, aber was sie mit sich brachte, waren (Menschen-)Rechte der zweiten und dritten Generation [8], das haben wir heute noch. Ich reagierte: "Um Himmels Willen! Ihr werdet die neue Regierung stellen; ihr werdet auf all diesen Gebieten liefern müssen (ihr werdet in der Pflicht sein und daran gemessen werden, Anm.)."'

Dave Steward:

'They were not very keen on free market economics. It was not very keen on any constitutional limitation on the power of the state. And if you look at the ANC’s strategy and tactics documents, you will see that, throughout, their campaign was determined by the national democratic revolution. They did not negotiate in good faith. They had an agenda. They did not see 1994 [9] as the solution, as the common goal. They saw it as a staging post on their continuing road toward the national democratic revolution.”

Dave Steward:
'Sie waren nicht gerade angetan von der freien Marktwirtschaft. Auch hatten sie nicht viel übrig für die verfassungsrechtliche Begrenzung der Macht des Staates. Wenn man sich die strategischen und taktischen Dokumente des ANC ansieht, wird man durchgehend sehen, dass ihre Kampagne von der Agenda der national-demokratischen Revolution bestimmt wurde. Sie verhandelten nicht auf Basis von Treu und Glauben. Sie hatten eine Agenda (vorgefertigte Absichten). Sie sahen 1994 [9] nicht als die Lösung oder das gemeinsame Ziel. Sie sahen es als einen Zwischenhalt beim Voranschreiten in Richtung demokratische Revolution.'

But the National Party and the African National Congress were of course not the only role-players. Others, however, became increasingly alienated from the process as it dragged on. The Conservative Party KP [10] was not interested in negotiating with the ANC and boycotted the process. Instead, it called for the Afrikaner’s [11] right to self-determination.

Aber die National Party und der Afrikanisch-Nationale Kongress waren natürlich nicht die einzigen Mitspieler. Die anderen wurden von den sich schleppend entwickelnden Vorgängen zunehmend entfremdet. Die Conservative Party KP [10] war nicht an Verhandlungen mit dem ANC interessiert und boykottierte den Verhandlungsprozess. Stattdessen forderte sie das Selbstbestimmungsrecht für die Afrikaander [11].

Andries Treurnicht (1921-1993) [12] - founder of the Conservative Party, dissolved 2004:

'The Conservative Party is not interested in a compromise between those two viewpoints. Our suggestion is very clear: We get the support of various black leaders as to the principle of self-determination.'

Andries Treurnicht (1921-1993) [12] - Gründer der Conservative Party, aufgelöst 2004:

'Die Conservative Party ist nicht an einem Kompromiss aus diesen beiden Sichtweisen interessiert. Unser Vorschlag ist sehr klar: Wir bekommen auch Unterstützung von einigen schwarzen Führungsleuten bezüglich des Prinzips der Rechts auf Selbstbestimmung.'

Groups such as the Conservative Party and Inkatha [13] soon organise themselves into an alliance with the aim of achieving self-determination for minority communities.

Gruppen wie die Conservative Party und die Inkatha [13] organisierten sich in einer Allianz mit dem Ziel, das Selbstbestimmungsrecht für die Gemeinschaften der Minderheiten zu erwirken.

Strike Thokoane - Black Consciousness and AZAPO:

'We were not part of the negotiations, we rejected them. We rejected Kempton Park (CODESA) [14] as AZAPO and all the other arrangements, because we were being sold out. And if you want to know why I’m saying so: The ANC had already left their camps, and their commanders and leaders had already debased from their camps into the country before agreements and negotiations. I think they were in a hurry to hold office. We openly rejected that and demanded that the liberation movement must first talk among itself as to how they are going to approach the negotiations at Kempton Park. And then we were kicked in the teeth for doing that.'

Strike Thokoane - Black Consciousness und AZAPO:
'Wir waren nicht Teil der Verhandlungen und wiesen diese zurück. Wir als AZAPO wiesen die Verhandlungen von Kempton Park (CODESA) [14] zurück und alle anderen Vereinbarungen, weil wir ausverkauft (übergangen) wurden. Und wenn Sie wissen wollen, warum ich mich so äussere: Der ANC hatte bereits seine Lager verlassen und seine Anführer und Kommandanten wurden bereits vor den Verhandlungen und Vereinbarungen aus ihren Lagern abgezogen und in das Land gebracht. Ich denke, dass sie es sehr eilig hatten, in Ämter und Würden zu kommen. Wir wiesen das offen zurück und verlangten, dass die Befreiungsbewegung sich zunächst untereinander verständigen sollte, wie sie die Verhandlungen in Kempton Park angehen soll. Und dann wurde uns dafür ein Schlag ins Gesicht verpasst.'

The negotiations soon became a bilateral process, with the two major parties calling the shots and the others falling in line.

Die Verhandlungen wurden bald zu einem bilateralen Vorgang mit den beiden grössten Parteien in der tonangebenden Rolle und den anderen, die sich dem zu fügen hatten.

Siphiwe Nyanda - Umkhonto we Sizwe:

'The main protagonists were the African National Congress and the National Party. So it had to be that they are the ones who, even when, during CODESA (Convention for a Democratic South Africa) [15], had to steer the discussions, although other parties began to participate.'

Siphiwe Nyanda - Umkhonto we Sizwe:
'Der Afrikanisch-Nationale Kongress und die National Party waren die Hauptprotagonisten. Also musste es so sein, dass sie diejenigen waren, die auch während CODESA (Convention for a Democratic South Africa) [15] die Diskussionen zu lenken hatten, auch wenn andere Parteien sich zu beteiligen begannen.'

The ANC’s chief negotiator was former COSATU (Congress of South African Trade Unions) [16] leader, Cyril Ramaphosa (born 1952) [17]. The NP’s team was led by Roelf Meyer (born 1947) [18].

The Verhandlungsführer des ANC war der frühere Vorsitzende der COSATU (Congress of South African Trade Unions - grösster Gewerkschaftsverband Südafrikas) [16] leader, Cyril Ramaphosa (geboren 1952) [17]. Das Verhandlungsteam auf seiten der National Party leitete Roelf Meyer (geboren 1947) [18].

Tony Leon:

'It did become a bilateral effectively between the ANC and the National Party government, and you know Cyril Ramaphosa famously said – because CODESA (as it was called) operated on something called sufficient consensus – and he said: ‘Well, sufficient consensus means if the ANC and the National Party agree, everyone else can get stuffed.’ Now, as I was part of the 20 other parties, you kind of thought: "Well, what are we doing here?"'

Tony Leon:
'Es wurde praktisch zu einer bilateralen Angelegenheit zwischen dem ANC und der Regierung unter der National Party. Und, wissen Sie, Cyril Ramaphosa sagte folgenden berühmten Satz - denn CODESA, wie die Sache genannt wurde, operierte nach dem Prinzip des ausreichenden Konsens: "Ausreichender Konsens bedeutet, dass wenn der ANC und die National Party zustimmen, sollen sich die anderen vom Acker machen." Nun, ich war Teil der 20 anderen Parteien, da dachte man gewissermassen: "Was tun wir hier eigentlich?"'

Dave Steward:

'Roelf Meyer had developed very positive relations with the main ANC negotiators – there assumed to be rapport between them.'

Dave Steward:
'Roelf Meyer entwickelte sehr positive Beziehungen zu den Hauptverhandlern des ANC - man konnte annehmen, dass es zwischen ihnen Übereinstimmung gab.'

Prof. Hermann Giliomee [19] - Historian, author of the book The Last Afrikaner Leaders [20]:

'The reason why he got this job was that he was a loyalist. He was loyal to the person who happens to be the National Party leader as the moment. So F. W. de Klerk [21] knew that he was choosing somebody that would actually faithfully execute his instructions. I think the major weakness of the National Party in the negotiation table: They had no-one with any, let’s say, trade union experience. The trade unions who actually realised how you actually conduct a negotiation, but Roelf Meyer, he said: "Look I have almost to learn from the start.’ You know, if you deal with Ramaphosa, you realise this guy has been in negotiations for 10, 15 years – very, very tough negotiations with the mining houses – Here, I have to learn from scratch." He said: "You don’t read that kind of stuff in books." You know, it’s very, very true.'

Prof. Hermann Giliomee [19] - Historiker und Autor des Buches The Last Afrikaner Leaders [20]:
'Der Grund, warum er (Roelf Meyer) diesen Posten erhielt, lag darin, dass er ein Getreuer war. Er war der Person treu ergeben, die gerade Vorsitzender der National Party war. F. W. de Klerk [21] wusste, dass er jemanden auswählte, der seine Anweisungen treu in die Tat umsetzte. Die grösste Schwäche der National Party am Verhandlungstisch war die: Sie hatten niemanden dabei, der so etwas wie Gewerkschaftserfahrung mit sich brachte. Die Gewerkschaften wussten, wie eine Verhandlung durchzuführen war, aber Roelf Meyer sagte: "Schauen Sie, ich muss das nahezu von Grund auf lernen. Wissen Sie, wenn man mit Ramaphosa verhandeln muss, dann erkennt man, dass dieser Mann bereits 10 oder 15 Jahre lang Verhandlungen geleitet hat - sehr, sehr harte Verhandlungen mit Minenbetreibern. Da muss ich von Null beginnend lernen." Er sagte: "Sowas liest man nicht in Büchern."
Wissen Sie, das ist sehr, sehr richtig.'

In the meantime, violence reached unprecedented levels. On the weekend of Mandela’s release, 50 people were killed in political violence in Natal. On the Monday that followed, another 50 are murdered as violence started to spread to other parts of the country. The ANC adopted a strategy, which they referred to as the “Parallel paths to power”. Once again, it was the black townships who were caught in the cross-fire.

In der Zwischenzeit erreichte die Gewalt bisher nicht gekannte Ausmasse. Am Wochenende von Mandela's Entlassung wurden 50 Menschen in der Provinz Natal durch politische Gewalt getötet. Am darauffolgenden Montag wurden noch einmal 50 Menschen ermordet und die Gewalt begann, sich auch in andere Landesteile auszubreiten. Der ANC wandte eine neue Strategie an, die die parallel verlaufenden Wege zur Macht genannt wurde. Einmal mehr waren es die schwarzen Township, die sich im Kugelhagel wiederfanden.

Strike Thokoane:

'Yes, there was an increase. That is the time when a lot of people – of our people – died. So there was that increase. That is where people were necklaced and so-on.'

Strike Thokoane:
'Ja, es gab eine Zunahme an Gewalt. Es war eine Zeit, in der viele Menschen starben - darunter viele von uns. Es gab also diesen Anstieg. Damals wurden auch wieder Menschen mit der Halsband-Methode und so weiter umgebracht.'

Johan van der Merwe:

'Violence escalated drastically.'

Johan van der Merwe:
'Die Gewalt eskalierte radikal.'

An affected white man in an old TV sequence:

'We had to leave in a hurry because of an ugly mood and even threats against our lives.'

Ein betroffener, weisser Mann in einer alten TV-Sequenz:
'Wir mussten uns beeilen, dass wir hier wegkamen, wegen dieser hässlichen Stimmung und unser Leben infrage stellenden Drohungen.'

Black activist holding a hand grenade:

'Yeah! We are here to kill Inkatha!'

Ein schwarzer Aktivist, der eine Handgranate in der Hand hält:
'Ja! Wir sind da, um die Inkhata zu töten!'

Johan van der Merwe::

'I would say that a war at that stage broke out between the ANC/SACP alliance and Inkatha.'

Johan van der Merwe:
'Ich würde sagen, dass in dieser Phase zwischen der Allianz aus ANC und SACP [22] und der Inkatha ein Krieg ausbrach.'

Tony Leon:

'Black Africans were being attacked, massacred actually on trains. I mean there were trains going to Johannesburg where people were being hacked to death with pangas.'

Tony Leon:
'Schwarze Afrikaner wurden angegriffen und etwa in der Bahn massakriert. Es gab Züge, die nach Johannesburg fuhren, in denen Menschen mit grossen Panga-Buschmessern zerstückelt wurden.'

A black woman at a train station in an old TV sequence:

'They attacked us in the train.'

Eine schwarze Frau an einem Bahnhof in einer alten TV-Sequenz:
'Sie griffen uns im Zug an.'

Ronnie Kasrils [23]:

'It is a period where the tensions are rising in the townships around Johannesburg... The violence in KwaZulu-Natal is increasing: Hundreds, several thousands are dying and this is taking place on the streets of Johannesburg itself.'

Ronnie Kasrils [23]:
'Es war ein Zeitabschnitt, in dem die Spannungen in den Townships um Johannesburg zunehmen... Die Gewalt in nahm auch in KwaZulu-Natal zu: Hunderte, mehrere Tausende sterben und das findet sogar auf den Strassen von Johannesburg statt.'

Hermann Giliomee:

'There was a lot of violence in the townships. ANC control was established in many townships in a very violent way.'

Hermann Giliomee:
'Es gab eine Menge Gewalt in den Townships. Die Herrschaft des ANC wurde in vielen Townships auf einem sehr gewalttätigen Weg eingeführt.'

Siphiwe Nyanda:

'The situation was really very bad.'

Siphiwe Nyanda:
'Die Lage war wirklich sehr schlecht.'

Ronnie Kasrils:

'It’s vicious, it’s deadly and it’s destabilising things.'

Ronnie Kasrils:
'Es ist bösartig und grausam, tödlich und destabilisiert die Dinge.'

Hermann Giliomee:

'The ANC from the start realised that the constitutions are not decided at the negotiating table; it is decided in terms of the balance of power. And the ANC used the negotiations and they brought about 10'000 to 15'000 people who had been living beyond South Africa’s borders and they brought them back into the country and they assisted the ANC struggle. And I think the ANC basically had succeeded in gaining control over the black townships by 1992, 1993. Sometimes through violent actions, sometimes through people just deciding that they are the future government.'

Hermann Giliomee:
'Von Anfang an realisierte der ANC, dass nicht am Verhandlungstisch über die Verfassung entschieden werden würde. Sondern bezüglich des Machtgleichgewichts. Und der ANC nutzte die Verhandlungen, um 10'000 bis 15'000 Menschen ins Land zu bringen, die zuvor ausserhalb der Grenzen Südafrikas gelebt hatten. Sich brachten sie zurück ins Land, wo sie dem ANC in seinem revolutionären Kampf beistanden. Und ich denke, dass der ANC im Grunde genommen in den Jahren 1992 und 1993 erfolgreich die Kontrolle über die schwarzen Townships übernahm. Manchmal durch gewalltätige Aktionen, manchmal auch über den Entscheid der Menschen, dass der ANC ihre zukünftige Verwaltung bilden sollte.'

Anthea Jeffery:

'Part of what the ANC had learned from Vietnam was that negotiations could be used as a terrain of struggle. In other words, you could embark on negotiations and at the same time intensify all elements of the people’s war with the aim of putting so much pressure on negotiators that in the end, they would start conceding things, which they wouldn’t otherwise have done.'

Anthea Jeffery:
'Ein Teil dessen, was der ANC von den Vietnamesen gelernt hatte, war, dass man auch Verhandlungen als Schlachtfeld im revolutionären Kampf benutzen konnte. Mit anderen Worten, man konnte sich einerseits auf Verhandlungen einlassen und gleichzeitig alle Elemente des Volkskrieges vertiefen mit dem Ziel, auf die Verhandlungsführer den grösstmöglichen Druck auszuüben. Dies, damit diese begannen Zugeständnisse zu machen, die sie sonst nie in Erwägung gezogen hätten.'

World Trade Centre, Johannesburg:

The negotiations took place at a large conference called the Convention for a Democratic South Africa (CODESA). However, after the first round of CODESA talks, the National Party finds itself in political hot water as the Conservative Party, led by Dr. Andries Treurnicht, start to gain substantial ground at the expense of the National Party.

Welthandelszentrum, Johannesburg:
Die Verhandlungen fanden im Rahmen einer grossen Konferenz statt, die Konvent für ein demokratisches Südafrika (CODESA) genannt wurde. Doch in der ersten Runde der CODESA-Gespräche, befand sich die National Party in einer kritischen Lage, weil die von Dr. Andries Treurnicht angeführte Conservative Party substantiell an Boden gewann, auf Kosten der National Party.

Andries Treurnicht - original footage in Afrikaans:

'Who on earth will believe you if you talk about guarantees against oppression? Guarantees against oppression? The ANC is not interested in the sharing of power. It is interested in the surrender of power, i.e. oppression, and if Mr. de Klerk’s representatives at the negotiations table do not want to give it to them, they said they will take it in an armed struggle. But, you know, there are people who put their hopes in it, who say: ‘Mr. F. W. de Klerk has something up his sleeve. He has something up his sleeve.’ Let us be frank: If you do not recognise and maintain people’s right to their own government, their own laws, land, education, safety, budget and so on, then a bill of rights is a farce, then it is a farce(Large cheers from crowd)!'

Andries Treurnicht - Originalvideo in Afrikaans:
'Wem auf dieser Welt würden Sie Glauben schenken über Garantien vor Unterdrückung? Garantieen gegen spätere Unterdrückung? Der ANC ist nicht an einer Machtverteilung interessiert. Er ist an Unterordnung unter seine Macht interessiert, in der Übergabe von Macht an ihn, also an Unterdrückung der anderen. Und wenn Herr de Klerk's Vertreter am Verhandlungstisch sie ihnen nicht geben wollen, sagen sie, dass sie sich diese Macht im bewaffneten, revolutionären Kampf aneignen werden. Aber, wissen Sie, es gibt Menschen, die ihre Hoffnung darauf setzen, die sagen: "Mr. F. W. de Klerk hat schon noch etwas auf Lager. Er hat noch Pfeile im Köcher." Lassen Sie uns aufrichtig sein: Wenn Sie nicht das Recht der Menschen auf ihre eigene Verwaltungsform anerkennen und aufrechterhalten, das Recht auf eigene Gesetze, Grundbesitz, eigene Bildung, Sicherheit, finanzielle Eigenverantwortung und so weiter, dann ist jede Rechtsurkunde (Bill of Rights) ein Schmierentheater, dann ist es nur eine Posse (Grosser Applaus aus dem Publikum)!'

The inner circle of the National Party became rattled and de Klerk responded with decisive action. He called for a referendum during which white South Africans must vote whether or not the National Party must continue with negotiations.

Der Führungskreis der National Party wurde verunsichert und de Klerk antwortete mit entschlossenem Durchgreifen. Er verlangte nach einem Referendum, in welchem die weissen Südafrikaner darüber zu befinden hatten, ob sie damit einverstanden waren, dass die National Party die Verhandlungen weiterführen sollte oder nicht.

A white South African citizen on de Klerk's decision:

'It looks as if President De Klerk is isolated from his own people. He hasn’t got the mandate and he should resign and call a general election for the white people of the country.'

Ein weisser Bürger Südafrikas über den Entscheid vonseiten de Klerk:
'Es sieht so aus, als ob Präsident de Klerk von seinen Leuten isoliert ist. Er hat kein Mandat, sollte zurücktreten und eine allgemeine Wahl unter den weissen Menschen des Landes abhalten.'

Dave Steward:

'Many of de Klerk’s own advisers, his closest colleagues in the National Party agreed with us that the National Party was losing ground. He didn’t. He felt that there was a solid base for transformation among white South Africans and so he took the great and bold decision to hold an all-white referendum [25] and in the end he won with almost 70% (more than a 2/1 majority). So he called the situation correctly, but if he lost the referendum, he would’ve had to resign and call an all-white election.'

Dave Steward:
'Viele aus de Klerk's Beraterstab, seine engsten Kollegen von der National Party stimmten uns zu, dass die National Party an Boden verlor. Er nicht. Er hatte das Gefühl, dass er unter den weissen Südafrikanern eine feste Basis für den Umbau des Landes hinter sich hatte und so fällte er den grossen und mutigen Entscheid, ein Referendum [25] unter den Weissen abzuhalten, welches er mit fast 70 % der Stimmen für sich entscheiden konnte (mit einer Mehrheit von mehr als 2/1). Er schätzte die Lage also richtig ein. Aber wenn er die Abstimmung verloren hätte, hätte er zurücktreten müssen und eine eine Neuwahlen unter der weissen Bevölkerung einberufen müssen.'

De Klerk gained a resounding victory in the referendum. The question that remained a matter for debate, however, was the extent of the mandate that was given to de Klerk and the National Party in terms of the referendum.

De Klerk feierte in der Abstimmung einen vollen Erfolg. Die Frage, die bei der Debatte noch immer eine Rolle spielen sollte, war die nach dem Ausmass des Mandats, das de Klerk und der National Party durch die Abstimmung erhalten hatten.

Hermann Giliomee:

'In fact, the question in the referendum of March 1992 was also misleading. It was just asked: "Are you in favour of the continuation of negotiations for a new Constitution?"
The whites never had any idea that they would cede power, you know. There would be a full, fairly conventional majority rule. In fact, the National Party put a major full page poster advertisement in the newspapers: ‘If you are against majority rule, vote yes.’ That is your vote for what the National Party would want.'

Hermann Giliomee:
'Wahrheitsgemäss war die Frage, die bei der Abstimmung im März 1992 gestellt wurde, irreführend. Es wurde nur gefragt: "Sind sie für die Fortführung der Verhandlungen für einen neue Verfassung?"
Wissen Sie, die Weissen hatten also keine Vorstellung davon, dass sie die Macht abtreten würden. Es würde ein volles, ziemlich konventionelles Mehrheitsprinzip geben. Tatsächlich liess die National Party ein ganzseitiges Werbeplakat den Zeitungen beilegen, mit folgendem Inhalt: "Stimmen Sie mit JA, wenn Sie gegen das Mehrheitsprinzip sind." Das ist Ihre Stimme für das, was die National Party möchte.'

Dave Steward:

'It was a very broad mandate. It was: ‘Do you want the National Party to continue with the negotiations aimed at a new Constitution?’ I think that was more or less the wording.'

Dave Steward:
'Es war ein sehr breites Mandat. Es war: "Wollen Sie, dass die National Party mit den Verhandlungen fortfährt, die eine neue Verfassung anstreben?" Ich denke, dass das in etwa der Wortlaut war.'

Tony Leon:

'To this extent, the Conservative Party were 100% correct, as Dr. Frederick van Zyl Slabbert (1940-2010) [26] wrote subsequently. When de Klerk made the speech on February 2, 1990 and started the process, it was, as Slabbert said, a comprehensive sell-out of everything the National Party had held near and dear since 1948. Well, that is what it was. But in 1992... Look, of course the National Party did – even within the realms of political advertising – they certainly oversold their promises to their white electorate. That whites, you know, were promised more protection, if you like, by the National Party at the time of the referendum. Yes they were. Did they get it? No, they didn’t in terms of the promises made at that referendum.'

Tony Leon:
'Die Conservative Party lag in dieser Sache zu 100 % richtig, wie auch Dr. Frederick van Zyl Slabbert (1940-2010) [26] in der Folge schrieb. Als de Klerk am 02. Februar 1990 seine Rede hielt und den (Umwandlungs-)Prozess in Gang setzte, war das ein umfassender Ausverkauf von allem, was der National Party seit 1948 lieb und teuer war. Das war es. Aber im Jahre 1992... Schauen Sie, natürlich verkaufte die National Party - im Rahmen der Möglichkeiten der politischen Werbung - ihre Versprechen an ihre weisse Wählerschaft viel zu teuer. Vonseiten der National Party wurde ihnen zur Zeit der Abstimmung besserer Schutz versprochen. Ja, das wurde ihnen versprochen. Haben sie das bekommen? Hinsichtlich der Dinge, die ihnen zur Abstimmung versprochen wurden, haben sie das nicht erhalten.'


[1] Tainted Heroes Full Documentary. TocheStationFan, 21. Januar 2017





[4] https://en.wikipedia.org/wiki/National_Party_South_Africa









[10] https://en.wikipedia.org/wiki/Conservative_Party_South_Africa






[14] The Drafting and Acceptance of the Constitution
https://en.wikipedia.org/wiki/Kempton_Park_Gauteng










[20] The Last Afrikaner Leaders: A Supreme Test of Power
[21] https://en.wikipedia.org/wiki/F_W_de_Klerk







[25] https://en.wikipedia.org/wiki/South_African_apartheid_referendum_1992



A book by Frederik van Zyl Slabbert can be borrowed on archive.org: The Other Side of History - An Anecdotal Reflection on the History of Political Transition of South Africa http://taintedheroes.co.za/ [2] https://en.wikipedia.org/wiki/African_National_Congress https://de.wikipedia.org/wiki/African_National_Congress [3] https://en.wikipedia.org/wiki/Nelson_Mandela https://de.wikipedia.org/wiki/Nelson_Mandela https://de.wikipedia.org/wiki/Nasionale_Party [5] https://en.wikipedia.org/wiki/Groote_Schuur [6] https://en.wikipedia.org/wiki/Tony_Leon https://de.wikipedia.org/wiki/Tony_Leon [7] https://en.wikipedia.org/wiki/Kobie_Coetsee https://de.wikipedia.org/wiki/Hendrik_Jacobus_Coetsee [8] https://en.wikipedia.org/wiki/Three_generations_of_human_rights [9] https://en.wikipedia.org/wiki/South_African_general_election,_1994 https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentswahl_in_S%C3%BCdafrika_1994 https://de.wikipedia.org/wiki/Konserwatiewe_Party [11] https://en.wikipedia.org/wiki/Afrikaners [12] https://en.wikipedia.org/wiki/Andries_Treurnicht https://de.wikipedia.org/wiki/Andries_Treurnicht [13] https://en.wikipedia.org/wiki/Inkatha_Freedom_Party https://de.wikipedia.org/wiki/Inkatha_Freedom_Party. sahistory.org, 11. April 2016 http://www.sahistory.org.za/article/drafting-and-acceptance-constitution https://de.wikipedia.org/wiki/Kempton_Park [15] CODESA https://en.wikipedia.org/wiki/Negotiations_to_end_apartheid_in_South_Africa [16] https://en.wikipedia.org/wiki/Congress_of_South_African_Trade_Unions https://de.wikipedia.org/wiki/Congress_of_South_African_Trade_Unions [17] https://en.wikipedia.org/wiki/Cyril_Ramaphosa https://de.wikipedia.org/wiki/Cyril_Ramaphosa [18] https://en.wikipedia.org/wiki/Roelf_Meyer https://de.wikipedia.org/wiki/Roelf_Meyer [19] https://en.wikipedia.org/wiki/Hermann_Giliomee https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Giliomee. Hermann Giliomee, 2012, Tafelberg https://www.amazon.com/dp/062404971X/ref=cm_sw_r_tw_dp_U_x_qgWCAbXK8D7RY https://de.wikipedia.org/wiki/Frederik_Willem_de_Klerk [22] https://en.wikipedia.org/wiki/South_African_Communist_Party https://de.wikipedia.org/wiki/South_African_Communist_Party [23] https://en.wikipedia.org/wiki/Ronnie_Kasrils https://de.wikipedia.org/wiki/Ronnie_Kasrils [24] https://en.wikipedia.org/wiki/KwaZulu-Natal https://de.wikipedia.org/wiki/KwaZulu-Natal https://de.wikipedia.org/wiki/Referendum_in_S%C3%BCdafrika_1992 [26] https://en.wikipedia.org/wiki/Frederik_van_Zyl_Slabbert https://de.wikipedia.org/wiki/Frederik_van_Zyl_Slabbert Frederik van Zyl Slabbert, 2006, Jonathan Ball Publishers https://archive.org/details/othersideofhisto00slab


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Wieviel Stunden investierst du in so einen Artikel ? Mit Recherche natürlich.
Wahnsinn und Daumen hoch.

Danke für den Kommentar!

Das Projekt dieser Übersetzung ist in der Tat eigentlich ein zu grosses. Auch von der Länge der einzelnen Abschnitte her gesehen, ist es zuviel und mehr, als man neben täglicher Arbeit so tun kann. Aber ja, ich denke, dass mich die ganze Doku etwa 50 Stunden beschäftigt. Dafür war ich dann der erste, der sich daran wagte und ich kriege es sogar in gut zwei Wochen hin. Leider weiss ich nicht wie man YouTube-Untertitel erstellt, aber ich werde aus der ganzen Übersetzung inklusive meiner Einleitung und Schlussfolgerung noch ein schönes pdf machen, es hier zur Verfügung stellen und auch dem Autor der Doku senden.

Ich wollte die Arbeit deswegen tun, weil sehr viel enthalten ist, was einem in Europa nicht gesagt wird.

Ein wenig Recherche ist schon nötig, damit ich mit dem mitkomme, was erzählt wird. Aber ich lese natürlich nicht alles in den Quellen, sondern füge die in erster Linie deswegen an, damit das Thema sozusagen einmal grob erschlossen ist und ich oder jemand anderes, sollte das Thema noch einmal von Interesse sein, nicht wieder bei Null anfangen muss. Ich sehe mich da in der Rolle des Vernetzers von Wissen. Das gefällt mir.

wow respekt für die recherche will gar nicht wissen wielange das gedauert hat, gerne mehr!!
würde mich auf mehr guten content wie diesen hier auf steem freuen

weiter so danke

Danke für den Kommentar!

Ja, das hat schon etwas gedauert, aber wenn man langsam Richtung Fertigstellung geht, fühlt man sich angenehmer. So zwischen 1/3 und 2/3 fühlt man sich meist nicht so gut, weil die Arbeit nicht weniger zu werden scheint. Die Doku fand ich wirklich gut und deswegen Wert in die deutsche Sprache übertragen zu werden. Wenn man in Mitteleuropa in den Medien etwas über die Geschichte Südafrikas liest, ist es meist nicht gerade ausgewogen, sondern meist einseitig zugunsten des ANC gehalten.

Ich mache auf jeden Fall weiter mit solchen Projekten und werde Infos bringen, die in Mitteleuropa eher wenig vorhanden sind. Ich stelle auch nicht erst sicher, dass ich zu 100 % dahinter stehe, sondern ich lerne selbst dabei.

Es ist immer wieder traurig wenn Verhandlungen egal welcher Form nicht friedlich ablaufen können, wenn aber mit einer derartigen Gewalt durchgegriffen wird ob nun mit Panga-Buschmessern, Halsband-Methode und vieles mehr, dann fehlen mir einfach die Worte. Ich glaube man kann sich gar nicht vorstellen wie es ist in so einem Land zuleben und was die Menschen für eine Angst empfinden müssen.
Ich bin schon ganz gespannt wie es weiter geht!

Danke für den Kommentar!

Die Geschichte ist tatsächlich ziemlich schlimm, aber ich gehe fest davon aus, dass man von den anderen revolutionären Kämpfen bis Kriegen in Afrika der letzten +/- 70 Jahre nichts anderes behaupten kann, wobei die Geschichten natürlich in kaum je gut aufgearbeitet wurden. Die Portugiesen können wohl ein Liedchen davon singen, sie zogen sich aus Moçambique und Angola ja nicht friedlich zurück. Zu diesen Geschichten kann ich aber nicht mehr sagen. Wie das Apartheid-Regime in Südafrika gilt die Militärdiktatur unter Salazar in Portugal heute in Mitteleuropa als rotes Tuch und kriegerisches Unterdrückerregime. Da muss man schon sehr gute Argumente haben, wenn man dieses Narrativ kontern möchte.

Aber auch wenn ein Konflikt nur auf einer einigermassen tiefen Ebene vor sich hinköchelt, ist es mühsam. Da die ganzen Sicherheitsvorkehrungen, die man treffen muss, das Leben brutal einbremsen und man sich nicht voll auf die eigene Geschäftstätigkeit und Berufsausübung konzentrieren kann, wenn man nicht gerade im Sicherheitsbereich tätig ist. Gerade ganz junge Leute, die noch nichts oder wenig zu verlieren haben, neigen gerne dazu, das zu unterschätzen. Sie werden ja auch nicht ausgeraubt, weil sich das für keinen Dieb wirklich lohnt.

In den Verhandlungen ist es um sehr viel gegangen und, so wie ich es sehe, waren die Weissen in ihrer damals noch herrschenden Position auch ziemlich eingerostet. Von weisser Seite hätte man sich rein finanziell sicher Top-Verhandler aus der Geschäftswelt mindestens zu Beratungszwecken leisten können, stattdessen nahm man einen Parteisoldaten und gab ihm die Verantwortung.

Great post ❤️